0708 - Der Höllenkerker
Telefon im Silver Shadow in Betrieb und rief Cháteau Montagne an. Kurz befürchtete sie, eine Auslandsverbindung stoße auf Schwierigkeiten. Aber offenbar benutzte Carl Ranseier einen Anbieter, der europaweit Verbindungen schaltete.
Es dauerte eine Weile, bis sich der Butler meldete.
»William, bitte bringen Sie einen der Dhyarra-Kristalle in den Palazzo Eternale«, verlangte Nicole.
***
- Warum dürfen wir die beiden nicht verzehren und ihre Lebensenergie in uns aufnehmen? -
- Ich sagte dir doch, dass es Ärger mit unserem Auftraggeber geben würde! -
- Aber der da ist nicht unser Auftraggeber! Er ist auch nur ein Diener! Mit welchem Recht hindert er uns an unserer Nahrungsaufnahme? Wir sollten auch ihn verzehren!
-
- Ketzer! -
-Nenn mich eher Aufrührer. Ich bin nicht mehr gewillt, mich anderen zu fügen, die schwächer sind als ich. Ich will tun, was ich für richtig halte, nicht, was ein anderer mir vorschreibt.
- Dieser andere wird dich dafür bestrafen. Vielleicht tötet er dich. -
- Auf wessen Seite wirst du dann stehen? -
-Auf der Seite der Überlebenden. -
***
Teri Rheken schüttelte sich. Alles an ihr stank, und sie fühlte, wie eine stinkende Substanz ihr Gesicht teilweise verklebte. Sie konnte sich nicht mal die Augenpartie frei wischen, konnte nur mit Blinzeln versuchen, den klebrigen Schleim irgendwie los zu werden.
»Ich bring das Drecksvieh um«, flüsterte sie in ohnmächtiger Wut.
Das Monstrum, das ihr beinahe den Kopf abgebissen hatte, hatte sie vollgesabbert.
Der Schleim zog sich sogar noch über ihren Oberkörper.
Sie begann, zu hassen.
Wer auch immer hinter dieser Sache stand - sie würde ihn vernichten!
Natürlich würde sie das. Denn das gehörte zu ihrem ständigen Kampf gegen die Mächte der Finsternis, und dass hinter diesem Geschehen nicht gerade ein Vertreter der Lichtwelt und der Weißen Magie stand, war völlig klar.
Aber es kam darauf an, wie sie es tat.
Schnell und effizient - oder langsam und grausam.
Von Natur aus war sie ein recht friedliebendes Geschöpf. Aber in diesem Fall brach der Damm, wurden die Ketten gesprengt. Sie, die normalerweise für die Liebe lebte, empfand jetzt nur noch Zorn und Hass. Und sie wünschte sich, dem Gegner - nein, dem Feind! - diese Psychofolter mit gleicher Münze zurückzahlen zu können. Egal, ob er Saurier, Dämon oder Mensch war.
Immer wieder an den Rand des Todes getrieben zu werden - und dann doch wieder weiter leben zu dürfen bis zum nächsten Mal… Über kurz oder lang musste das zum Wahnsinn führen.
»Warum ich?«, flüsterte sie erneut. Vor allem, wenn diese Falle nicht für mich gestellt wurde und ich meine Rolle als Köder doch längst ausgespielt habe! Bringt mich um oder laßt mich frei, aber quält mich nicht länger!
Sie sah sich nach Zamorra um.
Er war ohne Besinnung, hing in seinen Fesseln.
Da stimmt doch was nicht, durchzuckte es sie.
So schlaff, wie er da an seinem Pfahl hing, war sie nie aus ihrer Bewusstlosigkeit erwacht. Sie hatte immer aufrecht gestanden, so, als funktioniere die rein motorische Kontrolle über ihren Körper auch, wenn sie geistig weggetreten war! Bei Zamorra war das anders.
Warum?
Und noch etwas war anders als vorher.
Diesmal konnte sie sich nicht an den Gestank gewöhnen!
Er schien immer stärker zu werden!
Sie sah sich in dem Kerkerraum um, so gut es ihr eben möglich war.
Und sah das Monster.
Es war tot.
Regelrecht zerfetzt.
Es war Opfer seiner Artgenossen geworden. Statt die beiden Menschen zu fressen, hatten die Bestien eine der ihren umgebracht und zerfleischt.
Aber warum?
Sie verstand das nicht.
Ihr war nur klar, dass eines der Monster tot war. Oder…?
***
Nicole fuhr mit Ted Ewigks Auto nach Rom zurück. Obwohl der Verkehr um diese Uhrzeit dichter geworden war als bei der Herfahrt, sparte sie gut zehn Minuten ein, weil sie etwas dynamischer fuhr als Ted. Schnell und äußerst konzentriert, aber ohne dabei jemanden zu gefährden.
Carlotta, Teds temperamentvolle und attraktive Freundin, war von ihrem Einkaufstrip zurück und zeigte sich bestürzt, als sie Nicole allein aus Teds Auto klettern sah. »Was ist passiert? Was geht hier vor? Wo ist Ted? Wieso fährst du sein Auto?«, überfiel sie Nicole mit einem Schwall von schnell hervorgestoßenen Fragen.
Nicole hob abwehrend beide Hände.
»Alles in bester Ordnung«, sagte sie.
»Mit Sicherheit nicht!«, konterte die Römerin. »Was macht ihr? Habt ihr ihn wieder in eines eurer lebensgefährlichen
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