0709 - Stahlfestung Titan
die robotische Maschinerie der Festung aktivieren konnte. Diesmal benutzte er ihn lediglich dazu, die Atomsonne einzuschalten. Als sie aufflammte, wichen die Schatten zurück, der Hof wurde hell.
Unwillkürlich atmete der Überschwere auf.
Er schwebte bis zur ersten Säule.
Seine Finger glitten über das glatte Metall.
„Eines Tages werde ich in euch sein", flüsterte er rauh.
Sein Antigravprojektor trug ihn weiter, bis er vor der mittleren der sieben Säulen erneut anhielt.
An dieser Stelle wollte er das PEW-Metall, das er aus dem Körper des getöteten Cyborgs entfernt hatte, anbringen lassen.
Diese Stelle hatte er gewählt, weil sie ihm wie keine andere geeignet schien, um ihm als Eingang in die Festung zu dienen.
Denn das war Leticrons Plan: Er wollte eines Tages seinen alten und müden Körper verlassen, um über das PEW-Metall in der Säule in die Festung einzuströmen.
Er selbst wollte die Stahlfestung sein und sie völlig ausfüllen.
Die Stahlfestung Titan sollte das mächtigste und gewaltigste Denkmal sein, das jemals für ein intelligentes Wesen errichtet worden war.
Die Festung war seit ihrer Fertigstellung schon immer ein Teil seiner selbst gewesen.
Doch das war dem Mutanten nicht genug.
Er wollte ein Teil dieser Festung sein, er wollte in ihr leben. Er kannte die Geschichte der acht terranischen Altmutanten und wußte, daß sie mit Hilfe des PEW-Metalls in WABE 1000 lange Zeit in ähnlicher Weise existiert hatten.
Doch das war ihm nicht genug. Er wollte die Festung ausfüllen und beleben.
Für alle Ewigkeit.
5.
Maylpancer saß zum erstenmal in seinem Leben auf einem Robotpferd, und er kam sich im höchsten Maße lächerlich und unsicher vor.
„Die Befehle werden mit dem Druck der Schenkel übermittelt", erklärte ihm Carsythe, der junge Stallmeister. „Sie werden lernen müssen, die feinen Unterschiede zu beherrschen, sonst werden Sie mit Gretyl nicht fertig."
Maylpancer blickte auf den Rappen hinab und zwang sich dazu, in diesem Roboter kein lebendiges Wesen zu sehen.
„Ich habe nur noch zwei Tage Zeit", sagte er zu Carsythe. „Ich frage mich, ob diese Zeit überhaupt ausreicht, um den Roboter kennenzulernen."
„Manche lernen es nie!" meinte Carsythe.
Er zog das Robotpferd mit dem schwankenden Reiter darauf aus der Box und führte es quer durch die Stallung auf den Hof hinaus.
Er übergab die Zügel an Maylpancer.
„Im Grunde genommen ist es sehr einfach", erläuterte er. „Je deutlicher Sie ihn die Fersen spüren lassen, desto schneller wird er rennen."
Maylpancer klammerte sich am Zügel fest und fragte sich, welches Bild er bieten würde, wenn er in einer Hand auch noch die schwere Lanze hielt.
Er berührte die Flanken des Pferdes behutsam mit den Absätzen, und Gretyl setzte sich gehorsam in Bewegung.
Maylpancer blickte auf den Boden, er rutschte auf dem Sattel hin und her.
Der Roboter trabte auf die andere Seite des Hofes, dort steuerte Maylpancer ihn nach links, indem er nur den rechten Fuß benutzte.
Carsythe blieb am Ausgang des Stalles stehen und sah ihm zu.
Er schien nicht gerade begeistert zu sein, denn als Maylpancer zu ihm zurückkehrte, sagte er: „Sie sind zu verkrampft! Leticron reitet zehnmal so schnell wie Sie und hat außerdem ein gutes Auge."
Maylpancer wagte nicht, den Stallmeister nach den Chancen zu fragen, die Carsythe ihm im Kampf gegen den Ersten Hetran zugestand.
Leticron hatte ihn überrumpelt. Maylpancer verwünschte die Voreiligkeit, mit der er den Plänen des Ersten Hetrans zugestimmt hatte. Sicher hätte es auch noch andere Möglichkeiten gegeben.
„Ich bin jünger als er", sagte er trotzig. „Ich werde ihn schlagen."
Er hieb Gretyl die Fersen in die Seite.
Das Robotpferd machte einen Satz und warf den überraschten Maylpancer in den Sand.
„Es tut mir leid", sagte Carsythe. „aber Sie sind ein toter Mann."
Maylpancer stand auf und kletterte wieder in den Sattel. Er übte drei Stunden verbissen und schaffte es schließlich, mit hoher Geschwindigkeit durch den Hof zu jagen. Dann gab er das Pferd an den Stallmeister zurück.
„Ich werde mich ausruhen und dann wiederkommen", sagte er.
„Ich muß noch mit der Lanze trainieren."
In Carsythes Gesicht stand eine stumme Frage; vielleicht überlegte er, warum Maylpancer sich dieser Mühe unterzog, wo doch am Ausgang des Duells keine Zweifel bestanden.
Maylpancer floh förmlich aus den Stallungen, denn er fürchtete noch weitere niederschmetternde Aussagen des
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