0748 - Maori-Zauber
kommt diese plötzliche Bescheidenheit, Herr Professor?«, fragte sie ironisch.
»Im Grunde ist Bescheidenheit eine meiner vielen sympathischen Charaktereigenschaften, auch wenn das selten geschätzt wird. Im vorliegenden Fall erklärt sie sich zusätzlich aus meiner Unfähigkeit, etwas wirklich Substantielles über das Thema ›Maori und Magie‹ herauszufinden.«
»Keine Literatur vorhanden?«
»Doch, das schon. Aber erstens schreiben die Autoren alle voneinander ab, und zweitens ist dieser zehnfach aufgekochte Kram uninteressant. Humbug, um es in schlichten Worten auszudrücken.«
»Und das beunruhigt dich«, stellte Nicole fest.
»Es ärgert mich.«
»Nein, es beunruhigt dich. Denn sonst hättest du dir gar nicht die Mühe gemacht, dich in dieses Thema einzuarbeiten.«
»Für dich als schöne junge Frau mag es ja unverständlich sein, aber alte Knacker meiner Kategorie brauchen zwischendurch auch ab und zu eine Entspannungsphase.«
»Es ist vielmehr dieser Huysmans, der dich beunruhigt, stimmt's?«, bohrte Nicole weiter.
Zamorra verzog das Gesicht und musste dann doch lächeln.
»Ich bin ertappt«, erklärte er theatralisch, um sofort wieder ernst zu werden. »Ich bin in der Tat etwas beunruhigt, was meinen alten Freund angeht.«
»Traust du ihm nicht über den Weg?«
»Ich weiß es selbst nicht. Ich habe ihn ja einige Jahre nicht gesehen. Bei seinem Besuch war mir bald klar, dass er sich verändert hat. Ich habe ihn nicht gefragt, aber es scheint ihm in den letzten Jahren nicht gut ergangen zu sein. Und er hat in gewisser Weise immer das verkannte Genie gespielt, bis er schließlich selbst daran glaubte.«
»Das muss nicht bedeuten, dass er zu den Satanisten gewechselt ist, Chef«, versuchte Nicole ihn zu beruhigen.
»Natürlich nicht. Aber ich kenne Huysmans ja ein wenig. Er hat große Qualitäten, aber - wie gesagt - er tendierte immer dazu, sich von seiner Umwelt missverstanden und verkannt zu fühlen, und das kann einen Menschen mit der Zeit verbittern.«
»Und ein frustrierter Huysmans zusammen mit Maori-Kunstwerken ist dann wohl so etwas wie ein Feuerteufel in einer Feuerwerksfabrik, darf ich das so verstehen?«
Zamorra zuckte die Achseln. »Vielleicht bin ich einfach zu misstrauisch oder werde mit der Zeit Pessimist. Jedenfalls hat Huysmans versprochen, sich hier telefonisch zu melden, und das hat er noch nicht getan.«
»Zeit für dich, dein Nichtwissen über die Maori zu vermindern.«
»Danke, kein Bedarf. Immer denselben Kram zu lesen, ist auf die Dauer auch nicht das Gelbe vom Ei.«
»Wenn du nichts herausgefunden hast«, beschied Nicole ihm, »dann gibt es wohl auch rñchts, worüber du dir deine Stirn zerfurchen müsstest.«
»Wenn es so wäre. Ein paar Sachen sind immerhin über die Kultur überliefert, und die reichen schon, um einer chaotischen Sammlung von neuseeländischen Kunstgegenständen mit Respekt zu begegnen. Schließlich waren die Maori zu ihren besten Zeiten absolut keine Kinder von Traurigkeit. Was die mit der Urbevölkerung Neuseelands angestellt haben, würde ihre Häuptlinge heute nach Den Haag auf die Anklagebank der Vereinten Nationen bringen.«
»Gib mir mal den Klartext, Chef«, verlangte Nicole.
»Sie haben die polynesische Urbevölkerung ausgerottet, schlicht und einfach. Die Maori waren Kopfjäger und Kannibalen. Es gibt einige hübsche Märchen über Zauberer, alte Mythen -wie gesagt nichts wirklich Greifbares. Eine Sache fand ich interessant: Es gab bei ihnen vier heilige Gegenstände, die besondere Kräfte besaßen.« Zamorra begann an seinen Fingern abzuzählen. »Ein Häuptlingsstab, den ein Wal an Land geworfen hat. Ein Kriegsamulett, das entstand, als ein Baum vom Blitz getroffen wurde und niederbrannte, woraufhin nur das Amulett übrig blieb. Ein Holzdolch, den eine Steinlawine aus einem Baum schlug. Und ein Stab, der vom Himmel fiel. Du hast vielleicht, bemerkt, dass diese Dinge mit den vier Elementen verbunden sind: Wasser, Feuer, Erde und Luft.«
»Natürlich. War mir sofort klar, Herr Professor«, warf Nicole mit säuerlichem Lächeln ein.
»Diese vier magischen Gegenstän de«, fuhr Zamorra fort, »hätten ihren Besitzer mit gigantischer Macht ausgestattet, die ihn zu einem göttergleichen Wesen erhoben hätte. Aber niemals ist es einem Menschen gelungen, alle vier Gegenstände zur gleichen Zeit in seine Hände zu bekommen. Es müssen deswegen viele Kriege geführt worden sein, aber niemand schaffte es je, diese vier Gegenstände alle in
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