Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0718 - Das Dorf der Toten

0718 - Das Dorf der Toten

Titel: 0718 - Das Dorf der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle und Timothy Stahl
Vom Netzwerk:
haben«, sagte die Frau, die eigentlich eher noch ein Mädchen war, radebrechend. Farnsworth schätzte sie auf zwanzig.
    Sein Blick klammerte sich regelrecht an ihr fest. Zum einen, weil sie einen überaus hübschen Anblick bot. Zum anderen, weil er sich so daran hinderte, sich umzusehen und zum Fenster hinauszuschauen. Denn dann, so fürchtete er, hätte er einen freien Blick auf diese Statue mitten auf dem Dorf platz.
    Die junge Frau stand zudem noch zwischen ihm und dem Fenster und verwehrte ihm die Sicht. Wofür er ihr auf fast absurde Art dankbar war.
    Sie sah ihn mit sichtlichem Unbehagen und fragend an, und erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er sie geradezu unverschämt anstarrte. Er nuschelte ein »Verzeihen Sie, bitte«, senkte den Blick kurz zum Boden, wo zwischen den Bohlen teils halbfingerbreite Spalten klafften, durch die kalte Luft aufstieg. Er fröstelte und redete sich ein, dass es der Kühle im Zimmer wegen war…
    »Verstehen Sie mich, m ein Herr?«
    Das Mädchen war einen zaudernden Schritt auf ihn zugekommen. In ihrem Blick flackerte etwas Unstetes. Nicht Angst, aber etwas Verwandtes, wie Farnsworth meinte - Sorge. Sorge um ihn.
    Die Situation rutschte zunehmend mehr ins Bizarre. Farnsworth musste seine Phantasie nicht einmal besonders bemühen, um den Eindruck zu erlangen, der Boden würde unter seinen Füßen tatsächlich zur Seite kippen und ihn abgleiten lassen, hinab in - etwas , das darunter verborgen lag. Unter dem, was seine angestammte Wirklichkeit war.
    Bisher jedenfalls…
    In ihm drängten sich ein Dutzend Fragen oder mehr. Er wusste nicht, welche er zuerst stellen sollte oder wollte. Doch dann schob sich eine nach vorne. Eine Frage, der nur sein Unterbewusstsein Bedeutung beimaß, und die Stimme seiner Gedanken stellte sie lediglich in seinem Kopf:
    Was hat sie gesagt ?
    Farnsworth verstand den Sinn der Frage nicht auf Anhieb. Erst als er sich die Worte des Mädchens bewusst in Erinnerung rief, begriff er. Die junge Frau hatte gesagt:
    Sie sollten nicht hier gekommen haben.
    Natürlich hatte er gewusst, was sie meinte. Der sonderbaren, holprigen Ausdrucksweise hatte er im ersten Moment, noch unter dem Schock durch das, was er draußen gesehenen hatte, kaum Beachtung geschenkt. Ihr Satz schien -und der Vergleich entlockte ihm sogar ein winziges Lächeln - aus einer dieser japanischen Bedienungs- oder Montageanleitungen entliehen, die per Übersetzungsprogramm einfach Wort für Wort ins Englische übertragen wurden und kaum noch einen Sinn ergaben.
    Und dann ihre Frage: Verstehen Sie mich - mein Herr?
    Lance Farnsworth sprach Englisch als seine Muttersprache, daneben fließend Französisch und einigermaßen Spanisch, sogar leidlich Italienisch. Der deutschen Sprache aber war er nicht mächtig. Davon verstand er nur ein paar Phrasen, wie man sie hier und da im Leben eben aufschnappt: Dankeschön , auf Wiedersehen , Sauerkraut , Scheiße, meine sehr verehrten Damen und Herren sowie…
    »Sprecht Ihr Deutsch, mein Herr?«
    Er sah das Mädchen an, lächelte und schüttelte bedauernd den Kopf. »Nein, tut mir Leid.«
    Der Grund ihres befremdeten Blickes war ihm klar: Sie hatte ihn gefragt, ob er Deutsch sprach, und er hatte auf Englisch verneint - obwohl er die Frage ja zweifelsohne verstanden hatte!
    Ihr dämmerte jetzt offenbar auch, dass er eben nur ein paar Brocken verstand, und sie lächelte ihn an.
    Und was für ein Lächeln das war!
    Lance Farnsworth fühlte sich gleichsam berührt davon, und seine Herzenswärme ließ ihn die Kälte vergessen, die in diesem Zimmer war wie ein unsichtbarer Dritter. Das Licht der Petroleumlampe hauchte dem Moment zusätzlichen Zauber ein.
    Farnsworth fiel ein, dass er sich dem Mädchen noch nicht einmal vorgestellt hatte. Das wollte er schnellstens nachholen. Nicht so sehr aus Höflichkeit, sondern vielmehr in der Hoffnung, dass sie seine ausgestreckte Hand ergreifen möge.
    »Lancelot Farnsworth«, sagte er.
    Und sie fasste nach seiner Hand.
    Eine Berührung so leicht und zart und doch so nachdrücklich wie keine zuvor in seinem Leben.
    »Agnes ich bin«, erwiderte sie und sah ihn aus ihren großen Augen von unten her wie schuldbewusst an. »Agnes Brunner.«
    Als sie ihre schmale, samtweiche Hand zurückziehen wollte, ertappte er sich dabei, wie seine Finger ein klein wenig fester zufassten, um die ihren noch eine Sekunde länger halten zu dürfen. Und in dieser einen Sekunde kam er sich vor wie ein Idiot!
    Wie ein Pennäler fühlte er sich, dem sein

Weitere Kostenlose Bücher