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0714 - Die Totenfrau ist da

0714 - Die Totenfrau ist da

Titel: 0714 - Die Totenfrau ist da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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die Finger glitten in ihr Haar hinein. Sie tastete mit den Kuppen ihre Kopfhaut ab und spürte die klebrige Nässe des Blutes.
    Explosionsartig strahlte ihr Haß auf diese Tiere auf. Sie wünschte sich ein Messer, um die Körper zu zerfetzen. Das war wie eine wilde Zwangsvorstellung, die ihr gleichzeitig einen gewissen Mut gab, um weiterzumachen.
    Nein, nur nicht aufgeben.
    Auch wenn das Blut den Weg von der Stirn durch das dichte Haar gefunden hatte und jetzt in Richtung Nacken lief, ihr womöglich ein makabres Aussehen gab, fand sie es sogar richtig, so zu erscheinen. Dann wußte die andere direkt, was sie erwartete.
    Harriet kannte sich aus.
    Sie fand die Hauswand, sie sah dort auch die schmale Hintertür und probierte erst nicht, ob sie offen war. Sie wollte den vorderen Eingang nehmen und wie ein Gespenst vor dieser widerlichen, verlogenen Mörderin erscheinen.
    Das Unkraut wuchs ihr bis zu den Knien, als sie sich ihren Weg bahnte. Es war manchmal wie Gummi, das die Beine umwickeln wollte, und sie mußte einige Male treten, um sich die freie Bahn zu verschaffen.
    Sie duckte sich und schlich an der Hauswand entlang. Ob ihr die Katzen folgten oder nicht, war ihr egal, sie ging ihren Weg und ließ sich durch nichts mehr ablenken.
    Die Haustür war verschlossen. Krumme und ausgetretene Treppenstufen endeten dicht davor.
    Die Tür war alt und grau. Sie hätte mal geputzt werden müssen, denn außen war sie von einem feuchten Film bedeckt. Oben in den Winkeln hingen Spinnweben.
    Eine Klingel existierte ebenfalls. Aus dem Mauerwerk in der rechten Türnische schaute sie mattglänzend hervor.
    Ein heller Knopf leuchtete wie ein verblassender Stern. Harriet drückte ihn nach unten.
    Die Tür schloß so dicht, daß sie das Geräusch der Klingel innerhalb des Hauses nicht hörte.
    Dafür vernahm sie etwas anderes.
    Hinter sich.
    Sie drehte sich um.
    Und sie sah die Katzen!
    Diesmal waren es sechs Körper, die von verschiedenen Seiten her auf die Tür zuschlichen.
    Zwölf Augen starrten sie böse an. Harriet hatte das Gefühl, vom Tod angestarrt zu werden.
    Angst durchschoß sie. Auf einmal wurde ihr klar, daß sie sich zuviel vorgenommen hatte, daß sie in eine Falle gelaufen war, die nur auf sie gewartet hatte.
    Die Katzen versperrten ihr den Rückweg. Sie würden sie nicht mehr vorbeilassen. Mit zwei Tieren wäre sie noch fertig geworden, nicht aber mit einem halben Dutzend.
    Deshalb gab es für sie nur die Möglichkeit, in die andere Richtung zu gehen, hinein ins Haus.
    Die Schritte hatte sie nicht gehört, aber sie bekam mit, wie die Tür heftig aufgezogen wurde.
    Wieder fuhr sie herum.
    Vor ihr stand die Witwe und lächelte kalt…
    Harriet Slade sagte nichts. Sie starrte die Frau nur an und bekam einen Schauer. Etwas preßte zusätzlich ihre Brust zusammen, so daß sie den Eindruck bekam, in einem Gefängnis zu sitzen.
    Ja, es war die Witwe, die vor ihr stand. Aber wie sah sie aus! Keine Spur von Trauer, denn wer sich dermaßen unanständig anzog, der konnte einfach nicht trauern. Hinter ihr brannte Licht, und deshalb war ihr Körper auch so gut zu erkennen.
    Auf dem Seidensatin hinterließ der Schein schimmernde Reflexe. Da wechselten sich Hell und Dunkel miteinander ab, und sogar in den Augen lag dieses Schimmern.
    Plötzlich wußte Harriet nicht mehr, was sie sagen wollte. Sie war wie eine völlig Fremde, die den falschen Weg eingeschlagen hatte.
    Dann hörte sie die Stimme. »Ah, welch eine Überraschung, Miß Slade! Das wundert mich.«
    Harriet sagte nichts. Sie merkte, daß ein dicker Blutstropfen den Weg über den Nacken hinweg bis zu ihrem Rücken gefunden hatte und dort wie ein warmer Streifen nach unten rann.
    Sie nickte.
    Und Selma Scott lächelte. Sehr breit, eher hungrig als freundlich. Sie öffnete die Tür noch weiter, ein Zeichen, daß sie ihre Besucherin ins Haus bitten wollte.
    »Bitte, kommen Sie doch herein, Miß Slade! Seien Sie mein Gast!«
    Harriet nickte. Dann schaute sie sich um. Die Katzen wirkten wie künstliche Wesen aus dunklem Porzellan. Sie rührten sich nicht von der Stelle, sie beobachteten nur, aber sie hatten der Besucherin auch den Rückweg verbaut.
    Es blieb ihr nur der nach vorn.
    Selma Scott trat zur Seite. Es war die letzte Aufforderung. Und Harriet Slade gehorchte.
    Sie trat über die Schwelle, tauchte in den vom gelben Licht umwehten Flur.
    Ihre Füße berührten den Teppich, die Schritte waren kaum mehr zu hören. Es roch nach Holz, sie schaute in den Gang, sah die Treppe,

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