0710 - Der Freund des Satans
Schreibtisches und somit unerreichbar für Li Choung liegenblieb.
Der hatte nicht einmal hingeschaut. Aufrecht stand er jetzt vor seinem Stuhl.
Wenn es nach ihm ging, würde er so in den Tod schreiten. Ja, er würde so sterben, wie er gelebt hatte. Ohne sich zu ducken, ohne zu betteln oder zu flehen. Er hatte in seinem Leben genügend Mordaufträge gegeben, und er würde so sterben, wie er es für richtig hielt.
Asmodis hielt sich aus dem Spiel. Es war so seine Art. Er wollte die Menschen agieren lassen, die unter seiner Kontrolle standen und freute sich dabei, wenn sie andere Menschen vernichteten. Erst dann konnte er zufrieden sein.
Noch einmal holte der Greis Luft. Es sah so aus, als wäre es der letzte Atemzug in seinem Leben. Er hatte die Arme ausgestreckt, die Hände auf die Kante des Schreibtisches gelegt und erwartete in dieser aufrechten und stolzen Haltung den Tod.
Die Klinge zitterte nicht einmal, als Tommy Li sie anhob, die Arme vorstreckte, damit das in der Hölle geschmiedete Metall über dem Kopf seines Vaters schwebte.
Tommy Li lächelte böse.
Ein Abschiedslächeln. Und mit diesem Lächeln auf den Lippen ließ er die Klinge langsam sinken.
Er schlug noch nicht zu, denn er legte sie flach auf den Kopf seines Vaters. Es sah so aus, als wollte er noch einmal genau Maß nehmen, damit er auch genau traf.
Zwei, drei Sekunden ließ er verstreichen.
Dann hob der die Klinge an.
Das geschah blitzschnell, und ebenso schnell kantete er sie wieder und ließ sie nach unten rasen.
Mit ungeheuerer Wucht drang sie in den Körper seines Vaters ein, um ihn und seine Seele zu spalten.
Asmodis aber stand im Hintergrund und lachte so schaurig wie der Mephisto auf der Bühne über die Qualen des Dr. Faustus…
***
Wenn ich nach rechts blickte, schaute ich gegen ein Kind, das Suko hieß. Blickte ich nach links, sah ich Shao. Sie und Suko hatten auf meiner Couch Platz genommen, aber es war nichts so wie früher, wenn sie nebeneinander saßen.
Zwischen ihnen befand sich eine Lücke. Sie berührten sich nicht, sie wirkten wie zwei Fremde, obwohl sie eigentlich in einer tiefen Zuneigung miteinander verbunden waren.
Jetzt gab es nur die Distanz, und sie kamen beide mit der neuen, schrecklichen Lage nicht zurecht.
Wir hatten miteinander gesprochen und dabei versucht, die Gefühle auszuschalten.
Es war uns nicht immer gelungen, zu gewaltig war der Strom der schrecklichen und teilweise auch unerklärlichen Ereignisse über uns hinweggeglitten.
Was tun?
Keiner hatte die Frage bisher ausgesprochen, aber sie schwebte unsichtbar zwischen uns.
Ich wußte es nicht, Suko kannte ebenfalls keine Lösung, und auch Shao dachte nach.
Wobei wir von Suko wohl nichts erwarten konnten. Ich hatte ihm den Stab zurückgegeben, damit wir uns wenigstens normal unterhalten konnten. Noch immer hatte ich mich nicht daran gewöhnen können, es mit einem Kind zu tun zu haben, das mit der Stimme eines Erwachsenen sprach. Es war einfach unfaßbar, wobei ich mich auch fragte, ob Suko ebenso dachte und handelte wie ein erwachsener Mensch, denn seine Antworten hatten darauf nicht schließen lassen.
Jedenfalls hatte er, der Betroffene, keine Lösungsvorschläge unterbreitet.
Doch davon waren auch Shao und ich noch entfernt. Eines stand fest, und das wiederholte Shao auch.
»Wir müssen das Seelenschwert finden!«
Ich nickte betrübt, schaute gegen den Tisch, wo auch ein Aschenbecher stand, auf dessen Rand meine Zigarette lag, die allmählich verqualmte. Ich empfand es als schlimm, daß auch Shao keinen Rat wußte. Einmal hatte sie ihn gewußt, da war ihr, die sie in einer anderen Dimension gefangen war, bewußt geworden, daß es ihrem geliebten Suko sehr schlecht ging. Sie hatte seine Veränderung gespürt, denn trotz dieser ungewöhnlichen Distanz zwischen ihnen war das Band der Liebe nicht gerissen.
Über die Kraft der Sonnengöttin hinweg wußte Shao, in welch einer schrecklichen Lage sich Suko befand, und sie war aus ihrem Reich hergeeilt, um ihm und mir zu helfen.
Im letzten Augenblick war sie erschienen, um uns vor dem Killer zu retten, aber jetzt gab es nichts mehr, was sie noch hätte tun können. Sie wußte auch nicht, wie es weiterging, welchen Weg wir einschlagen sollten. Es stand nur fest, daß wir Suko schützen mußten. In seiner jetzigen Gestalt war er kein Gegner für die Mächte des Bösen. Da konnten sie ihn malträtieren und niedermachen, deshalb mußten Shao und ich an seiner Seite bleiben.
Ich hatte meinen Chef
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