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0729 - Die Bestien von Las Vegas

0729 - Die Bestien von Las Vegas

Titel: 0729 - Die Bestien von Las Vegas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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des Schamanismus, wie ihn unsere Volksstämme praktizierten und vereinzelt heute noch pflegen. Er ist der Enkelsohn Wovokas, wenn Ihnen dieser Name etwas sagt?«
    »Aber natürlich! Wenn man sich mit Knotenpunkten und Parallelen zwischen uramerikanischer und biblischer Mythologie beschäftigt, stößt man zwangsläufig auf Wovoka«, erwiderte Zamorra und verfiel ein wenig ins Dozieren: »Wovoka war Paiute, und man könnte ihn als indianischen Propheten bezeichnen. 1888 erkrankte er und behauptete, Gott sei ihm in Fieberträumen erschienen und habe ihn beauftragt, seinen Brüdern den so genannten Geistertanz beizubringen. Dieses Ritual sollte den Indianern ihr ursprüngliches Land wiederbringen, sie mit ihren Vorfahren vereinen und ihnen ein Leben in Frieden und Wohlstand sichern. Daraufhin sahen viele in ihm ihren Messias. Dieser Kult hielt sich bis zur Verhaftung und Ermordung von Sitting Bull und dem Massaker am Wounded Knee. Danach versiegte nicht nur Wovokas Einfluss, auch seine Spur verliert sich…«
    »Er beschäftigte sich in den Folgejahren eingehender mit dem Schamanismus und starb Anfang der dreißiger Jahre«, schloss Strongtree diese Lücke notdürftig. »Soweit ich weiß, wollte er seinen Enkelsohn, Ben Yellowhorse, zu seinem Erben machen, aber dessen Vater war dagegen, dass sich sein Sohn mit diesem ›Hokuspokus‹ abgab, wie er es genannt haben soll. Nach dem Tod seines Vaters hat Yellowhorse sich dennoch mit dem Schamanismus und dem Erbe seines Großvaters befasst - es war wohl seine Bestimmung.« Er lächelte - unergründlich, wie Zamorra fand - und fügte dann hinzu: »So wie viele von uns früher oder später ihre Bestimmung erkennen und ihr folgen, lieber Professor.«
    Ein komischer Kauz, dachte Zamorra, lächelte jedoch nur zurück, ohne weiter auf diese Andeutung einzugehen.
    »Ist Mister Yellowhorse erkrankt?«, fragte er und hielt Strongtree die Tür aus dem Restroom auf.
    Strongtree hob im Hinausgehen die kräftigen Schultern. »Wer weiß? Er ist einfach nicht gekommen. Vielleicht sehe ich heute Abend noch oder morgen einmal nach ihm. Er wohnt ja nicht weit von hier - knapp fünfzig Meilen nordöstlich von Vegas, in Moapa.«
    Draußen auf dem breiten Gang standen noch Kongressteilnehmer in Grüppchen beisammen und unterhielten sich. In éiner knappen Stunde wollte man sich zu einem gemeinsamen, zwanglosen Dinner treffen. Zamorra hätte gerne daran teilgenommen, wollte es aber von Nicoles Plänen abhängig machen.
    Und als wäre der bloße Gedanke an seine Lebensgefährtin das Stichwort gewesen, geschah es!
    Zamorra gab sich Mühe, nicht zusammenzuzucken.
    Fletcher Strongtree musste sein leises Erschrecken dennoch bemerkt haben, denn er legte ihm leicht die Hand auf die Schulter und fragte: »Alles in Ordnung, Professor?«
    Zamorra nickte, murmelte ein kaum verständliches »Hab was vergessen«, und wandte sich wieder der Tür zur Herrentoilette zu. In der Bewegung tauchte seine Hand unters Jackett, die Finger tasteten auf Brusthöhe umher -und fanden nichts unter dem Hemd.
    Er hatte sich also nicht geirrt: Merlins Stern war verschwunden!
    Und das konnte nur bedeuten, dass Nicole das Amulett zu sich gerufen hatte. Was wiederum hieß, dass ihr Gefahr drohte - eine Gefahr, gegen die sie sich Hilfe von Merlins Stern versprach oder erhoffte. Es war also Magie im Spiel.
    Zamorra hatte das Gefühl, die Temperatur um ihn her sinke um etliche Grade. Er fröstelte.
    Er drehte sich wieder zu Dr. Strongtree um - oder vielmehr: Er wollte es tun -doch Fletcher Strongtree war verschwunden.
    Spurlos. Und das binnen drei, allenfalls vier Sekunden…
    Wirklich, dachte Zamorra noch einmal, ein komischer Kauz…
    Und ein bisschen unheimlich, ergänzte eine Stimme in ihm - der er nicht widersprach…
    ***
    Hätte er an Zufälle geglaubt, würde er dies einen solchen genannt haben, aber Fletcher Strongtree glaubte nicht an Zufälle. Und so betrachtete er es auch nicht als Zufall, dass sich Zamorra just in dem Moment abwandte, als es in ihm, Strongtree, erwachte, sich in seinen Ketten aufbäumen wollte - was es indes nicht konnte Nicht, so lange er es nicht zuließ.
    Hätte Zamorra ihn jedoch in diesem Augenblick angesehen, wie er es vor Sekundenfrist noch getan hatte, wäre es dem Professor unmöglich entgangen, dass etwas in ihm vorging. Und vielleicht hätte auch das magische Amulett, von dem Strongtree wusste, darauf angesprochen - eine Gefahr, die auch jetzt, da Zamorra ihm den Rücken zukehrte, längst

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