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0718 - Das Dorf der Toten

0718 - Das Dorf der Toten

Titel: 0718 - Das Dorf der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle und Timothy Stahl
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absonderliche Beschaffenheit ihrer Augen anzusprechen - und nach dem Jungen zu fragen, der letzte Nacht den Zusammenprall mit dem Winnebago ohne eine einzige Schramme überstanden hatte.
    Doch dann entschied er sich dagegen.
    »Sie verhalten sich wie normale Menschen, lässt man ihr altmodisches Outfit mal außer Acht«, meinte Nicole im Weitergehen. »Aber zwei von dreien hatten diese Augen… Ich hatte das Gefühl, in einen Abgrund zu starren. Wie können sie damit sehen?«
    Zamorra wiegte den Kopf. »Ich weiß auch nicht, was ich davon halten soll…«
    Nicole unterbrach ihn: »Und was hältst du davon?« Sie wies mit ausgestrecktem Finger zu Boden.
    Zamorra sah hin und machte: »Oha!«
    »Nein - Reifenspuren«, sagte Nicole.
    »Das seh ich auch.«
    »Ein bisschen ungewöhnlich für ein Kaff, in dem es keine Autos gibt, oder?«
    Zamorra nahm den Abdruck des Reifenprofils, das sich im leicht feuchten Boden zwischen den Kutschenräderspuren abzeichnete, näher in Augenschein.
    »Sieht einigermaßen frisch aus«, konstatierte er.
    »Und was schließen Sie daraus, mein lieber Watson?«, fragte Nicole streng formal.
    »Dass es die Spur ist, nach der wir gesucht haben, Holmes.«
    ***
    Karls Zimmer sah noch aus wie an dem Tag, an dem er es verlassen hatte. Das Bett war Staffage. Solche wie er schliefen nicht. Niemals. Und der Schrank… Nun, die Kleidung darin, so sie nicht von Motten aufgefressen worden war, würde ihm noch immer passen. Er war keinen Zentimeter gewachsen, auch nicht dicker oder dünner geworden. Das einzige, was sich verändert hatte, war seine Art zu denken.
    Sein Geist hatte sich verändert in all den Jahren der Wanderschaft. Lange hatte er es nie an einem Platz ausgehalten. Außerdem hatte er die Orte wechseln müssen, um nicht aufzufallen. Ein scheinbar Zehnjähriger, der nie älter wurde. Dazu Augen, die niemand sehen durfte, ohne Misstrauen zu schöpfen…
    Draußen in der Welt hatte Karl immer eine Sonnenbrille getragen - sogar bei Nacht. Dennoch war es schwer gewesen. Irgendwann hatten sie ihn schnappen müssen.
    Wie es geschehen war.
    Aber er hatte fliehen können. In dieser Lage war offenbar die Sehnsucht in ihm erwacht, der Wunsch, endlich wieder heimzugehen.
    War es so?
    Im Grunde war es gleichgültig. Denn nur Stunden nach seiner Rückkehr bereute er sie bereits.
    Ich bin ein Narr.
    Ich hätte wissen müssen, dass sich hier nichts ändert, zum Besseren wendet.
    Niemals.
    Sein Bruder hatte angekündigt, Gericht über ihn halten zu wollen, und Karl wusste, dass dies keine leere Drohung war.
    Dem Zimmer, in dem er aufgewachsen und gestorben war, kam nun eine neue Bedeutung zu - die eines Gefängnisses.
    Sein Bruder hatte ihn allein gelassen. Ohne ein Wort war er gegangen. Später, im Morgengrauen, hatte Karl durch das Fenster gesehen, wie er das Haus verließ.
    Dort am Fenster saß er immer noch auf einem niedrigen Schemel. Die Arme auf das Fensterbrett gestützt und das Kinn darauf gelegt, starrte er ins Freie. Von seinem Zimmer aus hatte er ungehinderte Sicht auf die Figur auf dem Dorfplatz, die seine Züge trug.
    Er wusste, dass andere etwas anderes darin sahen.
    Es klopfte.
    Erstaunt hob er den Kopf, wandte das Gesicht der Tür zu. »Ja?«
    »Ich bin es. Kann ich hereinkommen?«
    Er hätte die Stimme unter Millionen heraus erkannt.
    »Alma…«
    »Darf ich…?«
    »Ja… Komm 'rein.«
    Die Tür schwang auf.
    Ihr Anblick entsetzte ihn ähnlich wie der des Bruders zur Nacht. Sie hatte sich unglaublich verändert, obwohl sie keinen Tag älter geworden war - nicht dort, wo man es hätte sehen können. Aber ihre Aura, ihre Ausstrahlung…
    Karl stand auf.
    Im Nähertreten sagte Alma: »Ich bin froh, dass du wieder da bist.«
    »Froh?« Keine andere Begrüßung hätte ihn argwöhnischer machen können.
    »Jeder, der geht, ist ein Verlust.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich könnte jetzt lügen, du hättest dich kein bisschen verändert, aber…«
    Sie gebot ihm zu schweigen. »Ich iveiß, was aus mir geworden ist.«
    »Und es gefällt dir?«
    Sie hatte Augen wie er. »Nein«, sagte sie. »Gefällt es dir, was aus dir geworden ist?«
    Er schwieg.
    »Ich habe nicht darum gebeten, wiederkommen zu dürfen.«, sagte er dann.
    Er lachte grimmig. Seine Gebärden, sein Tonfall wirkten seltsam für einen, der wie ein Junge aussah, tatsäthlich aber ein Greis war. Schlimmer noch…
    »Das hat keiner von uns - oder? Du weißt, wer schuld ist.«
    »Dein Bruder - mein Mann…«
    »Nein.« Er schüttelte

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