0741 - Im Haus der Ghouls
gesprochen.
Er wußte nicht, wie er sich verhalten sollte, schielte auf das tragbare Funktelefon, dann auf mich und legte die Stirn in Falten. »Du paßt nicht zu uns, Meister.«
»Das haben Sie gesagt.«
»Wer bist du?«
»Ein Mieter.«
Er sah wohl ein, daß ich ihm nicht mehr sagen wollte, schaute mich noch einmal böse an und verschwand, worüber ich froh war und tief durchatmete. Eine gewaltsame Auseinandersetzung hätte ich zu diesem Zeitpunkt nicht brauchen können.
Eine erste Spur war also gefunden worden. Ich wollte dieses Wissen nicht für mich behalten und griff deshalb abermals zum Telefon. Diesmal rief ich Suko an.
»Es gibt etwas Neues bei dir«, sagte er, »das spüre ich.«
»Ja.«
»Laß hören.«
Ich setzte den Inspektor in Kenntnis, um anschließend mit ihm das weitere Vorgehen zu besprechen.
Es war nicht so, daß nur ich allein an dem Fall arbeitete, auch Suko hatte seine Aufgabe bekommen, sich bis jetzt allerdings zurückgehalten.
Wir gingen beide davon aus, daß die Ghouls bereits informiert waren und einfach etwas unternehmen mußten. Sie hatten sich bisher nur an Personen aus dem zweiten Glied gehalten. Das mußte sich einfach ändern, denn nun waren sie gezwungen, in die Offensive zu gehen, und da würden sie ähnlich handeln wie Menschen. Wir jedenfalls gingen davon aus.
»Es bleibt also bei dem, was wir besprochen haben, John?«
»Immer.«
»Und wenn es ein Lattenschuß wird?«
»Sagst du Bescheid. Aber daran glaube ich nicht. Ich bin schon der Ansicht, daß wir richtig liegen. Sollten die beiden Schwestern Ghouls sein und sollten sie ihren Plan beenden wollen, müssen sie einfach etwas tun. Sie können dann nicht warten, bis Young noch einen vierten Entmieter schickt. Daß er eine halbe Kompanie von Schlägern anrücken läßt, das wird er sich nicht trauen.«
»Denkst du.«
»Du nicht?«
Suko war skeptisch. »Das ist ein Profitgeier der übelsten Sorte, John. Der nimmt letztendlich alles in Kauf, um endlich zu einem Ziel zu gelangen. Daran glaube ich fest.«
»Dann ist er bei dir ja richtig.«
»Ich hoffe es.« Er räusperte sich. »Okay, ich melde mich dann später wieder.«
»Gut, viel Glück.«
»Ebenso.«
Das war erledigt. Ich schaute auf den kleinen High-Tech-Apparat und beschloß, ihn einzustecken.
Er verschwand in meiner linken Jackentasche.
Dann dachte ich über mein weiteres Vorgehen nach. Ich konnte mich zwar nicht in die Lage der Ghouls hineinversetzen, ging aber davon aus, daß sie sich an bestimmte Regeln hielten. Auch wenn sie sich mehr als Menschen auswiesen, steckte das Dämonenhafte doch stark in ihnen, und sie brauchten praktisch einen Platz für beides.
Ich kam auf den Keller.
Er gehörte zu diesem Haus. Er war groß, er war düster und unheimlich. Ob er auch die entsprechenden Verstecke bot, konnte ich nicht sagen. Ich war noch nicht dazu gekommen, ihn genauer unter die Lupe zu nehmen. Das aber wollte ich so schnell wie möglich nachholen…
***
Agatha Sarrazin war aufgestanden. In ihrer Hand hielt sie ein weißes Taschentuch. Damit tupfte sie die blutenden Lippen ihrer Schwester ab, die völlig ruhig auf einem Stuhl saß. Als Agatha das Tuch zurückzog, war es an bestimmten Stellen hellrot.
»Gut jetzt?«
»Ja.«
Agnetha holte tief Luft. »Ich will es ja nicht, aber ich blute immer, wenn ich mich aufrege.«
»Es ist dein Pech.«
»Wir haben beide Pech gehabt.«
Die Schwestern schwiegen, denn jede wollte darüber nachdenken und gewisse Fakten sortieren. Es war in der letzten Zeit nicht gut gelaufen, das stimmte schon. Sie hatten drei Opfer bekommen, aber es war der falsche Weg gewesen. Die drei Verschwundenen hatten den großen Staub im Untergrund aufgewirbelt, denn auch wenn die Polizei offiziell nichts mehr tat, sie war noch am Ball.
»Sinclair«, sagte Agnetha.
Ihre Schwester nickte. Sie zupfte an einer gestickten Decke und schob sie über den Tisch. »Was ist mit ihm?«
»Er ist gefährlich.«
»Kann sein.«
»Es kann nicht nur sein, es ist eine Tatsache. Ich hab' es deutlich gespürt. Der ist gekommen, um uns eine Falle zu stellen oder um uns zu vernichten. Deshalb müssen wir ihm einfach zuvorkommen, wenn du verstehst. Wir müssen schneller sein.«
»Wie denn?«
Agnetha holte tief Luft. Sie öffnete dabei den Mund. In dem Oval waren plötzlich Schleimfäden zu sehen, die sich wie ein kleines Gitter zwischen die Lippen gelegt hatten. »Hast du das bei den ersten beiden auch gefragt? Sinclair muß diesen Weg gehen.«
Die
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