072 - Der unheimliche Mönch
jetzt schon voraussagen, wie der Einbruch in der Nacht nach dem großen Rennen ausgeführt werden soll. Ich habe von einem Glas einen Fingerabdruck abgenommen, an Hand dessen man in Scotland Yard wahrscheinlich feststellen können wird, daß es sich hier um einen alten Sträfling handelt. Der Mann heißt Cole und war angeblich sechs Jahre in Australien, und zwar kurz nach der Gefangennahme der Perres-Bande. Allem Anschein nach hat der Herzog keine Ahnung von Coles Vorleben, und das Verbrechen des Mannes ist auch den Dorfbewohnern unbekannt. Er kennt die Gegend von Dartmoor ganz genau, besonders die einzelnen Höhenzüge, und er weiß auch sehr gut Bescheid mit den Ponys der dortigen Gegend. Meiner Meinung nach war er im Gefängnis von Princetown.
Bob Brewer besuchte die Rennen in Goodwood, obwohl dort kaum die Möglichkeit bestand, Verbrecher zu beobachten. Er war fest davon überzeugt, daß die Leute, die es auf die Juwelen im Schloß abgesehen hatten, erst spät in der Nacht ans Werk gehen würden. Als er von den Rennen ins Gasthaus zurückkehrte, fand er ein Telegramm von Douglas Campbell vor.
Habe bedeutende Entdeckung gemacht. Ihre Theorie ist falsch. Fahre heute abend 7.53 Uhr nach Portsmouth. Kommen Sie mit dem Auto herüber und treffen Sie mich um zehn Uhr fünfzehn im Grand-Hotel.
Bob faltete das Telegramm zusammen und ließ den Wirt kommen. „Ich möchte telefonieren, um mir einen Wagen zu mieten", sagte er. „Ich muß noch nach Portsmouth fahren."
Um acht Uhr hielt ein Wagen vor der Tür. Bob ließ den Auftrag zurück, daß alle für ihn eintreffenden Nachrichten telefonisch durchgegeben werden sollten. Auch verabredete er mit dem Wirt, daß er ihm den Inhalt der Telegramme, die für ihn kämen, nach Portsmouth durchsagen sollte.
„Es tut mir leid, daß Sie schon fortgehen", erklärte der Wirt. „Ich dachte, Sie würden wenigstens bis nach dem großen Ball beim Herzog bleiben."
„Ich glaube nicht, daß meine Anwesenheit hier länger notwendig ist", entgegnete Bob lachend, „und ich mache Ihnen jetzt ein Geständnis, das nur wenige Detektive in meiner Lage machen würden: Ich kann Ihnen im Vertrauen sagen, daß ich auf der falschen Spur war."
Er mußte noch einige Zeit warten, denn er hatte ein Ferngespräch nach London angemeldet. Kurze Zeit darauf läutete das Telefon, und er sprach mit Mrs. Campbell.
„Ich habe ein Telegramm von Ihrem Gatten erhalten, in dem er mir mitteilt, daß er mich in Portsmouth treffen will. Kann das stimmen?"
„Ja, er fährt mit dem Zug 7.53 nach Portsmouth", erwiderte sie.
Bob legte den Hörer auf, und gleich darauf fuhr er in Richtung Chichester davon.
Um halb zwei war nach dem Ball bereits alles zur Ruhe gegangen, und das Schloß lag in Dunkelheit. Nur vor dem Gartentor der Bibliothek wachte einer der Diener und räusperte sich ab und zu. Um Viertel nach zwei wurde er abgelöst. Kaum war er verschwunden, als ein Mann geräuschlos aus den Sträuchern des Parks hervorkam und auf den Posten zuging.
„Sind Sie es, Cole?" fragte er leise.
„Ja. Aber machen Sie schnell. In einer Dreiviertelstunde werde ich abgelöst."
„All right", brummte der andere.
Er ging an dem Posten vorbei zur Tür, aber als er sich zum Schlüsselloch neigte, um aufzuschließen, legte sich plötzlich ein Arm um seinen Hals, und eine Hand faßte in seine Tasche und nahm die geladene Pistole heraus.
„Wollen Sie sich zur Wehr setzen und Spektakel machen, oder kommen Sie ruhig mit, Soapy?"
„Ich komme mit", entgegnete der Verbrecher mit philosophischer Ruhe und streckte ohne weiteres seine rechte Hand aus, um sich fesseln zu lassen.
„Sie sind also nicht Cole, sondern Brewer?"
„Erraten, mein Junge. Vor allem werde ich Ihnen erst einmal alle Nachschlüssel und Dietriche abnehmen, die Sie bei sich haben, ferner den Schlüssel zum Geldschrank und den Schlüssel zu dieser Tür."
„Ich dachte, Sie wären in Portsmouth?"
„Glauben Sie denn, daß Sie mich mit einem so einfachen Trick hereinlegen können?"
„Aber Sie haben doch mit Mrs. Campbell telefoniert."
„Ich wußte zufällig, daß Mr. Campbell sowieso nach Portsmouth fahren mußte, und Sie haben es wahrscheinlich auch gewußt. Kommen Sie mit, Soapy. Sie werden wieder ein paar Jahre in Dartmoor sitzen."
„Die Verbrecher hatten sich die Sache leicht gemacht; der Trick ist schon früher angewendet worden", erklärte Bob dem Direktor der Versicherungsgesellschaft. „Der erste Einbruch war natürlich nur vorgetäuscht, um
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