0741 - Im Haus der Ghouls
aus deren Öffnung wieder Blut strömte.
Sie drehte sich um.
Sie ging zurück.
Ihre Schwester erwartete sie. »Und?« fragte Agatha.
Agnetha kicherte, bevor sie die Antwort flüsterte. »Sinclair ist schon so gut wie tot…«
***
Ich war nicht zum erstenmal die Treppe hinabgestiegen, um das Erdgeschoß zu erreichen, doch auch jetzt kam mir alles so fremd vor. An dieses Haus würde ich mich nicht gewöhnen können und wenn ich hier zehn oder mehr Jahre lebte.
Es war einfach anders.
Es paßte nicht in meinen Kram, und es war mir - das gab ich gerne zu - auch zu ruhig.
Hier wohnten verschiedene Mieter mit verschiedenen Temperamenten, aber sie hielten sich alle zurück. Es war niemand zu hören. Keine laute Stimme, kein Lachen, nicht einmal Musik. Sie alle schienen eingeschlafen zu sein.
Sehr seltsam.
Mir kam es vor, als hätte sich eine Drohung über dieses Haus gelegt, die noch abwartete, um irgendwann, in naher oder weniger naher Zeit, zuschlagen zu können.
Ich erreichte das Erdgeschoß. Die letzten Stufen schritt ich noch langsamer hinab. Es gab äußerlich keinen Grund dafür, da hatte mich mein Inneres gewarnt, doch ich hatte einfach das Gefühl, alswäre jemand dabei, mich zu beobachten.
Eine Warnung…?
Vor der letzten Stufe blieb ich stehen. Das Haus war tot, und es lebte trotzdem. Die Düsternis im Treppenflur gefiel mir nicht. Die Wände bestanden aus starr gewordenen Schatten, über die sich wieder hellere Schatten hinwegzogen, als wollten sie mir klarmachen, daß alles nicht so schlimm war.
Ich schaute hoch zur Decke.
Sie lag schwach und irgendwie schummrig über mir. Ein Himmel ohne eine Spur von Glanz.
In diesem Haus regierte die Angst. Sie hatten ihren Platz zwischen den Mauern und Wänden gefunden und auch die hier lebenden Menschen erreicht, denn sonst wäre es nicht so still gewesen.
Sie warteten auf etwas.
Ich aber nicht, denn ich wollte mir noch immer den Keller genauer anschauen.
Meine Gedanken drehten sich wieder um die beiden Schwestern. Als normal aussehende Menschen konnten sie gut und gern in einer normalen Wohnung leben, ohne bei den anderen aufzufallen. Was aber war mit ihnen, wenn sie sich in die schleimigen Monstren verwandelten, wie sie für Ghouls so typisch sind?
Dann konnten sie nicht mehr in der Wohnung bleiben, ohne nicht in Gefahr zu laufen, überrascht zu werden. Da mußten sie sich schon etwas einfallen lassen. Sich ein Versteck suchen, und dieser Keller, davon ging ich aus, bot sich an.
Ich machte mich auf den Weg.
Das Gefühl blieb. Es kribbelte in meinem Nacken. Wurde ich beobachtet? Es war niemand zu sehen gewesen, ich hatte auch nichts gehört und traute mich auch nicht, über die Schulter zu schauen, da ich mich nicht lächerlich machen wollte.
Dann sah ich die Kellertür wie einen Schatten in der Wand. Sie schien mir eine Warnung entgegenzusenden, doch von diesen nicht bestätigten Dingen hatte ich mich noch nie aufhalten lassen.
Ich öffnete sie.
Leider nicht lautlos, aber das Geräusch verlor sich in der Weite des Treppenflurs hinter mir.
Ich schaute in den dunklen Schacht.
Er war nicht pechschwarz, mehr von einer tiefen Gräue erfüllt, die an und zwischen den Wänden zu kleben schien. Die Stufen erkannte ich nur schwach. Um nicht Gefahr zu laufen, die Treppe hinunterzufallen, mußte ich sie ausleuchten.
Den Strahl filterte ich durch die davorgelegte Hand. Seine Kraft reichte gerade noch aus, um als bleicher Schleier dem Verlauf der Stufen zu folgen.
Sie bestanden aus grauen Steinen und waren ziemlich hoch. Ein rostiges Eisengeländer begleitete sie an der rechten Wandseite schräg in die Tiefe.
Ich machte mich auf den Weg.
Schritt für Schritt überwand ich die Hindernisse. Ich stieg in den Keller wie in eine feuchte Gruft, die mit nassen, sehr dünnen Lappen ausgestattet war.
Eine widerliche Luft. Sie war kaum zu atmen, sie schmeckte nach alten Steinen, nach Staub und war mehr als klamm. Einige Male mußte ich mich schütteln.
Dann ging ich weiter.
Die Luft blieb so schlecht. Es gab nirgendwo ein Loch oder einen Abzug, wo sie ausgetauscht werden konnte. Der Gang war sehr breit geworden. Ich entdeckte Verschläge, hinter denen die schmalen Kellerräume der Mieter lagen.
In einige leuchtete ich hinein. Viele von ihnen waren leer. Ansonsten hatte sich dahinter nur Gerümpel angesammelt, das nicht einmal für den Sperrmüll gereicht hätte.
Bisher hatte ich nicht einmal die Hälfte des Kellers untersucht. Meine Lampe gab ein kaltes
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