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072 - Das Horror Palais von Wien

072 - Das Horror Palais von Wien

Titel: 072 - Das Horror Palais von Wien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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Kunaritschews Beine
fesselte. Danach kamen die Hände dran. Hart und unbarmherzig stramm zog Rakow
die Fesseln an und verschnürte den PSA-Agenten wie ein Paket. Er umwickelte den
ganzen Körper des Russen und verband ihn mit der Pritsche, auf der er lag.
Selbst wenn Iwan Kunaritschew Kontrolle über seinen Körper gehabt hätte, wäre
es ihm unter den gegebenen Umständen unmöglich gewesen, auch nur einen Finger
zu rühren. Rakow hatte in seinem Haß ganze Arbeit geleistet.
    »Ich
will dir Zeit geben, noch ein wenig über die Begegnung mit mir nachzudenken«,
sagte er zufrieden. »Ich hatte sogar ein paar Jahre Zeit, über die Begegnung
mit dir nachzudenken. Für dich werden es nur ein paar Stunden sein. Aber es
werden die schlimmsten sein, die du je erlebt hast… Wir lassen dich jetzt
allein… bis Mitternacht ist noch lange Zeit. Aber im Dunkel dieser Räume, deren
Fenster vor über hundert Jahren zugemauert wurden und in die seither kein
Sonnenstrahl mehr gefallen ist, wird manches lebendig, was Außenstehende nicht
mal ahnen. Viel Vergnügen, Kunaritschew! Mit dem Grauen, das noch vor deinem
Tod kommt…«
    Leise
lachend trat Rakow ins Halbdunkel des unheimlich wirkenden Raumes zurück. Die
Hexe Marina überprüfte die Lampe. »Das Öl darin reicht noch für etwa eine
Stunde«, sagte die Schwarzhaarige. »Lassen wir ihm die Lampe da. Um so
spannender und unerträglicher wird seine Erwartung. Er wird sich fragen, was
wohl hier geschieht, wenn die Flamme immer kleiner wird und schließlich
erlischt.«
    Die
beiden Gestalten verschwanden aus seinem Blickfeld und wurden eins mit dem
Dunkel hinter dem schwachen Lichtkreis. Iwan Kunaritschew merkte, wie die
seltsame Starre nachließ, je weiter die Hexe sich von ihm entfernte. Er konnte
seine Muskeln anspannen und war wieder Herr über seine Kräfte. Aber allzuviel
konnte er nicht damit anfangen. Er war hilflos wie ein Säugling. Die
Nylonschnüre schnitten wie scharfe Rasiermesser in seine Haut, und er fand
keinen Spielraum, den er zu einem Befreiungsversuch hätte nutzen können.
Irgendwo im Dunkeln klappte leise eine Tür ins Schloß. Totenstille breitete
sich aus. Das Gespenstische der Umgebung wurde noch verstärkt durch das
unruhige Licht, das bizarre Licht- und Schattenreflexe an die Wand neben ihm
warf. Minuten vergingen. Endlos lang kamen sie ihm vor. Er arbeitete
unermüdlich daran, die Fesseln zu lockern und spannte seine Muskeln immer
wieder kraftvoll an, um sich Spielraum zu verschaffen. Er gönnte sich keine
Pause. Jede Sekunde war wichtig. Solange er lebte, solange das, was ihm mit
rätselhaften Worten angekündigt war, noch nicht kam, hatte er noch Zeit. Einmal
hielt er inne, um eine Atempause einzulegen. Sein Körper war erhitzt, die Stirn
schweißbedeckt, und er hatte den Wunsch, mit der Hand über die Stirn zu
streichen oder sie an die kühle Wand zu lehnen. Unwillkürlich wandte er deshalb
sein Gesicht zur Wand und versuchte seine Stirn gegen das kühle Mauerwerk zu
pressen. Was war das?
    Er
hielt mitten in der Bewegung inne.
    Nicht
nur seine Stirn war feucht, auch die Wandnische neben ihm war es. Dicke, dunkle
Tropfen quollen aus dem morschen Verputz. Sie waren klebrig und zäh und rollten
nur langsam über die Wandfläche. Sie waren nicht nur direkt vor
ihm, sie kamen auch von weiter oben und rollten langsam ab… Kunaritschew konnte
nicht fassen, was er sah. Die Wand schwitzte – Blut!
     
    ●
     
    Sie
studierten beide Kunst in Wien. Constanze Gramscyk und Simone Hardske
interessierten sich für Malerei und Grafik. Sie stammten aus Deutschland,
besuchten die gleichen Kurse und wohnten im gleichen Apartmenthaus in der
Sonnenfelsgasse. An diesem Sonntag schlief Constanze besonders lange. Gegen
Mittag stand sie auf, duschte und verließ eine halbe Stunde später die Wohnung.
Der Himmel war bedeckt, die Temperatur erträglich. Constanze und Simone hatten
sich in der Nacht nach der Geburtstags-Party bei Evi darauf geeinigt, daß jeder
so lange schlief, wie er wollte. Am Mittag dann wollte man sich wie üblich nach
den Kursen in dem kleinen urgemütlichen Künstler-Café in der Naglergasse
treffen. Constanze, etwas üppig gebaut, aber im Abnehmen begriffen, schritt schnell
aus. Sie hatte keinen Schirm dabei und fürchtete, daß es zu Regnen begann.
Viele Leute waren unterwegs. Besonders auf dem Stephansplatz fiel das auf. Die
meisten waren Touristen und wollten sich auf keinen Fall die Besichtigung eines
der eindrucksvollsten Baudenkmäler entgehen

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