0702 - Die Nacht der bösen Frauen
ist wirklich…« Er räusperte sich.
»Ich habe da ungefähr das gleiche gedacht, als ich den Dolch sah, der aus dem Rücken schaute. Es ist eine alte Waffe, eine sehr alte sogar, und wenn du recht hast, dann hat das Mädchen sie aus seiner Zeit mitgebracht.«
»So sehe ich es auch.«
Marek ließ sich Zeit. Er überlegte, schließlich meinte er: »Und jetzt ist sie wieder verschwunden?«
»Ja.«
»Zurückgereist?«
Suko wiegte den Kopf. »Daran will ich nicht glauben, obwohl es durchaus sein kann. Denk an Assunga. Wenn sie den Mantel trägt, kostet es sie nur ein kurzes Zucken, einen Gedankenblitz, um sich in die Vergangenheit zu versetzen. Aber das interessiert mich nicht so sehr. Ich könnte mir vorstellen, daß diese junge Person nicht allein gekommen ist. Ich rechne bereits damit, daß sich Assunga noch andere Helferinnen geholt hat, die ihr dabei helfen, ihre Macht zu festigen. Und das bereitet mir verdammt große Sorgen.«
»Mir auch«, murmelte Marek, »mir auch.« Er kickte einen Stein zur Seite. »Und auf die Polizisten können wir uns nicht verlassen, Suko. Die würden uns kaum glauben, schätze ich.«
»Ja, meine ich auch.«
»Dann stehen wir allein.«
»Bis jetzt«, sagte Suko.
»Oder hoffst du auf John?«
Suko schaute zu den Bergen hin. »Wenn ich nur wüßte, wo er steckt, ginge es mir besser.«
»Frag mich mal, Suko.« Marek schaute nach vorn. Auf dem Platz tat sich nichts. »Wenn das zutrifft, was du denkst, Suko, sollten wir hier nicht stehenbleiben und auf den Bahnhof starren.«
»Einverstanden.« Der Inspektor nickte. »Machen wir also unseren kleinen Rundgang durch Plakac.«
»Der hoffentlich nicht in die Hölle führt«, murmelte Marek und ging als erster los…
***
Das Bild aus der Luft hatte die beiden Männer nicht getäuscht. Der Ort war größer, als es den Anschein hatte. Es gab so etwas wie einen Kern, dann aber verteilten sich die Häuser in dem Tal, wobei sie nicht auf die mit dichten Wäldern bedeckten Hänge der Berge zudrängten, sondern in die andere Richtung, denn dort hatte die Umgebung ein anderes Gesicht bekommen.
Da breitete sich eine hüglige Ebene aus, die an die afrikanische Savanne erinnerte. Erst jenseits dieser Landschaft zeichneten sich wieder die Umrisse der Berge ab.
Zum Schutz vor der Sonne standen die Häuser dicht zusammen. Die Gassen waren schmal und schattig.
Vieles wirkte baufällig und verfallen. Hin und wieder klapperte ein alter Fensterladen, manchmal sahen sie auch einen Einwohner, der sich sofort zurückzog, wenn die beiden Fremden in sein Blickfeld gerieten.
»Die haben Angst«, sagte Marek.
»Vor uns?«
Der Pfähler hob die Schultern. »Ich habe keine Ahnung. Möglicherweise wissen sie auch mehr als wir und sagen es nur nicht.«
»Dann sollten wir mit ihnen reden.«
»Du hast Nerven. Wo denn?«
Suko war stehengeblieben. Die Gasse war ziemlich eng. Altes Pflaster bedeckte nur teilweise den Boden, der deshalb wie ein alter Flickenteppich wirkte. Irgendwo plätscherte Wasser. Es lief durch einen kleinen Kanal in der nächsten Seitengasse, in die Suko und Marek hineingingen und die noch enger war.
Es war bereits düster zwischen den Häusern. Nur dort, wo die Gasse endete, entstand ein helles Viereck, das aussah wie eine trübe Leinwand. Den beiden Männern fiel auch die Stille auf. Sie kam ihnen nicht natürlich vor, denn sie war wie ein dumpfer, böser Druck, der alles zusammenpressen wollte und Macht über die Menschen gewann.
Was am Ende der Gasse lag, konnten sie nicht sehen, aber sie entdeckten die beiden Frauen, die von verschiedenen Seiten auf die Mündung zuliefen und stehenblieben.
Sie schauten sie an.
Marek fluchte leise und sprach davon, daß die Mörderin wohl nicht allein gekommen war.
»Die hat welche mitgebracht, Suko. Das sind keine Bewohner, nein, die da sehen anders aus.«
»Okay, gehen wir hin.«
Sie blieben dicht beisammen. Marek griff nach seinen Waffen. Wie immer trug er den angespitzten Eichenpfahl bei sich. Es war die Waffe gegen Vampire, deren Jagd auf sie er sich zu seiner Lebensaufgabe gemacht hatte.
Die Frauen standen da, ohne sich zu rühren. Eine von ihnen trug ihr Haar sehr kurz und struppig.
Die andere war kleiner und hatte die Arme vor der Brust verschränkt.
»Wie Wächter!« hauchte Marek.
»Ja, aber für wen?«
»Assunga?«
»Wir werden sie fragen.«
»Denk an die Kleine aus dem Lokal, und denk vor allen Dingen an deren Dolch.«
»Keine Sorge, das habe ich nicht vergessen.«
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