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074 - Der Sohn des Zyklopen

074 - Der Sohn des Zyklopen

Titel: 074 - Der Sohn des Zyklopen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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Wände waren für ihn ein Hindernis.
    Er sah durch das Glas hindurch und durchforschte das, was dahinter lag. Es dauerte nicht lange, bis er seinen Vater zwischen den Bäumen auftauchen sah. Dieser warf den fremdartigen Kreisel in hohem Bogen fort und kehrte schleunigst wieder zum Haus zurück.
    Tirsos durchdringender Blick erforschte das Gelände, bis er den Kreisel entdeckte. Er lag ganz harmlos in den Büschen. Wie schön er war! Es war das allerliebste Spielzeug, das er je gesehen hatte. Es gab nichts auf der Welt - oder besser gesagt, in Tirsos kleiner, von Steinmauern umgebener Welt. -, das mit diesem Kreisel vergleichbar gewesen wäre.
    Tirso wünschte ihn zu sich. Und der Kreisel stieg aus den Büschen hoch und schwebte zum Haus zurück. Der Kreisel konnte fliegen! Tirso brauchte es sich nur zu wünschen, und das Spielzeug flog, ganz ohne Flügel.
    Es entstand ein helles, singendes Geräusch, als der Kreisel gegen das Kellerfenster stieß, aber es kostete Tirso nicht viel Mühe, ihn das Hindernis überwinden zu lassen. Der Kreisel glitt ganz einfach durch das Glas hindurch - und dann hielt Tirso ihn in Händen.
    Aus der Nähe betrachtet war er noch viel faszinierender. All die vielen, vielen Zeichen und Figuren auf seiner Hülle gaben ihm etwas Geheimnisvolles. Und er war so leicht, hatte praktisch kein Gewicht.
    Tirso gab ihm einen Stoß, worauf er dem Boden zustrebte. Er selbst kletterte vom Regal und dann vom Tisch auf den Boden. Er war schneller als der Kreisel und konnte ihn auffangen, bevor er gegen ein Hindernis stieß. Tirso gab ihm einen weiteren Stoß, so daß er sich um seine Achse zu drehen begann und die Richtung änderte.
    Tirso schlüpfte unter die Bettdecke und nahm den ihm folgenden Kreisel in Empfang.
    „Hallo, Tirso!" sagte die kleine Fee, die plötzlich bei ihm auf der Bettdecke saß.
    Sie hatte die Gestalt einer erwachsenen Frau, doch war sie nicht größer als der Kreisel.
    „Hallo!" erwiderte Tirso. Er war ganz atemlos vor Überraschung. „Wer bist du denn?"
    „Ich heiße Dula und bin deine gute Fee", antwortete die kleine Puppe. „Wenn du es willst, werde ich fortan bei dir bleiben. Du brauchst mit dem Kreisel nur irgend etwas zu tun - und schon bin ich bei dir und erfülle dir jeden Wunsch. Von nun an brauchst du dich vor nichts mehr zu fürchten. Ich werde dich beschützen."
    „Kannst du auch tanzen?"
    Dula lachte vergnügt. „Tanzen, singen und turnen."
    Als sie ihren winzigen Mund öffnete, sah es Tirso darin gefährlich blitzen.
    „Und warum hast du so lange, spitze Zähne?" fragte er fröstelnd.
    „Die brauche ich, damit ich dich besser beschützen kann. Soll nur ja keiner versuchen, dir etwas Böses anzutun!"
    Tirso zog die Decke bis übers Gesicht, so daß nur sein Auge hervorsah. Ein bißchen unheimlich war ihm diese Fee schon.
    Plötzlich fuhr er hoch und setzte sich steif auf. Sein Zyklopenauge schien in unendliche Fernen zu blicken.
    „Vater!" entfuhr es ihm. „Er kommt in den Keller, um nach mir zu sehen. Versteck dich, Dula! Ich werde mich schlafend stellen."
    Tirso schob den Kreisel unter sein Kissen und legte sich auf den Rücken. Er schlief immer mit offenem Auge, also schloß er es auch jetzt nicht.
    Kurz darauf war das kaum hörbare Geräusch der sich öffnenden Tür zu vernehmen. Kerzenschein fiel ins Zimmer. Tirso hielt den Atem an.
    Sein Vater kam hereingeschlichen.
    Die Kerze über den Kopf haltend, starrte er direkt in Tirsos Auge. Dann stellte er die Kerze auf dem Schrank ab und kam zum Bett.
    Tirso bemerkte die blitzschnelle Bewegung seines Vaters, wußte jedoch nicht sofort, was sie zu bedeuten hatte. Doch dann sah er den Kreisel in seiner Hand. Das Gesicht seines Vaters war vor Wut verzerrt und rot angelaufen."
    „Nein!" Tirso bäumte sich auf und rang mit seinem Vater um den Kreisel. „Du darfst ihn mir nicht wegnehmen. Es ist mein liebstes Spielzeug."
    „Das werden wir ja sehen", schrie sein Vater. „Bei Gott, ich werde mich von dir Mißgeburt nicht ewig tyrannisieren lassen!"
    Tirso spürte, wie ihm die Tränen heiß ins Auge stiegen.
    „Wirst du gehorchen, verdammter Bastard!"
    So hatte Vater noch nie zu ihm gesprochen. Tirso ließ den Kreisel los. Die Tränen überschwemmten sein Auge, so daß er alles nur verschwommen sah. Er erkannte gerade noch, wie ein winziger Schatten über die Bettdecke huschte und seinem Vater ins Genick sprang. Dieser schrie markerschütternd auf, ließ den Kreisel los, der wild rotierend fortschwebte, und

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