0710 - Der Freund des Satans
nicht?«
»So ist es. Ich…«
»Denke nur an Joanna.«
Tommy Li winkte ab. »Sie war nicht du. Ich habe sie…«
»Sie war mein Geschöpf. Durch sie seid ihr in meinen Dunstkreis geraten. Durch sie habt ihr den Weg zu mir gefunden. Das sollte auch klar sein. Sie war meine Botin, die es ausgezeichnet verstanden hat, in meinem Sinne zu handeln.«
»Das ist Unsinn!«
»Nein!«
Der Teufel wollte keine Diskussion mehr. Er hatte seinen Kopf so gedreht, daß er Tommy Li anschauen konnte.
Und der reagierte. Noch nie zuvor hatte er einen derartigen Blick erlebt. Niemals hatte ihn jemand so angeschaut. Das Gesicht des Höllenherrschers verschwamm unter dem dunklen Dreispitz. Nur die Augen blieben übrig, die sich immer mehr vergrößerten und Tommy Li an kreisrunde Spiegel erinnerten, in denen sich etwas zeigte, das ein normaler Mensch nie würde sehen können.
Es waren Szenen aus der Hölle!
Nicht aus der Hölle, die sich die Menschen in ihrer Phantasie über all die Jahrhunderte aufgebaut hatten, kein Kessel, in dem Menschen über Feuer gekocht wurden und wo nackte rote Gestalten mit Speeren auf die Armen einstachen, es war völlig anders.
Eigentlich mehr ein Schatten, in dem sich Schlieren bewegten und für eine schreckliche Ausstrahlung sorgten.
Tief in Tommys Innern explodierte etwas, es kam ihm vor, als würde alles Gute aus ihm herausgedrückt werden. Er sah nur die beiden großen Augen, konnte sie nicht einmal beschreiben, aber dieser Blick schaffte es tatsächlich, den Vorhang wegzuziehen, der bisher seine Menschlichkeit angedeutet hatte.
Da war er nicht mehr.
Er war ein Wesen geworden ohne Willen. Es stand voll und ganz unter dem Einfluß des anderen.
Der Teufel, das Böse habe die Gewalt über ihn bekommen. Es würde für ihn kein zurück mehr geben, und dies hier empfand er schlimmer als die Szenen innerhalb des Camps, wo er versucht hatte, an Joanna heranzukommen.
Er saugte die Luft ein. Selbst dieser normale Vorgang drückte die Schmerzen in ihm hoch. Er hatte das Gefühl, innerlich verbrennen zu müssen. Eine nie gekannte Hitze durchströmte seine Adern, wobei er sich fragte, ob es bereits das Höllenfeuer war, das ihm der Teufel persönlich geschickt hatte.
Zwar stand er noch, aber nicht mehr lange, denn der Schwindel überkam ihn wie eine gewaltige Schwinge, die alles überdeckte. Nur die Augen sah er, und aus ihnen strömte das Böse hervor, das er nicht aufhalten konnte.
Er war nicht mehr der Tommy Li wie noch vor Minuten. Man hatte ihn gebrochen.
Seinen Namen hörte er wie aus weiter Ferne gerufen. Er schüttelte den Kopf, vernahm ein Lachen und merkte, wie die beiden Augen vor seinem Gesicht kleiner wurden und der Blick an Intensität verlor.
Vor ihm stand der geckenhafte Mann und lächelte ihn an. Da war das blasse Gesicht, die dunklen Augen, aber beides in einer verschobenen Perspektive, denn er schaute jetzt von unten hoch.
Ihm fiel ein, daß er auf dem Boden lag und er nicht wußte, wie er dort gelandet war.
»Steh auf!« verlangte der Teufel.
Tommy Li bewegte sich langsam. Seine Glieder schmerzten, den Grund konnte er sich nicht vorstellen, aber er hatte verstanden, was der Teufel von ihm wollte.
Er stand auf.
Asmodis nickte. »Das ist gut«, lobte er ihn. »Du hast eingesehen, wo die richtige Seite ist. Du stehst wieder bei mir, was du schon einmal versucht hast.«
»Ja.«
Asmodis nickte. Er schaute den alten Li Choung an. Der Greis rührte sich nicht. Er würde es nicht mehr schaffen, denn er mußte längst wissen, daß seine Zeit vorbei war. Er war aus dem Spiel. In diesem Haus hatte jemand anderer das Sagen.
»Nun?«
»Was soll ich tun?«
Asmodis lachte, als er die Antwort des Tommy Li gehört hatte. »So gefällst du mir schon besser«, erklärte er, »viel besser sogar. Ich bin der Meinung, daß du hingehst und dir das Schwert nimmst. Ja, mein Seelenschwert, Tommy.«
»Und dann?«
Asmodis zeigte ein Lächeln. »Muß ich dir das noch erklären? Ich habe mich entschlossen, auf dich zu bauen. Zuerst hatte ich deinen Vater ausgesucht, aber seine Zeit ist abgelaufen. Ich möchte, daß du jetzt seine Aufgabe übernimmst. Pack dir das Seelenschwert und zerteile deinen Vater in zwei Hälften.«
Jeder normale Mensch hätte sich nach diesem Vorschlag gewehrt. Er wäre schreiend davongelaufen.
So etwas hätte er nicht einmal gedacht, aber Tommy Li reagierte anders. Der Teufel hatte ihn zu seinem Diener gemacht. Es gab kein Zurück. Was er befahl, daß mußte einfach
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