Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0702 - Die Nacht der bösen Frauen

0702 - Die Nacht der bösen Frauen

Titel: 0702 - Die Nacht der bösen Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
ihre rotglühenden Strahlen über das Land schickte, als wollte sie es mit Blut übergießen. Genau dort, wo der Sonnenball im Westen wie ein riesiges Auge stand, malten sich auch die ersten Schatten der Dämmerung vor dem Kreis ab. Sie sahen aus wie lange, fließende Wellen, die sich immer weiter in den Vordergrund drängten.
    Die Luft roch hier noch feucht. Es wurde schwül, der Wind war völlig eingeschlafen, und als ich mich nach links drehte, da sah ich den dunklen Hang wie eine Wand, die schräg in die Höhe lief, als wollte sie irgendwo den Himmel erreichen.
    Ich atmete tief durch.
    In der Luft lagen unsichtbare Spinnweben. Sie waren wie dünne Netze, die sich überall festklebten und huschten auch zitternd über mein Gesicht hinweg.
    Ich schaute dorthin, wo Plakac lag.
    Konturenscharf zeichnete sich der Ort ab. Sogar die Gleise konnte ich erkennen. Sie unterbrachen die flache Ebene wie ein glänzendes Band und endeten am Bahnhof.
    Der Ort lag ruhig. Er kam mir vor, als würde dort überhaupt keine Bewegung herrschen. Tiefes, beinahe schon bedrückendes Schweigen lastete wolkenähnlich über den Häusern. Der hohe Kirchturm schien die Menschen daran erinnern zu wollen, daß es noch etwas anderes gab, als sich nur den irdischen Freuden hinzugeben.
    Gerade jetzt fing seine Glocke an zu läuten, und dieses Geräusch wehte mir entgegen.
    Ich hatte es geschafft!
    Ich lachte, ich freute mich, ich wollte gehen und blieb trotzdem stehen, denn plötzlich sah ich die Frau.
    Sie stand auf einmal, als wäre sie vom Himmel gefallen. Ich dachte sofort an Assunga, aber sie war es nicht, sondern eine ziemlich junge Person, die ich nicht kannte.
    Oder doch?
    Ich wunderte mich, ich dachte nach, und plötzlich hatte ich eine Idee. Dieses Gesicht hatte ich schon einmal gesehen.
    Sie lächelte.
    Sie kam vor.
    Sie streckte mir die Hände entgegen…
    Ich ging zurück.
    Da fiel es mir ein. Natürlich, jetzt wußte ich, wo ich das Gesicht schon einmal gesehen hatte.
    Bei Assunga!
    Sie war es gewesen, die mehrere ihrer Dienerinnen aus der Vergangenheit mitgebracht hatte. Und diese junge Frau gehörte dazu. Sie stand also der Hexe nahe, und dementsprechend vorsichtig verhielt ich mich ihr gegenüber.
    Sie sprach mich an.
    Ich konnte nicht behaupten, die rumänische Sprache zu beherrschen, aber ich verstand, was sie sagte. »Ich freue mich, dich zu treffen.«
    Ich antwortete stotternd: »Tut mir leid, ich kenne dich nicht.«
    »Doch…«
    »Du kommst nicht von hier!«
    Sie blieb stehen und legte den Kopf schief. »Aber es ist schön hier«, sagte sie. »Es ist einfach wunderschön. Ich,… ich fühle mich hier wohl. Ich bin ihr dankbar.«
    »Damit meinst du Assunga?«
    »Nur sie.«
    »Weißt du denn, wo sie sich aufhält? Hast du sie hier in dieser Zeit schon gesehen?«
    »Ich liebe sie, ich weiß es, wo ich sie finden kann.«
    Diese Antwort kam mir sehr gelegen. Alles, was ich tat und unternahm, galt im Prinzip nur Assunga. Sie mußte ich stoppen. Ihren Weg mußte ich anhalten, damit es ihr nicht gelang, an Will Mallmann heranzukommen und mit ihm zusammen eine Machtquelle Schwarzer Magie zu bilden.
    »Ja, ich mag sie auch«, log ich das Mädchen an. »Würdest du mich zu ihr bringen?«
    Sie überlegte. Wie sie so vor mir stand und sich ihr leicht durchsichtiges Gewand im Wind bewegte, erinnerte sie mich an eine kleine Nymphe, die auf einen Prinzen wartete. Sie machte - und das wohl unbewußt - ganz auf Verführung. Ihre Haltung wirkte unschuldig, der Gesichtsausdruck etwas naiv.
    Aber ich ließ mich nicht täuschen. Sie gehörte zu Assunga, sie war ihr ergeben, denn die Hexe hatte sie mitgenommen, und sicherlich war sie ihr etwas schuldig.
    »Müssen wir weit gehen?« wollte ich wissen.
    Das Mädchen hob einen Arm an und wies auf Plakac. »Dort ist es.«
    »Gut. Wie heißt du eigentlich?«
    »Maria.«
    »Ein schöner Name.«
    »Und wie heißt du?«
    »John.«
    Sie verzog die Lippen, weil sie damit nichts anfangen konnte. Es war nicht einmal leicht für sie, ihn auszusprechen, und sie sprach von einem sehr fremden Namen.
    »Ich bin auch nicht von hier.«
    Maria lachte. Sie tänzelte auf mich zu, spreizte ihren rechten Arm ab.
    »Komm, gib mir deine Hand.«
    Wenn es ihr Spaß macht, okay. Ich faßte sie an, sie lachte und hüpfte die nächsten Meter wie ein kleines Kind, dem es Freude machte, die Natur zu sehen.
    Wenn ich mir das ansah und es nachvollzog, dann war es auch für mich kaum vorstellbar, daß es in diesem Fall um Leben und

Weitere Kostenlose Bücher