0708 - Der Höllenkerker
es Zamorra durch den Kopf. »Dieser Pfahl war vorhin doch noch nicht hier. Wer hat ihn eigentlich befestigt und mich daran festgebunden?«
Die Druidin schüttelte langsam den Kopf.
»Ich weiß es nicht«, gestand sie. »Ich hatte einen Blackout, als der Kampf los ging. Während ich geistig weggetreten war, muss es passiert sein. Ich habe auch gestaunt. Vor allem darüber, dass man dich nicht sofort umgebracht hat.«
Das deutete darauf hin, dass die Falle tatsächlich einem anderen galt. Zamorra begann wieder, den Pfahl zu bearbeiten. Und plötzlich stellte er fest, dass er ihn drehen konnte.
Nicole Duval konnte nicht mehr genau sagen, wie sie wieder nach draußen gekommen war. Da war dieses tobende Ungeheuer, das sie durch die Felswand hinweg angegriffen hatte-nach ihr geschlagen und geschnappt hatte. Es hätte sie fast umgebracht. Der massige Körper war viel zu breit für den Durchgang gewesen, selbst nach der Erweiterung. Das Monster hätte überhaupt nicht hindurchpassen dürfen. Und doch war ihm das gelungen, hatte es nicht nur seine Tatzen hindurchschieben können…
So gesehen, war es fast ein Wunder, dass Nicole noch lebte.
Ihr war schwarz vor Augen gewesen. Vermutlich hatte sie einen Blackout erlitten. Sie tastete nach ihrem Kopf, konnte keine Verletzung feststellen.
Wenigstens etwas.
»Ted?«, fragte sie halblaut. »Ted, wo steckst du?«
Keine Antwort.
Er war doch hinter ihr gewesen. Wenn es ihr gelungen war, den Röhrengang zu verlassen, musste er es doch erst recht geschafft haben!
Aber warum war dann nichts von ihm zu sehen, warum antwortete er nicht?
Lag er vielleicht irgendwo bewusstlos zwischen den Steinen und Sträuchern des Berghangs?
Sie stolperte regelrecht hin und her, suchte nach dem Reporter. Gleichzeitig kreisten ihre Gedanken um Zamorra. Er hatte sich unmittelbar vor den Pranken und Zähnen der tobenden Bestie befunden. Hatte er sich irgendwie retten können? Oder hatte das Biest ihn umgebracht?
Schließlich entdeckte sie eine Blutspur.
Dann entdeckte sie Ted.
Er lag mit ausgebreiteten Armen, mit dem Gesicht nach unten, auf dem Boden. Nicole tastete ihn ab, brachte ihn vorsichtig in die Seitenlage und erschrak. Sein Gesicht war blutüberströmt, sein Hemd zerfetzt. Aus mehreren Wunden sickerte Blut.
Sie versuchte ihn aufzuwecken, aber es gelang ihr nicht.
Massiglio! Er konnte über Funk einen Notarztwagen oder besser einen Rettungshubschrauber herbeirufen!
Als Nicole sich schon aufrichten wollte, sah sie, dass Teds Hand immer noch den Dhyarra-Kristall umklammerte. Sie riss ein großes Stück Stoff von seinem ohnehin lädierten Hemd, schützte ihre eigenen Hände damit und bog vorsichtig seine Finger auf, um ihm den Dhyarra-Kristall abzunehmen. Der musste nicht unbedingt anderen Leuten in die Hände fallen.
Vor allem nicht, falls er gerade wieder einmal auf Ted selbst verschlüsselt war. In dem Fall reichte schon eine direkte Berührung des Kristalls, um Tod oder Wahnsinn auszulösen. Ted verzichtete zwar meistens darauf, den Dhyarra 13. Ordnung so zu sichern, aber äußerlich sah man es diesen kleinen blau funkelnden Sternensteinen nicht an, ob sie verschlüsselt oder neutral waren.
Deshalb auch Nicoles Vorsichtsmaßnahme, ihre eigenen Hände durch den Stoffetzen zu schützen, in welchen sie den Dhyarra jetzt einwickelte, um ihn in einer Tasche ihrer Jeans verschwinden zu lassen. Dabei stellte sie fest, dass die ebenso wie ihr Sweatshirt ein wenig ramponiert war, und vor allem völlig verdreckt.
Aber das war im Moment ohne Bedeutung. Wichtig war, dass Ted schnellstens ärztliche Hilfe bekam, und dass Nicole herausfand, was aus Zamorra geworden war.
Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er sich ebenfalls wieder im Freien befand.
Sie bedauerte, nicht selbst einen der beiden Dhyarras 4. Ordnung aus dem Cháteau mitgenommen zu haben. Damit hätte sie Ted jetzt helfen und seine Verletzungen heilen können.
Hastig kletterte sie den Hang hinunter.
Der Polizeiwagen war fort.
Capo Massiglio hatte das Warten offenbar aufgegeben. Nur noch die beiden Rolls-Royces standen da. Der alte verriegelt und mit Polizeisiegeln an den Türschlössern.
Der neue offen. Nicole schwang sich hinein. Wo war das Autotelefon?
Und dann stellte sie fest, dass es abgeschaltet war. Als sie es aktivierte, sah sie auf dem kleinen Display die Codeabfrage.
»Oh nein«, murmelte sie und schaltete das Gerät verdrossen wieder aus.
Wenn Ted wenigstens ein Transfunk-Gerät im Wagen hätte… Das hätte
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