0711 - Die Nacht der Wölfe
Außenspiegel.
»Was zur Hölle…«
Es war ein Mensch, der seine Finger in das Metall der Tür gegraben hatte, aber es war ein Tier, das ihn aus gelben Augen anblickte.
Ein weiterer Schlag auf dem Dach. Krallen rissen nur Zentimeter über seinem Kopf das Metall auf. Brooke zog die Handbremse und kurbelte das Lenkrad im gleichen Moment bis zum Anschlag nach rechts.
Ein roter Strahl zischte am Wagen vorbei und verlor sich in der Nacht.
Der Chevy schleuderte, die Krallen verschwanden aus der Dachverkleidung. Brooke ließ die Handbremse los und trat das Gaspedal durch. Der Wagen schoss über die Straßenbegrenzung hinweg und setzte so hart auf dem unebenen Untergrund auf, das Brooke mit dem Kopf gegen die Decke schlug.
Er sah in den Außenspiegel. Auch dieses Wesen war verschwunden. Dafür tauchten jedoch weitere hinter ihm auf und versperrten den Weg zur Straße. Sie bewegten sich unmenschlich schnell. Eines von ihnen hockte auf Zamorras Jeep, der ihm immer noch folgte, und schlug darauf ein.
Brooke fuhr so schnell, wie es die Umstände erlaubten, aber das Verfolgerfahrzeug und die Wesen kamen immer näher. Der Jeep hatte im Gelände Heimspiel, während der Chevy ständig irgendwo aufsetzte und durchgeschüttelt wurde. Metall krachte.
Verdammt, wieso holten die Gestalten ebenfalls auf? Die mussten doch mal außer Atem geraten!
Brooke hätte vor Erleichterung beinahe aufgeschrien, als er endlich eine Sandpiste vor sich sah.
Mit der freien Hand griff er in seine Tasche und reichte Miguel sein Handy. Der sah ihn an, als habe er den Verstand verloren.
»Ich weiß, dass du nicht telefonieren kannst«, blaffte Brooke. »Behalte einfach die Anzeige im Auge. Sobald sich die Schrift ändert, sagst du mir Bescheid. Verstanden?«
Miguel nickte.
Der Jeep war noch immer hinter ihm, aber der Fahrer, den Brooke für Zamorra hielt, hupte nicht mehr. Besorgt bemerkte er, dass auch die anderen Verfolger noch da waren. Sie liefen über die Prärie wie Raubtiere, die ihre Beute verfolgten. Sie schienen die Geschwindigkeit der Fahrzeuge mühelos halten zu können. Er verstand das immer weniger. Sie ermüdeten überhaupt nicht! Selbst Raubtiere hätten bereits aufgegeben!
Der sandige Weg wurde schmaler, die Landschaft zerklüfteter. Es ging immer steiler aufwärts.
Hier beginnen die Canyons , dachte Brooke mit einem mulmigen Gefühl. Hoffentlich geht der Weg an ihnen vorbei.
Und hoffentlich hielt der Wagen durch. Das mehrmalige Krachen beim Aufsetzen gab ihm zu denken. Der Auspuff schien noch dran zu sein, denn das Motorgeräusch war nicht lauter geworden, aber wenn die Ölwanne beschädigt worden war, kam er nicht mehr weit! Dann fraß die Maschine sich unweigerlich fest! Immer wieder warf Brooke einen besorgten Blick auf die Instrumente. Noch signalisierten sie ihm keinen bedrohlichen Ölverlust…
Die Steigung endete so abrupt, dass der Wagen den Kontakt zum Boden verlor. Der Motor heulte auf, dann gruben sich die Reifen wieder in den Sand. Brooke hustete, als Staub vor ihm aufwallte und ins Innere drang.
Dann ließ er die Wolke hinter sich -und trat auf die Bremse.
Vor ihm türmte sich Geröll auf. Felsen ragten aus dem Sand und verbanden sich zu massiven Wänden, die tief in die Dunkelheit ragten. Er war am Eingang eines Canyons. Hier kam er mit dem Wagen nicht mehr weiter.
»Steig aus«, befahl er Miguel. »Und vergiss das Handy nicht.«
Hinter ihm schoss auch der Jeep über die Kuppe und kam knapp hinter seinem Wagen zum Stehen.
Die Fahrertür öffnete sich.
Brooke schoss.
***
Die beiden Mexikaner ließen die Glocke vorsichtig zu Boden sinken und wischten sich den Staub von den Händen.
Nicole nickte ihnen dankend zu. »Gracias.«
Sie stieg die Leiter empor und fand einen Holzvorsprung im Turm, auf dem sie bequem stehen konnte. Nachdem die Glocke abgehängt worden war, gab es ausreichend Platz. Von hier oben hatte Nicole die ganze Stadt nicht nur im Blick, sondern auch im Schussfeld.
Wenn doch wenigstens Vollmond wäre, dachte sie. Das Sternenlicht reichte zwar aus, um sie einige Meter weit sehen zu lassen, aber was sich am Rande der Stadt abspielte, verschloss sich ihr. Außer dem gelegentlichen Wolfsheulen gab es keine Anzeichen für einen Überfall.
Auch einigen Einwohnern war das Heulen aufgefallen. Yellowfeather hatte etwas von Geheimsprachen gefaselt und war dann im Sakristei-Büro des Pastors verschwunden.
»Sehen Sie was?«, hörte sie ihn plötzlich fragen.
Nicole sah nach unten, wo der Sheriff
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