0738 - Luzifers furchtbares Erbe
gewöhnlich umschaute.
»Spürst du was?« fragte ich ihn.
»Keine Ahnung.«
Ich ließ nicht locker. »Aber etwas ist doch anders - oder?«
Suko lächelte. »Willst du mich testen?«
»Nein, doch es kann sein, daß wir beide den gleichen Eindruck haben.«
»Was sollte mich denn beeindruckt haben?« fragte er.
»Vielleicht die Stimmung…?«
Er lachte, was ziemlich unecht klang. »Ja, das ist sogar möglich. Auch mir paßt so einiges nicht, aber das spielt keine Rolle.«
»Wieso sagst du das?«
Er winkte ab. »Ich möchte mich einfach nicht mehr von Gefühlen leiten lassen. Ich denke nichts mehr. Ich will nicht wissen, auf was wir treffen. Ich will nur eines. Mich diesen verdammten Kreaturen stellen, und dann will ich ausprobieren, ob sie es auch schaffen, gegen meine Dämonenpeitsche resistent zu sein.«
»Ein löblicher Vorsatz.«
»Mehr kann ich nicht tun.«
Suko hatte mit einem harten Stimmenklang gesprochen, und jetzt schüttelte er den Kopf.
Himmel, so kannte ich ihn nicht. Das Wissen um diese uralte, aber für uns neue Dämonenart mußte in seinem Innern nagen wie die Zähne einer Ratte.
Jiri Sabka bestärkte ihn noch, indem er sagte: »Es wird für uns nicht einfach werden.«
»Kann ich mir denken.«
»Wir sollten zusammenbleiben, John, denn nur ich kann sie sehen, nur ich. Nichts gegen Ihr Kreuz, aber wollen sie es jedem Menschen vor die Nase halten und ihn damit berühren?«
»Das nicht.«
»Dann bleiben wir als Gruppe.«
Auch er hatte nicht mehr so verbindlich gesprochen wie sonst. Seine Stimme hatte einen scharfen Unterton bekommen. Ihn schien eine gewisse Furcht umklammert zu haben, sie war mit unsichtbaren Armen da und hielt ihn gefangen.
Ich schaute nach vorn.
Die breite Scheibe ließ mir genügend Platz. Es schneite zum Glück nicht, doch die Wolken sanken immer tiefer. Ihr Grau schien uns ersticken zu wollen.
Auch der Schnee hatte die Farbe angenommen. Er lag nicht mehr auf der Fahrbahn, er wurde auch von keinen Reifen aufgewirbelt, so daß die Flocken sich nicht an der Scheibe festsetzen konnten, um unsere Sicht zu verschlechtern.
Manchmal hatte ich den Eindruck, in die Dämmerung oder sogar schon in die Nacht hineinzuschauen, das war wohl nur Einbildung, weil irgendwo da vorn etwas auf uns lauerte, mit dem wir noch nicht zurechtkamen.
Wir schwiegen.
Die Straße senkte sich.
Kehren hatten sich gebildet. Manche glatt und normal, andere mit einer dünnen Schicht aus Schnee bedeckt, die wie ein fein gesponnenes Leichentuch wirkte.
Wenn ich alles in Betracht zog, was ich erfahren hatte, konnte ich das Gefühl bekommen, dem Ende der Welt entgegenzurollen.
Von der rechten Seite her schob sich ein Hügel - schon ein kleiner Berg - heran. Er war so hoch, daß ich die Spitze nicht sehen konnte, aber ich erkannte seine von grauem Schnee bedeckte Flanke, über die der Wind strich, so daß sich hin und wieder kleine Körner wie Sandwolken lösten und durch die Luft wirbelten.
Aus der dicken, pappigen Masse wuchsen kahle Krüppelbäume hervor. So blattlos erinnerten sie mich an tote Monster, die ihre Arme ausgestreckt hatten, als wollten sie noch während des Sterbens nach einem Halt suchen.
Bäume, die Wind und Wetter ausgesetzt worden waren und deshalb so kahl wirkten.
Der Berg warf einen Schatten. Er drängte sich durch die Scheiben in unser Fahrzeug. Er war wie ein Vorbote des zu erwartenden Grauens und trübte unsere Stimmung noch mehr ein.
Schneekörner wirbelten plötzlich gegen die Scheibe. Es prasselte wie ein kurzer heftiger Schauer.
Die Wischer fegten sie sehr bald zur Seite, so daß die Sicht wieder frei war.
»Wenn wir den Berg umrundet haben, dann werden wir Garsdale Head sehen können. Der kleine Ort liegt in einem ziemlich weiten und breiten Tal, in dem es auch genügend Wald gibt, sogar kleine Bäche, herrliche Wiesen, wo Sie einen Sommer wie im Märchen erleben können, wo der Winter aber zum Alptraum wird.«
Sabka brauchte dem nichts hinzuzufügen, wir spürten selbst einiges von der anderen und unheimlichen Atmosphäre, die uns entgegenwehte. Die Kante des Berges rückte jetzt so dicht an die Fahrbahn heran, daß die schräg aus dem Schnee wachsenden Bäume mit ihren Astspitzen die Außenhaut des Fahrzeugs erreichten und über sie hinwegkratzten. Es hörte sich an, als hätten sich eingefrorene Leichen zur Begrüßung aufgestellt, um mit ihren kratzigen Eisfingern einen Willkommensgruß zu entbieten. Trotz des wärmenden Pullovers rann eine, Gänsehaut über
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