0708 - Verliebt in eine Tote
Räume glich in ihrer Kargheit denen einer Gefängniszelle.
Immer das gleiche Bett, immer der gleiche Schrank, der Tisch, die beiden Stühle. In einer Kammer war eine Kochgelegenheit untergebracht. Eine Platte mit zwei Feuerstellen, die durch Gas beheizt wurden. Hinter der Kammer lag eine zweite. Dort drängten sich eine Toilette und eine Sitzdusche auf engstem Raum zusammen.
Menschen hatte er nicht gesehen.
Suko nahm sich die Treppe vor.
Die Stufen schimmerten blank, sie waren auch ziemlich rutschig. Da kein Geländer vorhanden war, mußte er bei seinem Weg nach oben achtgeben und lauschte dem leisen Echo seiner Schritte.
Vor der Luke blieb er stehen. Der Rand befand sich in Augenhöhe. Er schaute noch nicht darüber hinweg, aber er wußte plötzlich, daß dieses Haus nicht leer war.
Hier wohnte jemand.
Und dieser Jemand hielt sich jenseits der Luke in diesem sehr niedrigen Dachgeschoß auf.
Suko hörte die Personen nicht, er konnte sie aber riechen. Es war ein bestimmter Geruch, kaum mehr als eine Ahnung. Er hörte auch nichts und schob sich vorsichtig höher.
Sicherheitshalber aber hatte er die Beretta gezogen, die er jedoch nicht einzusetzen brauchte, denn angegriffen wurde er nicht.
War es unter ihm noch normal hell gewesen, so änderte sich auf diesem Dachboden das Licht.
Durch die schmalen, leicht schrägen und lukenartigen Fenster drang kaum Helligkeit, so daß dieses Gebiet hier in einem dämmrigen Halbdunkel lag.
Suko schaute zuerst nach rechts.
Dort war nichts.
Auf der linken Seite aber sah er ein schmales Bett. Das heißt, es bestand iur aus einer schlichten Matratze, die jemand auf den Boden gelegt hatte.
Sie war relativ breit, und sie bot sicherlich Platz für drei Personen, aber nur eine hatte sich darauf gelegt. Es war ein Mann.
Suko erschrak, weil sich die Person nicht rührte, und er wieder an die beiden Toten erinnert wurde.
Würde er hier auch eine Leiche finden? Waren dann alle Bewohner dieser ungewöhnlichen Siedlung tot?
Suko geriet ins Schwitzen, als er daran dachte. Gleichzeitig trocknete sein Mund aus. Die Vorstellung, zahlreiche Leichen hier zu finden, puschte das Grauen in ihm hoch. Im Mund spürte er auch den bitteren Geschmack von Galle, und der Schweiß seiner Stirn lag dort wie ein kaltes Fett.
Er duckte sich, als er sich noch einmal abstemmte, die letzte Stufe hinter sich ließ und diese schmale Dachkammer betrat.
Noch immer lag der junge Mann regungslos auf dem Bett und rührte sich nicht.
Die schlichte Matratze war mit einem weißen Tuch überzogen worden, von dem sich das dunkle Haar des jungen Mannes besonders stark abhob. Intensiv schwarzes Haar, das struppig nach allen Seiten hin abstand, als wäre es bewußt so geschnitten worden.
Suko hatte Bilder des Tommy Li gesehen, und er brauchte nicht erst bis dicht an das Bett heranzutreten, denn er hatte schon jetzt erkannt, daß es Li Choungs Sohn war, der dort lag.
Wenn er tot war, dann…
Nein, er lebte.
Schlief er?
Suko kniete neben ihm.
Er schaute in das Gesicht mit einer ziemlich hellen Haut, unter der sich die Knochen abzeichneten. Die Augenfalten waren bei ihm nicht so stark ausgeprägt, denn seine Mutter war eine Weiße gewesen. Tommy Li trug helle Kleidung aus schlichtem Sackleinen, die so ähnlich aussah wie ein Judoanzug.
Er schlief und atmete regelmäßig.
Die Luft unter dem Dach war kaum zu atmen. Tagelang hatte die Sonne darauf geschienen und den Ort zu einer wahren Sauna gemacht. Auch dem Inspektor drang der Schweiß in Strömen aus den Poren.
Er legte seine Hand auf die linke Schulter des Jungen und erlebte bei ihm keine Reaktion.
Dann schüttelte er ihn.
Wieder nichts, Tommy Li schlief weiter.
Suko ärgerte sich darüber. So fest konnte normalerweise niemand schlafen, es sei denn, er hatte zuvor ein Mittel genommen, um so tief wegzutauchen.
Der Inspektor gab nicht auf, tätschelte einige Male die Wangen des Jungen und hatte Glück.
Der nicht ganz geschlossene Mund öffnete sich weiter, ein unwillig klingendes Geräusch drang aus dem Mund, und plötzlich bewegten sich die Augen des noch Schlafenden.
Dann schlug er sie auf.
»Hallo«, sagte Suko leise.
Tommy Li starrte ihn an wie einen Geist. Er war noch schlaftrunken, sein Hirn konnte die Tatsachen nicht verarbeiten, aber Suko merkte, wie er sich zusammenzog und sein Körper somit eine abwehrende Haltung einnahm. Gleichzeitig bewegte er seine Hände, krümmte die Finger und drückte sie fest gegen das Leinen.
Suko mußte ihn
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