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0743 - Die Kinder des Adlers

0743 - Die Kinder des Adlers

Titel: 0743 - Die Kinder des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Austin Osman
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ohne wenigstens vorher eine Minute über die ganze Sache nachgedacht zu haben. Brasilien ist nämlich recht groß…«
    »Och, wirklich? Ich dachte, man könnte es zu Fuß in einem Tag durchwandern«, konterte Nicole bissig wie ein Kampfhund.
    Tendyke ließ sich nicht auf den gereizten Ton ein. Er spürte, wie schwer es Nicole fiel, ruhig zu bleiben.
    »Belem, den Ort hatte dieser Botanik-Direktor doch genannt, ist immerhin ein Ansatzpunkt«, stellte er sachlich fest. »Aber auch nicht mehr. Und wenn es um diesen Forscher geht, den du als den Schlüssel der ganzen Angelegenheit ansiehst, der wird sich weit in den Südwesten verzogen haben, vielleicht in das Grenzgebiet. Da findest du nur eine Landepiste im Urwald - wenn du Glück hast -, aber der Typ wird sich weiter durch den Busch geschlagen haben, um seine Untersuchungen durchzuführen. Du könntest also genauso…«
    »Ich weiß, was jetzt kommt«, unterbrach ihn Nicole. »Nämlich der völlig ausgelutschte Vergleich von der Nadel und dem Heuhaufen. Aber um die Diskussion abzukürzen - ich werde diesen Trichon mit oder ohne deine Hilfe suchen.«
    »Ich hätte mein Vermögen darauf gewettet. Aber wieso glaubst du, dass Zamorra überhaupt Hilfe braucht? Er hat bisher immer alle Schwierigkeiten weggebügelt.«
    »Ich spüre es. Nenne es, wie du willst… am liebsten wäre mir, wenn du weibliche Intuition dazu sagen würdest«, fügte Nicole mit dem Versuch, Humor zu zeigen, än. Dann wurde sie wieder ernst. »Er braucht dringend Hilfe, ich weiß es einfach.«
    »Hat er irgendwelche Waffen dabei? Seinen Koffer?«
    »Nichts, außer dem Amulett. Es war doch nichts als eine ganz lockere Untersuchung, nichts wirklich Ernsthaftes, nichts, wo man mit schwerem Gerät anrückt. Eigentlich hatten wir überlegt, ob wir einen Waldspaziergang machen sollten.«
    »Nun, diesen Waldspaziergang scheinst du ja jetzt nachholen zu wollen.«
    Ein dezentes Hüsteln unterbrach ihr Gespräch. Scarth, der Butler, hatte sich lautlos genähert und wartete nun in respektvollem Abstand auf die Erlaubnis, näher zu treten.
    »Nun, was gibt es?«, fragte Tendyke.
    »Sir, in Belem gibt es ein Institut Ronado Botillo, das dem naturwissenschaftlichen Museum Goeldi angeschlossen ist. Unsere Nachforschungen ergaben, dass ein Franzose namens Jean-Jacques Trichon vor einigen Wochen dort erschienen ist, auf Empfehlung eines französischen Partnerinstituts und im Übrigen ein alter Bekannter. Man beherbergte Trichon eine Weile, half ihm bei der Komplettierung seiner Ausrüstung und besorgte ihm einen Flug nach Manaus. Von dort wollte er sich nach Süden in Richtung Porto Velho aufmachen. Ab dann verliert sich seine Spur.«
    »Heißen Dank«, sagte Tendyke.
    Der Butler mit dem knochigen Gesicht verbeugte sich vornehm und zog sich zurück.
    »Ich hatte es befürchtet«, sagte Tendyke.
    »Was?«
    »Dass sich dein Trichon irgendwo in dieser grünen Wildnis verkriecht. Es war nicht anders zu erwarten.«
    Er starrte einen Moment lang vor sich hin, dann schlug er sich klatschend mit den Händen auf die Schenkel. »Was ist?«, rief er, »kommst du jetzt endlich in die Hufe oder brauchst du eine schriftliche Einladung, Gnädigste?«
    ***
    Die schwüle, fast greifbar feuchte Atmosphäre schien ihm die Kraft aus den Knochen zu saugen. Professor Zamorra stampfte mühsam die Rinne hinunter und versuchte dabei, seine Nervosität zu verbergen.
    Immer noch begleitete ihn das charakteristische Rascheln - manchmal direkt neben ihm, manchmal überholte es ihn, und er fragte sich, ob ihm ein Hinterhalt gelegt werden sollte.
    Manchmal verwirrten sich die Gedanken schon. Er glaubte, ein Kindergesicht zu erkennen, das ihn aus dem Blattwerk beobachtete.
    Zuweilen schufen die Sonnenstrahlen, die an wenigen Stellen durch das dichte Laubdach fielen, seltsame Formen und Gestalten. Zamorra erkannte einen Menschen, der vor ihm an einem Baumstamm lehnte, und wenn er sich näherte, löste sich der Mensch auf in Licht, Schatten und Blätter.
    Der Dämonenjäger stoppte. Vor ihm begann der Pflanzenwuchs zu schwinden. Die rötliche Erde leuchtete nackt am Boden der Rinne. Es war ein deutliches Zeichen, dass der Abstieg steiler wurde. Vorsichtig näherte er sich der Stelle. Tatsächlich, das bisher recht mäßige Gefälle ging vor seinen Füßen in einen Steilhang über. Für einen kräftigen Mann stellte dieser Abschnitt ein Hindernis dar, vielleicht ein Problem, jedoch keine ernsthafte Gefahr.
    Aber Zamorra war in diesem Augenblick nicht

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