0734 - Operation Gehirnwäsche
Immune verhielten, nur noch undeutlich in Erinnerung. Er war schon in jungem Alter zur OGN gestoßen und hatte den Aufbau der Organisation fast von Anfang an miterlebt.
Auf seinen Schultern ruhte die Verantwortung, im Falle eines aphilischen Angriffs die fürchterlichen Verteidigungswaffen einzusetzen, die die Lemurer als am weitesten fortgeschrittene Erzeugnisse ihrer militärischen Technologie in Porta PatQ installiert hatten - Waffen, von denen niemand genau wußte, ob ihr Einsatz nicht den ganzen Planeten aus seinen Fugen reißen werde.
Der Aufbruch vollzog sich ruhig und mit jener bitteren, schweigenden Entschlossenheit, die Menschen an den Tag legen, die bereit sind, für ihre Überzeugung auch in den Tod zu gehen. Sergio Percellar fiel es schwer, seine Ungeduld zu zähmen.
Von all denen, die auf Dutzenden von verschiedenen Wegen zur Oberfläche hinaufdrängten, hatte er den zwingendsten Grund, das Ziel so rasch wie möglich zu erreichen: Sylvia war in Gefahr.
So geschah es am 7. Oktober des Jahres 3580 allgemeiner (alter) Zeitrechnung, daß sich auf den unscheinbaren Ort Parkutta am Karakorum von allen Seiten her Gruppen von Menschen zubewegten, die zum Teil grundverschiedenen Weltanschauungen huldigten und einander todfeind waren. Von Nordosten her kam Heylin Kratt mit seinem Gefolge, aus ostsüdöstlicher Richtung näherte sich das eigenartige Gespann Leven Strout, Joupje Termaar und Artur Prax, und fächerförmig aus allen süd- bis südöstlichen Richtungen schließlich bewegten sich die Truppen der OGN auf das gemeinsame Ziel zu.
Obwohl niemand genau zu sagen vermochte, was sich in Parkutta abspielen würde, wenn die Feinde aufeinander trafen, waren sich die Verantwortlichen unter den Beteiligten darüber im klaren, daß es sich um eine Begegnung von historischer Bedeutung handelte. Von dieser Begegnung hing ab, ob die aphilische Regierung ihr monströses Vorhaben, das Bewußtsein der Menschen umzustülpen, weiterverfolgen konnte.
Von ihr hing ab, ob sich in einigen Jahren die Menschheit noch an ihre wahre Herkunft erinnern und damit eine vage Hoffnung auf die spätere Rückkehr gesunden Menschenverstandes bewahren oder ob sie sich für immer in die Fesseln der Aphilie verstricken würde.
Und Reginald Bull, der nach fast fünfzig Generationen Erfahrung weiter und illusionsloser dachte als die Mehrzahl seiner Mitmenschen, fragte sich gleichzeitig, was denn eigentlich „für immer" bedeute. Hing nicht über der Erde die Drohung, in den Hyperschlund am Ende des Mahlstroms gerissen zu werden, auf den die Sonne Medaillon mitsamt ihren Begleitern mit ständig wachsender Geschwindigkeit zueilte? Hatten nicht die gegenwärtigen Machthaber aus Furcht, die Aphilie zu verlieren, bewußt das Risiko des Sturzes in den Schlund auf sich genommen und jeden, der davon sprach, die Menschheit durch Evakuierung auf eine andere Sauerstoffwelt zu retten, als Verräter gebrandmarkt?
Welche Hoffnung aber gab es überhaupt noch für die Menschheit, falls sich der Sturz in den Hyperschlund als unausweichlich erwies? Früher, in den Jahren der Ploohn-Kriege, hatten die Kriegsschiffe der beiden gegnerischen Raumflotten den Schlund und sein Widerpart, den Kontraschlund am Rande der Ploohn-Galaxis, als ein bequemes, von der Natur erschaffenes Transmittersystem benützt. Niemand konnte sagen, ob der Schlund noch immer nur eine harmlose Transmitteröffnung war, und erst recht konnte sich niemand vorstellen, daß ein ganzer Planet mit Milliarden von Lebewesen darauf den Sprung durch einen solchen Transmitter ebenso unbeschädigt überstehen würde wie ein Raumschiff.
Was aber, wenn das Ende der Menschheit wirklich unmittelbar bevorstand, bedeutete es, ob die Menschen mit ihrer natürlichen Erinnerung oder einer künstlichen, aufgepfropften in den Tod gingen?
Nichts!
Und dennoch war Reginald Bull bereit zu kämpfen.
7.
Sylvia Demmister und Ranjit Singh wurden in die Stadt gebracht. Als allmächtigtem Beauftragten der Regierung von Terrania City standen Prakhut Sassar sämtliche Einrichtungen der örtlichen Polizei zur Verfügung. Die beiden Gefangenen wurden zunächst gemeinsam in eine kleine, fensterlose Zelle gesperrt, deren einziger Zugang trotz der hinterwäldlerischen Abgelegenheit von Parkutta über ein solides Elektronikschloß verfügte. Ihre Waffen und die PIK-Sonderanfertigungen hatte man ihnen abgenommen.
In der Zelle wagten sie nicht, miteinander zu sprechen. Es war nahezu sicher, daß es hier
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