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0709 - Märchenfluch

0709 - Märchenfluch

Titel: 0709 - Märchenfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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Erfahrung. »Einen neuen Zamorra nur schwerlich.«
    Sie bückte sich und klaubte das Amulett aus dem pappmacheähnlichen Zeug, das Zamorra wie eine Fangopackung am Körper klebte.
    »Danke«, sagte er nur.
    Es war ihm klar, dass Nicole ihn gerettet hatte. Als der Wolf ihn umgerissen hatte, musste sie Merlins Stern abermals gerufen haben. Dann, Zamorra sah es bildlich vor sich, als wäre er selbst Augenzeuge gewesen, hatte sie das Amulett wie einen Wurfstern gegen den Wolf geschleudert. Es hatte sich tief in den schon angeschlagenen und wohl buchstäblich mürben Leib des Tieres gegraben und ihm den Rest gegeben - im allerletzten Moment!
    »Nächstes Mal bist du wieder dran«, meinte Nicole und half ihm hoch.
    »Mit euch alles in Ordnung?«, fragte er mit einem Blick auf Miss Lucinda.
    »Miss Duval sei Dank, ja«, antwortete die alte Dame.
    Zamorra sah sich rasch um. Der Kampf war kurz, aber heftig gewesen. Das Zimmer glich einem Schlachtfeld.
    Der fremde Mann, der aus dem Nichts aufgetaucht war, hatte sich mittlerweile aus dem Tischtuch befreit und war bis zur Wand gekrochen. Dort kauerte er jetzt mit reichlich leerem Blick, und seiner verdatterten Miene war unschwer abzulesen, dass er die Welt nicht mehr verstand.
    »Sind Sie verletzt, Sir?«
    Der andere hob zwar den Kopf und sah zu Zamorra auf, gab aber mit keiner Regung zu erkennen, ob er dessen Frage überhaupt begriffen hatte.
    »Du wirst Ohren machen, wenn ich dir sage, wer das ist«, versprach Nicole.
    »Darf ich raten?«
    »Versuch's.«
    »Lester Billings, der Mann, der für fast achtundvierzig Stunden spurlos verschwunden war.«
    »Spielverderber«, erwiderte Nicole grinsend.
    Miss Lucinda aber klatschte in die Hände und rief: »Ach, Herr Professor! Sie sind ja zu allem auch noch ein Hellseher! Bravo!«
    ***
    Amory Stagg kam sich vor wie in Trance. Er hatte sich an das, was damals geschehen war, nicht einfach nur erinnert, nein, er hatte es noch einmal durchlebt. Und es erschütterte ihn jetzt ebenso wie seinerzeit…
    Letzten Endes war Bertie Snodgrass durch seine, Staggs, Schuld ums Leben gekommen. Da biss die Maus keinen Faden ab. Und diese Schuld hatte Amory über all die Jahre wie eine unsichtbare Last mit sich herumgetragen. Zwar hatte er nie in Erfahrung gebracht, wie es eigentlich hatte passieren können, aber es war nun mal passiert! Und hätte er dieses Wolfsmonster nicht gezeichnet, hätte es auch nie zum Leben erwachen können. Punktum.
    Und jetzt?
    Stagg seufzte.
    Jetzt sah es aus, als sei dieses Ungeheuer zurückgekehrt. Wiederum hatte er keine Erklärung dafür, aber die Zeichen sprachen für sich.
    Und wie damals bewahrte er Stillschweigen…
    Aber, verdammt, was sollte er denn auch sagen? Und mit wem sollte er darüber reden, in drei Teufels Namen?! Es würde ihm doch niemand glauben! Kein Mensch würde ihm die damalige Geschichte abkaufen, und allein deshalb würde auch niemand glauben, dass sie in Zusammenhang mit diesen neuen Todesfällen stand.
    Stagg fühlte sich hundeelend. Dieses Gefühl war ihm zwar zum steten Begleiter geworden, aber heute rief es sich mit mehr Macht in Erinnerung als je zuvor.
    Vielleicht sollte er versuchen, John Dancey oder Bill Pelham ins Vertrauen zu ziehen.
    Sie waren damals alt genug gewesen, um mitbekommen zu haben, dass Bertie Snodgrass unter höchst mysteriösen und furchtbaren Umständen zu Tode gekommen war. Bei ihnen würde er vielleicht noch am ehesten Gehör und Glauben finden…
    Staggs Gedanken stockten.
    Er hatte etwas gehört.
    Es kam jemand.
    In den vielen Jahren, die er in der ehemaligen Mühle wohnte, hatte er eine Art Verbindung zu dem alten Bau entwickelt. Er kannte die Geräusche, die das Gebälk verursachte, und wusste, woher sie rührten, ob vom Wind oder daher, dass sich jemand näherte.
    Und so sah Stagg nicht einmal überrascht auf, als es drunten an der Tür klopfte.
    Zaghaft jedoch, nicht polternd wie Dancey oder Pelham es zu tun pflegten. Man mochte meinen, die beiden würden jedes Mal versuchen, die Tür mit ihren gichtigen Fäusten einzuschlagen.
    Dass es Dancey und Pelham waren, die ihm ausgerechnet heute Abend einen Besuch abstatteten, hatte Stagg ohnedies nicht geglaubt. Die zwei hielten es mit den Hühnern.
    Früh in die Federn und früh wieder raus. Stagg dagegen war seit jeher ein Nachtschwärmer gewesen, weil er da die meiste Ruhe zum Denken und Arbeiten gefunden hatte.
    Aber wer war es dann? Amory unterhielt zwar zu den allermeisten Leuten in Fly Creek einen freundlichen

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