0741 - Im Haus der Ghouls
Spinnennetz auf seinem Gesicht.
Dieses Haus war die Höhle des Löwen!
Er ging in den Flur.
Er hörte nichts.
Es war einfach zu still. Keine Musik, keine Stimmen, auch kein Geschrei. Zwischen den Wänden lastete eine schweigende Hölle. Hier war etwas passiert, hier würde noch etwas passieren, doch vorerst war nichts. Bis auf eine Kleinigkeit.
Der Geruch!
Ein ekliger Gestank, der aus den Wänden zu dringen schien. Muffig, widerlich, nach feuchten alten Kleidern stinkend, aber auch nach etwas anderem.
Ghoulgeruch…
Schwach nur, aber für einen Fachmann wie Suko durchaus wahrzunehmen. Er schluckte und hatte Sekunden später die Wohnungstür der beiden Schwestern erreicht.
Davor blieb er stehen.
Wieder hörte er nichts.
Keine Stimmen, die Wohnung schien leer zu sein. Auch Tritte waren nicht zu vernehmen, dafür hatte sich der Leichengeruch noch verstärkt. Und plötzlich bekam Suko Angst um Simon F. Young.
Mochte er sein, wie er wollte, er war ein Mensch!
Suko zögerte nicht mehr.
Er öffnete die Tür!
***
Ich sah den Ghoul nicht, aber er war da, denn ich konnte ihn sehr gut riechen.
Er bewegte sich durch den finsteren Keller, schob eine Wolke der Verwesung vor sich her, die sich intensivierte, je näher er an mich herankam.
Ich machte mich klein.
Die Beretta lag bereits in meiner rechten Hand. Es hatte noch keinen Sinn, sie einzusetzen. Ich sah kein Ziel, und es brachte nichts, wenn ich blindlings in die Gegend feuerte, auch wenn ich die Kugeln dabei streute.
Natürlich hätte ich die Lampe einschalten können, doch auch das ließ ich bleiben. Ich wollte den Ghoul noch näher an mich herankommen lassen.
Daß es eine der beiden Schwestern war, stand für mich fest. Drei Opfer hatten sie sich schon geholt, zumindest wußten wir davon. Wen sie noch alles hatten verschwinden lassen, war mir unklar, aber die Knochen im Schacht ließen Böses vermuten.
Ich hatte mich etwas zurückgedrückt, bis ich mit dem Rücken die Mauer berührte. Sie war feucht, auch sie stank, aber der Geruch war nichts im Vergleich zu dem des Ghouls.
Ich lauerte…
Noch befand er sich in einer gewissen Distanz zu mir und schickte mir nur die widerliche Wolke entgegen.
Ich hörte auch Tritte.
Keine normalen Schrittgeräusche. Wenn da jemand seinen Fuß auf den Boden drückte, erklang gleichzeitig ein Klatschen, als wäre eine Faust in Schlamm gestoßen worden.
Auch die Laute verstummten.
Es wurde wieder still.
Sekunden verstrichen.
Wir belauerten uns gegenseitig. Jeder wartete auf den anderen, daß dieser aus seiner Deckung hervorkam und endlich zum Angriff überging. Ich tat dem Ghoul den Gefallen nicht, weil ich den Nervenkrieg gewinnen wollte.
Und er verlor die Nerven.
Eine Stimme durchbrach die Stille wie ein zischendes und leicht schrilles Flüstern. »Sinclair«, sang es mir entgegen. »Ich weiß, daß du hier bist, Sinclair. Ich bin gekommen, um dich zu holen. Hast du gehört? Ich bin schon da.«
»Ja, ich rieche dich.«
Das Wesen lachte. Dabei produzierte es eine noch intensivere Pestwolke. »Jeder riecht uns, und das ist auch gut so. Dann wissen die Menschen, was ihnen bevorsteht.«
»Ihr habt die drei Männer getötet, nicht wahr?«
»Ja - und ob.«
»Warum?«
»Das Haus muß so bleiben. Es ist unsere Heimat. Wir wohnen hier. Von hier aus können wir unsere Reisen unternehmen. Wir kriechen in den Schacht, wir sind unangreifbar. So können wir wunderbar existieren. Das lassen wir uns nicht kaputtmachen, verstehst du?«
»In etwa.«
»Und du willst uns stoppen. Wir wissen das. Deshalb wirst auch du sterben müssen. Keiner darf unser Geheimnis erfahren. Wir leben für uns und in Ruhe.«
Ich hatte das Wesen reden lassen und mich auf die Richtung konzentriert, aus der die Stimme mir entgegenklang. Sie war von vorn gekommen, das stand fest, aber sie hatte einen sehr ungewöhnlichen Klang besessen, als läge zwischen ihr und mir noch ein Hindernis.
Ich versuchte mich daran zu erinnern, wie der Keller ausgesehen hatte. Bei meiner Ankunft hatte ich ihn im Schein der Leuchte gesehen, doch ein genaues Bild wollte einfach nicht entstehen. Ich hatte mir zu wenig gemerkt.
Das ärgerte mich.
Der Ghoul wartete. Über seine Motive wußte ich jetzt Bescheid. Nur war mir nicht klar, mit welcher der beiden Schwestern ich es zu tun hatte, und so schickte ich in die stinkende Dunkelheit vor mir meine Frage hinein: »Wer bist du? Agatha oder Agnetha?«
Kichern…
Mir reichte die Antwort trotzdem. Ich ging davon aus,
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