0706 - Das Galgen-Trio
mich an der Frau.
Bisher hatte ich sie als völlig starr und bewegungslos eingestuft, das stimmte nicht ganz, denn zwischen Kinn und Brust bewegte sich etwas, als würde dort aus einer Quelle Flüssigkeit hervordringen.
Mein Gott!
Ich lief vor.
Meine Schritte hallten auf dem Steinboden als harte Echos durch den kleinen Flur.
Dann blieb ich stehen und spürte die Eispackung, die mich plötzlich einklemmte.
Die Frau schlief nicht, sie war tot. Jemand hatte ihr die Kehle durchgeschnitten…
***
Es mußte noch nicht lange hergewesen sein, denn aus der Wunde sickerte das Blut.
Ich verfluchte mich innerlich, denn ich dachte an den Schatten, der das Licht- und Schattenmuster in meinem Zimmer durchquert hatte. Es mußte ein Mensch gewesen sein, und hätte ich nicht so lange gezögert, wäre die Frau vielleicht noch zu retten gewesen.
Jetzt nicht mehr.
Noch immer bewegte ich mich nicht, spürte das Eis auf dem Rücken und den kalten Schweiß auf der Stirn, der mir vorkam wie dick gewordenes Öl. Ich hörte meinen Atem und auch wieder das Summen der Fliegen, die vom Geruch des Blutes angezogen wurden und über dem Kopf der toten Frau ihre Kreise zogen.
Jetzt kam mir die Stille schlimm vor, denn sie hatte sich in eine Totenstille verwandelt. Sie war bedrückend, irgendwo grauenhaft und nicht faßbar.
Wie immer merkte ich die unsichtbaren Hände, die meinen Magen zusammendrückten. Ein Gefühl der Hilflosigkeit überkam mich, ich dachte sofort an die drei Galgen-Zombies, verwarf den Gedanken jedoch wieder, denn sie waren es bestimmt nicht gewesen, die hier getötet hatten. Zombies nahmen keine Messer, sie konnten nicht denken, sie schlichen auch nicht durch ein Haus, es war ihnen egal, ob sie Geräusche verursachten oder nicht. Ihnen ging es nur darum, Menschen zu töten, und sie vertrauten dabei auf ihre eigene Stärke.
Vom Gesicht der Frau konnte ich nicht viel sehen. Ich wollte es auch nicht und hob den Kopf deshalb nicht an. Aber ich hatte die Leiche angefaßt. Sie war noch warm, und mir kam in den Sinn, daß diese Person so lange noch nicht tot sein konnte. Wahrscheinlich befand sich der Mörder noch in der Nähe.
Vielleicht sogar im Haus!
Ich lauschte dem schleifenden Geräusch nach, das entstand, als ich meine Beretta zog. Das Metall der Waffe lag kühl in meiner rechten Hand. Ich würde mich schnell zu wehren wissen, falls der Killer auftauchte.
Wenn es keiner der drei Untoten getan hatte, wer zeichnete sich für diese Tat dann verantwortlich?
Wer irrte noch als blutrünstiger Mörder durch den kleinen Ort und geisterte wie ein Schreckgespenst in den Häusern umher? Mir war inzwischen klargeworden, daß dieses Spiel nicht so einfach war, wie es ausgesehen hatte. Hier gab es einige Unbekannte in der Gleichung, die ich erst herausfinden mußte.
Ich trat zwei kleine Schritte zurück, blieb dann stehen und drehte mich auf der Stelle.
Mein Blick glitt durch die kühle Diele, schweifte über die Wände hinweg, die ebenfalls ein kaltes, mattes Weiß zeigten, und blieb an dem Gegenstand haften, der unter der Decke hing und aussah wie ein schiefes Spinnennetz mit kleinen Lampen darauf.
Es war eine besondere Lampe, kunstvoll gefertigt wie alles in diesem Haus.
Durch welche Tür hatte sich der Killer davongemacht? Ich konnte zwischen drei Türen wählen, die Eingangstür nicht mitgerechnet. Sie alle waren dunkel und kamen mir abweisend vor.
Nur keinen Fehler begehen, ich mußte die Nerven bewahren.
Ich sorgte dafür, so leise wie möglich zu sein, und atmete auch nur durch den offenen Mund. So konnte ich mich auf fremde Geräusche konzentrieren, falls es die gab.
Ich hörte nichts.
Nicht einmal das Ticken einer Uhr. Das Schweigen hatte das Haus außen und innen eingepackt.
Der Boden war sehr blank, und ich hielt nach Fußspuren Ausschau, die der Killer hinterlassen haben könnte. Es war nichts zu sehen, er mußte schon geflogen sein.
Nein, er war noch im Haus! Er mußte einfach hier sein. Ich rechnete damit, daß die alten Türen knarrten, wenn sie geöffnet wurden, aber ich hatte nichts gehört.
Noch einmal schaute ich die Stufen der Treppe hoch. Als ich dort auch nichts sah, drehte ich mich um und kümmerte mich um die Tür, die mir am nächsten lag.
Dahinter konnte sich alles befinden, ein Bad, die Küche oder die Abstellkammer. Die Tür selbst war schmaler als die, die ich von der ersten Etage her kannte.
Ich blieb seitlich davor stehen und legte meine Hand auf die Klinke, wobei ich die Kühle
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