072 - Auf Leben und Tod
solche Drohung mit, dass dem Wächter nichts anderes blieb, als ihm zu glauben.
»V… verstanden«, stammelte er atemlos, während seine Beine in der Luft baumelten.
Der Mann mit der Maske nickte und stieß den Wächter von sich, der seinen Kameraden entgegen torkelte und einige von ihnen von den Beinen riss.
»Tröste dich, Kleiner«, murmelte der Fremde, als er durch das Tor ins Innere des befestigten Lagers trat. »Was dich nicht tötet, macht dich nur stärker…«
***
Als der nächste Tag anbrach, war es nicht irgendein Tag.
Es war der Tag, der die Entscheidung bringen würde.
Der Tag, an den die Steppenvölker noch in Generationen zurückdenken würden.
Der Tag des Kampfes.
Dass etwas vor sfch ging im Lager, merkte Aruula gleich nachdem sie aufgewacht war. Maddrax war bereits fort, lag nicht mehr neben ihr. Rasch schwang sich auch Aruula von dem fellbedeckten Lager, das Maddrax und sie geteilt hatten.
Man hatte ihnen ein Zelt am Rand des Lagers zugeteilt. Kublai Koruun hatte verfügt, sie mit allem zu versorgen, was das Lagerleben an Luxus zuließ - neben einem üppigen Essen und einigen Karaffen mit Beerenwein hatte dazu aucti ein Trio hübscher, halbnackter Frauen gehört, die der Häuptling zu Maddrax' Erbauung geschickt hatte.
Aruula hatte die Mädchen persönlich aus dem Zelt geworfen.
Die Barbarin trat an einen Trog mit kaltem Wasser und steckte ihren Kopf hinein. In einer gischtenden Fontäne zog sie ihn wieder heraus, und ihr langes schwarzes Haar klatschte auf ihre nackten Schultern.
Sie kleidete sich an, schlüpfte in ihre Stiefel und warf ihren Umhang über.
Dann trat sie aus dem Zelt.
Maddrax stand unter dem Vordach des Zeltes. Schweigend blickte er auf das Lager, das sich vor ihnen erstreckte, und Aruula konnte fühlen, dass er sich Sorgen machte.
»Guten Morgen«, sagte sie und trat neben ihn.
»Morgen«, erwiderte Maddrax. »Ob er gut ist, wird sich herausstellen.«
Aruula nickte - sie wusste, was ihr Gefährte meinte.
Jedermann im Lager war auf den Beinen; es herrschte ein ruheloses Treiben.
Krieger, die betrunken waren vom vielen Beerensaft, den sie die Nacht über getrunken waren, zogen grölend umher, andere sangen lauthals Lieder, deren Inhalt Matt und Aruula nur erahnen konnten.
Nur das Wort »Osnok« konnten sie immer wieder heraushören.
Die Aggression, die in der Luft lag, war deutlich zu spüren. Es war keineswegs so, dass die Mogoolen ihre Feindschaft zu den Ostmännern begraben hatten.
Sie hielten sich lediglich zurück, weil dieser Ort und die Tradition danach verlangten. Der Kampf, bei dem die Häuptlinge beider Stämme aufeinander treffen würden, würde das Ventil ihrer Aggressionen und ihres Hasses sein.
Matt schluckte.
Der Gedanke, ein Teil dieses Konflikts geworden zu sein, behagte ihm nicht. Noch in der Nacht, in Koruuns Zelt hatte er die Notwendigkeit eines Eingreifens deutlich gesehen. Nun war er sich nicht mehr ganz so sicher.
»Wir werden uns vorsehen müssen«, sagte Aruula, die Matts Gedanken zu erfühlen schien. »Koruun hat uns nicht die ganze Wahrheit gesagt. Ich hatte den Eindruck, dass er etwas vor uns verbirgt.«
»Wir werden sehen«, sagte Matt, der nicht die geringste Lust verspürte, zur Schachfigur eines machthungrigen Mongolenherrschers zu werden. Tatsache war, dass die Mogoolen gegen die Ostmänner standen und dass der Weltrat nicht mit ihnen paktierte, sondern mit jenen, die innerhalb des befestigten Lagers hausten. Insofern waren die Fronten geklärt, und Matt bezweifelte, dass er eine andere Wahl hatte, als…
»Da kommt Keran«, sagte Aruula plötzlich.
Matt wandte sich um und sah den Krieger aus der Menge der vorbeiziehenden Mogoolen stürmen.
»Maddrax! Aruula!«, rief er, um dann irgendetwas von Kublai Koruun zu erzählen. Offenbar wünschte der Stammesführer sie in seinem Zelt zu sehen.
Matt und Aruula wechselten einen Blick. Keiner von ihnen wusste im Augenblick zu sagen, wohin das alles führen würde, und Matt konnte seiner Gefährtin nur aus tiefstem Herzen beipflichten.
Sie würden sehr vorsichtig sein müssen…
***
Der große Tag war angebrochen.
Koruun nahm es mit Genugtuung zur Kenntnis. Endlich würde er diesen arroganten Osnok zeigen, wer die wahren Herren über dieses Land waren. Am Ende würde ihnen nichts anders übrig bleiben, als ihren falschen Göttern abzuschwören und ihm zu folgen.
Hatte der Stammesführer der Mogoolen zu Beginn noch leise Zweifel gehegt, ob es ihm gelingen würde, den Kampf zu
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