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072 - Das Horror Palais von Wien

072 - Das Horror Palais von Wien

Titel: 072 - Das Horror Palais von Wien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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Finger spielten nervös. »Heute, nach all den Jahren, die ich
wegen deiner Gründlichkeit in einem Straflager für Mörder verbracht habe, kann
ich es dir gerne sagen.« Er schien Kunaritschews geheimste Gedanken erraten zu
haben. »Es war eine Seite aus dem Buch Die Magie der unsichtbaren
Zauberwesen. Ein Original, keine Abschrift! Das machte die Formeln und
Beschwörungen so wirksam. Ich hatte einige Dinge gut behalten, aber die
Erinnerung allein genügte leider nicht. Um wirksam etwas in Bewegung zu setzen,
ist es unerläßlich, sich mit dem Originaltext zu beschäftigen und das Papier
oder den damit beschrifteten Gegenstand dabei zwischen den Fingern zu halten…
Ich habe kein Interesse daran, dir alles haarklein zu berichten. Nur eines
sollst du wissen: ich habe an meiner Befreiung unerläßlich gearbeitet, bin schließlich
aus dem Lager geflüchtet und nach monatelanger Wanderschaft bei Wind und
Wetter, Sturm und Schneegestöber in ein anderes Land gekommen. Und das
Schicksal wollte, daß ich hier in dieser Stadt jemand begegnete, der auch auf
der Flucht war, und der ähnliche Erfahrungen mit den Texten aus dem
betreffenden Buch gemacht hatte. Unser Wissen war wie ein geheimes Zeichen, an
dem wir uns erkannten. Und uns wurde auch bewußt, warum es uns ausgerechnet in
diese Stadt verschlagen hatte. In Wien wurde vor dreihundert Jahren die
Urfassung des Buches Die Magie der unsichtbaren Zauberwesen geschrieben
und war vom Satan persönlich inspiriert. Der Ort, wo das Buch entstand, war das Palais Cernay… «
     
    ●
     
    Er
hörte die Botschaft, aber er konnte nichts mit ihr anfangen. Boris Rakow
massierte seine Hände und umkreiste Kunaritschew wie ein hungriger Löwe. Er
nahm dem PSA-Agenten den Smith & Wesson Laser aus der Hand. X-RAY-7 konnte
nichts dagegen tun. Die Kontrolle seines Körpers durch die Hexe Marina war
perfekt. »Ich könnte dich erschießen, mit meinen Händen erwürgen… oder dich an
dieser Stelle verhungern lassen«, sagte Rakow. »Jetzt, wo du vor mir stehst,
fällt es mir mit einem Mal schwer, mich zu entscheiden. Ich will nicht haben,
daß du leicht stirbst…«
    »Dann
laß ihn hier, Boris«, schaltete die Hexe sich ein. »Bringen wir ihn ins Labor,
das Gräfin Tanja von Cernay zu ihren Lebzeiten so gern aufsuchte. Die
Erfahrung, die wir inzwischen sammeln konnten, Boris, zeigt, daß noch niemand
auch nur eine einzige Nacht in diesem Raum überlebte.«
    »Ausgezeichnet!« stieß der entsprungene Mörder hervor. »Ja, das werden wir tun… Er
soll das ganze Grauen des Palais kennenlernen und an ihm zugrunde gehen.
Im Gegensatz zu uns, gibt es für ihn keinen Schutz…«
    Sie
hätten es einfacher mit ihm haben können, aber sie wollten ihm keine
Gelegenheit zur Flucht oder zur Gegenwehr geben. Marina ließ die magische
Starre bestehen. Boris Rakow warf sich seinen Landsmann über die Schultern wie
einen prallgefüllten, unnachgiebigen Mehlsack und schleppte ihn dann durch den
kahlen, düsteren Raum. Das ungleiche Paar passierte mit seinem Opfer die
Verbindungstür zum nächsten Raum, der ebenfalls fensterlos war. Zu beiden
Seiten eines langen Labortisches, auf dem zerstörtes Gerät, Scherben und dünne,
brüchige Schläuche lagen, befanden sich in den Wänden schmale Nischen. Dort
standen alte, vergammelte Pritschen. Auf einigen von ihnen lagen dünne
Strohmatten oder Matratzen, die alt und stockfleckig waren und aussahen, als
hätten sie im Regen gelegen. Kunaritschew wurde von seinem haßerfüllten Gegner
auf eine solche Pritsche geworfen. Das Gestell ächzte bedenklich unter dem
Gewicht des Russen, brach aber nicht zusammen. »Ich besorg mir kräftige
Fesseln. Warte solange auf mich«, bemerkte Rakow und wandte sich ab.
    »Das
wird wohl auch notwendig sein, Boris«, ließ die Hexe verlauten. »Wenn ich mich
zu weit von ihm entferne, dürfte er schnell wieder putzmunter werden.« Rakow
verschwand aus dem dunklen Raum, in dem Kunaritschew nur genügend sah, weil die
Hexe die auf dem langen Tisch stehende Öllampe angezündet hatte. Unruhig
flackerndes Licht spielte an den schmutziggrauen Wänden. Der Schein war zu
schwach, als daß er die hohe, stuckverzierte Decke erreicht hätte. Auch dort
hing ein riesiger Lüster, der zerbrochen und verstaubt war, aber auch in diesem
Zustand noch einen Eindruck seiner einstigen Schönheit vermittelte. Der
entsprungene Mörder kehrte nach zwei Minuten zurück. In den Händen hielt er
eine Rolle mit einer dicken Nylonschnur, mit der er zuerst

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