072 - Der unheimliche Mönch
Bibliothek", erklärte ihm dieser. „Das ist eine kleine Tür, die der Herzog immer benutzt. Außerdem hat die Bibliothek noch zwei andere Türen, die mit neuen Schlössern ausgestattet worden sind. Eine der beiden ist sogar von innen mit einer Stahlplatte versehen."
„Kann ein Einbrecher nicht auch vom Haus aus in die Bibliothek kommen?"
„Dazu müßte er den Hauptkorridor entlang gehen, und dort halte ich während der Nacht Wache."
Bob fuhr mit der Hand über das Kinn.
„Sie kennen doch alle Diener seit Jahren?" fragte er.
„Jeden einzelnen", entgegnete der Butler prompt. „Sie sind alle hier in der Gegend aufgewachsen, und mit einer Ausnahme waren sie auch dauernd bei dem Herzog im Dienst."
Es war Bob klar, daß sein Auftauchen in diesem kleinen Dorf sofort die Aufmerksamkeit auf ihn lenken würde. Ein paar Stunden nach seiner Ankunft wußten auch bereits alle Leute, warum er hergekommen war. Der Wirt des kleinen Gasthauses, in dem Bob logierte, hatte versucht, eine Unterhaltung mit ihm anzufangen, um seine Meinung über den letzten Einbruch im Schloß zu erfahren. Die ganze Gegend sprach noch darüber.
„Man erwartet für nächste Woche eine Anzahl von Damen und Herren zu den Rennen", sagte der Wirt, während er das Essen servierte. „Ich habe gehört, Sie sollen hier aufpassen, damit nichts gestohlen wird?"
„Ja, da haben Sie ungefähr recht."
„Aber diesmal können die Einbrecher doch nichts machen. Der junge Mann von der Geldschrankfabrik sagte, es sei unmöglich, den Safe zu öffnen, den er beim Herzog eingebaut habe."
„Das dürfte auch sehr schwierig sein", meinte Bob gutgelaunt.
„Mich wundert nur, warum sie den Einbruch ins Schloß überhaupt gemacht haben. Alle Leute im Dorf wußten doch, daß der Herzog nicht dort war, und sogar das Silbergeschirr hatte er zur Bank schaffen lassen. Ich habe mit Mr. Cole, dem Kammerdiener des Herzogs, darüber gesprochen, und der bestätigte mir auch, daß die Kerle verrückt gewesen sein müßten. Sehen Sie, da kommt er gerade", sagte er, während er zum Fenster hinausblickte.
Bob sah gleichfalls hinaus und bemerkte einen der Diener, den er am Morgen schon im Schloß gesehen hatte. Der Mann mochte etwa dreißig Jahre alt sein. Er war sauber und ordentlich gekleidet, aber sein Gesicht war ausdruckslos, wie man das von einem Kammerdiener nicht anders erwarten konnte.
„Er kommt öfter hierher, um ein Glas Wein zu trinken", erklärte der Wirt. „Der Herzog hält große Stücke auf ihn, und Cole ist sozusagen seine rechte Hand. Der Mann ist hier in der Gegend geboren und war früher schon bei ihm. Dann ging er sechs Jahre nach Australien. Als sein Bruder kürzlich starb, mußte er hinüberfahren, um dessen Ländereien zu verwalten. Das Vermögen muß aber nicht groß gewesen sein, denn als er wieder nach Windhever kam, hatte er kein Geld. Es war ein großes Glück für ihn, daß der Herzog in dem Augenblick gerade einen Kammerdiener brauchte und ihm die Stelle gab."
Bob erhob sich und ging durch die Halle nach dem hinteren Hof. Der Kammerdiener erkannte ihn und legte die Hand an die Mütze. Bob unterhielt sich eine Zeitlang mit ihm und brachte das Gespräch schließlich auf englische Hügel und einzelne Berge, vor allem auf die einzelnen großen Erhebungen in Devonshire.
„Nein, da irren Sie sich", sagte der Kammerdiener. „Hay Tor ist der höchste Berg in der Gegend, man kann ihn viele Kilometer weit sehen."
„Ja, von der Spitze hat man eine glänzende Aussicht", meinte Bob.
Der Kammerdiener zögerte einen Augenblick.
„Oben bin ich nie gewesen", meinte er. „Aber wenn ich es mir überlege, müssen Sie recht haben."
Sie sprachen dann noch über Pferde, besonders über Ponys, und auch hier wußte Cole gut Bescheid.
„Mr. Cole, Sie müssen ein Glas Wein mit mir trinken", sagte Bob und führte den Mann in das Privatzimmer, das er im Gasthaus bewohnte. Trotz des Widerspruchs des Wirtes holte er eigenhändig Flasche und Gläser. Vor der Tür blieb er stehen und reinigte sie noch besonders mit seinem Taschentuch.
„Also, auf Ihre Gesundheit", sagte Mr. Cole und leerte sein Glas in einem Zug.
Bob nahm ihm das Glas aus der Hand und stellte es sorgfältig auf den Tisch. Dann gingen die beiden in die Gaststube. Später verabschiedete sich Bob von dem Kammerdiener, setzte sich in sein Zimmer und schrieb einen Brief an Douglas Campbell:
Ich glaube, ich habe das Geheimnis gelöst und kann den früheren Einbruch aufklären. Und ich kann auch
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