0746 - Das ägyptische Grauen
erreichte. Auch wenn er gewollt hätte, in diesen Augenblicken hätte er nicht einmal sprechen können.
Es hätte ihn zudem nicht gewundert, wenn Cadi plötzlich hinter ihm erschienen wäre und versucht hätte, ihn zu killen.
Cadi war der Herrscher, Cadi war der Schatten, und Suko stellte sich die Frage, wie er es geschafft hatte, die drei Männer zu töten. Es sah so aus, als wären sie verbrannt worden.
Helle Asche füllte die Flaschen zur Hälfte. Als Suko eine Flasche gegen das Licht seiner Lampe hielt, entdeckte er nicht einmal Knochenstücke.
Er drehte sich um.
Ein Frösteln durchlief ihn. Das Kerzenlicht schien ihn höhnisch anzustarren, als würden selbst die Flammen diesem Teufel namens Cadi gehorchen. Er war der große Kontrolleur.
Konnte der Mann fliegen? Konnte er sich in Luft auflösen?
Suko wusste es nicht. Er glaubte zudem nicht daran und er stellte sich die Frage, wie er vorgehen sollte, um den Killer zu stoppen.
Cadi war ihm in allen Belangen überlegen. Diese Insel war sein Zuhause. Hier konnte er schalten und walten, und Suko würde immer nur zweiter Sieger bleiben.
Blieb er hier oder ging er besser nach draußen?
Was er auch tat, es konnte verkehrt sein. Sicherlich hielt Cadi die Hütte unter Kontrolle und wartete nur darauf, dass der Inspektor sie verließ.
Es war still geworden. Selbst das Rauschen der Brandung hörte er nicht.
Er schaute schräg aus dem Fenster. Ein leeres, vom Licht des Mondes beschienenes Gelände lag vor ihm. Darüber der Nachthimmel in seinem dunklen Grau.
Und da waren die Schatten.
Darüber wunderte sich Suko, denn sie hatte er vor einigen Minuten noch nicht gesehen. Zuerst dachte er an eine Täuschung. Er konzentrierte sich auf die bestimmten Stellen und stellte fest, dass sich die Schatten nicht verändert hatten.
Es waren derer zwei und sie wirkten kantig, wobei sie sich in der oberen Hälfte verbreiterten.
Schatten waren nichts Unnormales, es gab sie zuhauf auf der einsamen Insel. Suko störte sich nur an deren Formen und auch daran, dass er sie erst jetzt entdeckt hatte.
Er verließ das Haus. Der Entschluss war plötzlich in ihm hochgeschossen. Aber er nahm nicht den normalen Ausgang, sondern den an der Seite. Von dort aus konnten auch die hinteren Räume erreicht werden. Die Tür war schmal und duckte sich in den Schatten des Abhangs. Sie konnte erst bei genauen Hinsehen entdeckt werden.
Dass sie knarrte, ärgerte ihn. Die Brandung wütete auch weiterhin gegen das brüchig wirkende Felsgestein. Suko hörte die Laute sehr deutlich. Er fühlte sich von ihnen eingekreist, tappte einige Schritte nach vorn, um sich den Schatten zuzuwenden.
Sie waren verschwunden.
Zuerst wollte es Suko nicht glauben. Er blieb an der Hausecke stehen, den Kopf nach links gedreht, doch einen Schatten sah er nicht.
Der Boden musste ihn verschluckt haben. Das gab es doch nicht!
Hatte Cadi etwas mit den Schatten zu tun?
Suko ging einen Schritt nach vorn. Kalt fuhr der Wind gegen sein Gesicht. Über den Himmel wirbelten Wolken, der blasse Mond glotzte auf ihn herab.
Nächtliche Stimmung einer einsamen Insel im wilden Wasser des Kanals zwischen England und Frankreich.
Und noch steckte die Luft voller Gefahren. Suko nahm sie sehr genau wahr. Er war sensibel genug, um dies zu spüren. Cadi lauerte irgendwo in der Nähe, hielt ihn unter Kontrolle. Oder ließ er ihn von den Vögeln beobachten, die über Suko flogen und plötzlich aufgestiegen waren?
Möglich war alles, denn Cadi gehörte die Insel. Sie war sein Reich, hier konnte er schalten und walten.
Gefahr…
Suko spürte sie mit jeder Faser seines Körpers. Nur war er nicht in der Lage, sie zu lokalisieren. Dann sah er die Gestalt. Er hörte auch die Schritte, seine Hand näherte sich der Waffe.
»Hallo…«
Eine weiche Frauenstimme erreichte sein Ohr. Suko entspannte sich etwas. Die Gänsehaut verschwand von seinem Nacken. Er blickte nach links, wo er die Gestalt gesehen hatte. Sie stand noch höher als er, kam langsam näher, und Suko erkannte, dass sie tatsächlich eine Frau war. Eine Frau mit hellen Haaren, die ihre Arme um den Körper geschlungen hatte, weil sie in ihrem Kleid zu frieren schien.
Suko blickte ihr entgegen.
Die Frau sagte nichts. Kleine Steine knirschten unter ihren Tritten.
Sie zeigte keine Angst, gab sich völlig natürlich, und Suko fragte sich, zu welch einem Trick Cadi jetzt schon wieder gegriffen hatte, um ihn zu linken.
Sie hatte Suko längst gesehen, winkte ihm zu und blieb vor der
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