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072 - Die Rache des Magiers

072 - Die Rache des Magiers

Titel: 072 - Die Rache des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Earl Warren
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Marie Walter erwähnte nichts von den übernatürlichen Geschehnissen, die letztlich zum Tod des Bankiers geführt hatten, und erst recht nichts von dem Pakt, in den sie an seiner Stelle eingetreten war.
    „Die nächsten paar Tage muß der gläserne Sarg mit der toten Irene Kronberger wohl noch im Hause bleiben“, sagte Dr. Sorell, ehe er Marie Walter in dieser Nacht verließ. „Ihn jetzt beizusetzen, während die öffentliche Aufmerksamkeit diesem Hause gilt – Kronberger war ja ein bekannter Mann – ist nicht ratsam. Warten wir ab bis nach der Bestattung.“
    Marie nickte. Dr. Sorell hatte ihr eine starke Beruhigungsspritze gegeben, da sie völlig aufgelöst war und an allen Gliedern zitterte. Marie war nun sehr müde und apathisch.
    „Du schließt das Zimmer ab und läßt keinen hinein, Tante Marie. Später sehen wir dann weiter.“
    Marie Walter schlief ein paar Stunden. Während dieser Zeit geschah nicht viel. Yvonne, der Chauffeur und der Gärtner wußten Bescheid. Doch noch war nichts nach außen durchgesickert.
    Als Marie Walter erwachte, rollte eine wahre Lawine auf sie zu. Edgar Kronbergers plötzlicher Tod brachte eine Menge Formalitäten mit sich. Ein Berg von Papieren und Urkunden war zu unterzeichnen oder umzuschreiben. Da außerdem Marie Walter Edgar Kronberger beerben sollte, kam aus dieser Richtung noch viel mehr auf sie zu.
    Sie wandte sich an ein angesehenes Anwaltsbüro und beauftragte es mit der Wahrung ihrer Interessen. Die Anwälte waren mehr als zuvorkommend und dienstbeflissen, als sie sahen, welchen Goldfisch sie da an der Angel hatten.
     

     

Mit Hilfe des Anwaltsbüros lief alles reibungslos. Kronbergers Frau kam von der Nordsee angereist. Sie spuckte Gift und Galle, nannte Marie eine Erbschleicherin, beschuldigte sie gar, den Bankier umgebracht zu haben. Sie wollte sie verklagen und bis ans Ende ihrer Tage ins Zuchthaus bringen. Doch laut Auskunft des Anwaltsbüros hatte sie wenig Aussicht, mit der Anfechtung des Testaments durchzukommen.
    „Sie waren geschieden, und Kronberger hatte sie abgefunden“, sagte der weißhaarige Senior des Anwaltsbüros. „Damit hat es sich. Sie können der Testamentsvollstreckung mit Ruhe entgegensehen, gnädige Frau. Im übrigen können Sie immer auf mich und meine Mitarbeiter zählen. Was wir nicht für Sie regeln können, werden wir in die besten Hände legen. Ich darf mich dann verabschieden, gnädige Frau.“
    Der Senior, ein Kavalier der alten Schule, küßte galant Marie Walters Hand, ehe er die Villa verließ und in sein Büro zurückfuhr.
    Ein reges Kommen und Gehen begann in der Villa, in deren Erdgeschoß Edgar Kronberger aufgebahrt lag. Beileidstelegramme, Kränze und Karten aus allen Teilen der Welt, wo Kronberger Geschäftsverbindungen – und freunde gehabt hatte, trafen ein. Endlose Kondolenzen begannen. Es war unglaublich, wie viele Menschen der Bankier gekannt hatte und wie viele von seinem Tod betroffen waren.
    Drei Tage nach seinem plötzlichen Tod wurde Edgar Kronberger auf dem Nordwestfriedhof im Familiengrab beigesetzt. Es war eine riesige Beerdigung. Die halbe Finanzwelt war erschienen, Abgesandte ausländischer Konzerne, Größen aus Politik und Wirtschaft. Viele Ansprachen wurden am Grab gehalten, unter anderem von Loderer und Dr. Müggenburg.
    Dr. Müggenburg war Kronbergers Nachfolger geworden. Nichts lag ihm ferner als Trauer. So geht es, dachte er, als er nach Abschluß seiner ergreifenden Trauerrede vom offenen Grab wegtrat und die ernsten Gesichter rundum sah: Des einen Tod, des anderen Brot.
    Die eigentliche Grabrede hielt ein Abgesandter des bischöflichen Ordinariats. Während Marie Walter, die in der vordersten Reihe der Trauernden stand, ihm zuhörte, musterte sie die Umstehenden.
    Plötzlich erstarrte sie. Zwischen den Trauergästen erblickte sie ein bekanntes Gesicht. Unter der breiten Krempe eines altmodischen, schwarzen Hutes funkelten glühende Augen sie an. Das Gesicht war bleich wie das einen Toten, ein triumphierendes Lächeln spielte um die schmalen Lippen. Der Mann trug einen steifen, weißen Kragen.
    Es war kein anderer als der schreckliche Kleine, den Marie bei Sophie Ardel und im Totenzimmer gesehen hatte. Sie griff nach Klaus Sorells Arm, der direkt hinter ihr stand.
    „Dort, Klaus, in der zweiten Reihe, siehst du ihn?“
    „Dort stehen viele“, flüsterte der junge Arzt. „Wen meinst du?“
    „Den kleinen, bleichen Mann mit dem schwarzen Hut und den glühenden Augen, der dort hinter der

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