0732 - Schattenreiter
überreizten Nerven einen Streich gespielt hätten. Er wollte sich schon wieder zurückziehen, überlegte es sich aber anders, rieb über seine Augen und beugte sich dann so weit wie möglich aus dem Fenster.
Kein Irrtum.
Die Schatten waren da.
Sie huschten, sie waren schnell, sie bewegten sich mit einer absoluten Lautlosigkeit, als hätten sie Furcht davor, mit ihren Beinen den Boden zu berühren.
Bill Conolly konnte nicht erkennen, um welche Schatten es sich handelte. Waren es Reiter? Waren es einfach nur Nebelspiele, weil der Wind dort auffrischte?
Er hatte keine Ahnung, aber er wartete, und sein Gefühl sagte ihm, daß er nicht vom Fenster weggehen durfte.
Die Schatten veränderten sich, wechselten mit dem Wind.
Bill spürte plötzlich in seinem Magen die dicke Faust. Sie klebte darin fest. Er merkte, wie er eine Gänsehaut bekam.
Dann hörte er die Geräusche.
Zuerst dachte er an den Wind, der mit irgendwelchen nicht feststehenden Gegenständen spielte. Das aber war es nicht. Der Wind trug nur die Geräusche zu ihm heran. Sie selbst wurden von den Schatten verursacht, die sich auf die Burg zubewegten.
Dumpfes Grollen…
Bill beobachtete weiter. Das Grollen veränderte sich zu einem wummernden Stakkato, als wären mit Lappen umwickelte Trommelstöcke dabei, auf irgendwelche Unterlagen zu schlagen.
Und die Schatten waren schnell. Sie blieben in einer Linie, sie wehten förmlich über den Untergrund, und in diese Laute hinein peitschte ein anderes Geräusch.
Ein schrilles Wiehern!
Das konnte nur ein Pferd gewesen sein, auch wenn es sich noch leise und weit entfernt angehört hatte. Schattenreiter?
Bill wußte auf einmal Bescheid. Sein Blickwinkel war zudem günstig. Er konnte erkennen, daß sich drei Reiter der Burg näherten, und er erinnerte sich daran, daß es drei Männer gewesen waren, die ihre Schatten verkauft hatten.
Der Kreis schloß sich.
Bill wollte sich zurückziehen und Suko Bescheid geben, als ihm noch etwas auffiel.
Lichter.
Zwei tanzende, helle Augen, die von einem Fahrzeug stammten, das über einen hügeligen Weg fuhr und sich das Schloß als Ziel ausgesucht hatte. Das Fahrzeug war noch ziemlich weit entfernt. Wenn das Schloß tatsächlich sein Ziel war, würde es dieses später erreichen als die geheimnisvollen Reiter.
Auch Bill dachte nach und kam zu dem Entschluß, daß in dem Wagen wahrscheinlich eine gewisse Fabienne Stone saß, die ja von den Zirkusleuten erwartet wurde.
Sie war jetzt nicht wichtig. Er mußte sich um die geheimnisvollen Schattenreiter kümmern, denn die Entfernung zwischen ihnen und dem Schloß schmolz rasch.
Der Reporter war kein Feigling. Er hätte sich schon mehr als einmal lebensgefährlichen Situationen gestellt, was er hier allerdings erlebte, preßte eine gewisse Furcht in ihn hinein, und er begann, Schreckliches zu ahnen.
Das sah ihm ganz nach einem Angriff dieser unheimlichen Wesen aus.
In seinem Magen kribbelte es. Er zog sich zurück, schaute dabei noch nach draußen und bekam deshalb mit, wie sich die drei Schattenreiter bewegten.
Dies geschah synchron, und sie bewegten dabei nur ihre rechten Arme. Ihre langen Kutten gerieten in Wallung. Es sah so aus, als wollten sie etwas darunter hervorholen.
Was auch geschah!
Plötzlich strahlte in ihren Händen etwas auf. Auf Bill wirkte es so, als hätten sie lange Schwerter gezogen, die aus Griffen und blaßweißen Lichtklingen bestanden.
Mit diesen schlagbereiten Schwertern ritten sie auf das Schloß zu. Sie waren so nahe, daß sich Bill aus Furcht vor einer zu schnellen Entdeckung zurückzog.
Er hörte seinen eigenen Atem überlaut. Er wollte auch nicht nach Suko rufen, überlegte, fand aber keine Lösung, sondern beugte sich noch einmal nach vorn, was er in einem wahren Anfall an Mut tat.
Die Reiter waren verschwunden!
Bill wollte das nicht akzeptieren. Er schaute nach rechts, dann nach links, weil er damit rechnete, daß sie parallel zur Hauswand reiten würden, aber das war ebenfalls nicht der Fall. Es gab sie nicht mehr, sie mußten sich in Luft aufgelöst haben.
Oder aber…
Nein, an die Möglichkeit wollte Bill nicht denken. Er verbannte sie aus seinen Überlegungen.
Dafür schloß er das Fenster.
Mit langsamen Bewegungen drehte er sich um. Unter ihm knisterte die Plane. Nach dem anfahrenden Wagen hatte er nicht mehr geschaut, denn die unheimlichen schwarzen Gestalten auf ihren helleren Pferden waren jetzt wichtiger gewesen.
Bill durchquerte den kalten Raum. Unheimlich war ihm
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