0751 - Gespenster der Nacht
sich nicht auf seine schwarzmagischen Kräfte, die Waffe war ihm wichtiger.
Er warf sich darauf zu. Die mit kleinen Wunden übersäte Handfläche klatschte auf das Metall. Einen Moment später hatte er das Schießeisen an sich genommen und rollte sich dabei herum, um die Mündung auf den Kommissar zu richten.
Plötzlich rutschte ihm der Griff weg. Das Blut hatte seine Hand glitschig werden lassen. Er wollte noch nachfassen, sie fiel auch nicht zu Boden, aber das alles hatte Zeit gekostet, die Harry natürlich für sich nutzen wollte.
Er stemmte sich aus seiner rückwärtigen Haltung hoch und stürzte dem Blutsauger entgegen. Sein Interesse war nur auf die Pistole gerichtet, an die scharfen Zähne des Vampirs dachte er nicht mehr.
Das wäre ihm beinahe zum Verhängnis geworden.
Der Untote machte den Eindruck, als wollte er nicken. Tatsächlich aber griff er an.
Sein Kopf hackte nach vorn, das Maul war weit geöffnet, die Zähne sollten ein Ziel finden und schnappten auch zu. Nur trafen sie nicht die Haut am Hals, sie hakten sich im Kragen fest und zerrten daran, ohne Harry gefährlich werden zu können.
Aber er hatte die Warnung verstanden. Mit einem heftigen Schulterstoß rammte er den Vampir um. Während des Falles bekam er dessen Handgelenk mit beiden Händen zu fassen, und er schlug es auf den weichen Boden.
Diesmal konnte der Blutsauger die Pistole nicht mehr halten. Sie rutschte über das Gras, und Stahl hechtete hinterher. Er schlug mit dem Bauch auf, spürte die modrige Feuchtigkeit des Erdbodens in seinem Gesicht und packte mit beiden Händen nach dem Griff der Waffe, die er endlich hatte.
Hinter ihm wütete der Blutsauger, der noch längst nicht aufgegeben hatte. Er hielt Harrys rechten Knöchel fest und hebelte das Bein herum.
Der Kommissar schrie auf. Er wollte es nicht, aber der plötzliche Schmerz war einfach zu stark. Zwangsläufig musste er der Bewegung folgen, landete dabei auf dem Rücken und hatte den Eindruck, eine gewaltige Fledermaus würde auf ihn zufliegen.
Es war der Vampir, der seine Arme ausgebreitet hatte.
Harry schoss. Die Kugel traf den Untoten irgendwo an der linken Brustseite. Tief hieb sie in den Körper.
Geschafft?
Harry Stahl richtete sich auf. Der Vampir kniete breitbeinig vor ihm. Wie das hatte geschehen können, wusste er auch nicht zu sagen. Er hatte den Kopf zurückgedrückt und hielt den Mund weit offen. Über die Unterlippe sickerte eine Flüssigkeit, dessen Farbe er nicht erkennen konnte.
Dann fiel der Blutsauger um. Die Kraft hatte ihn verlassen. Er konnte sich nicht mehr halten, sackte in sich zusammen und blieb dabei mit einem ausgestreckten Arm im Gras liegen.
Es war vorbei.
Harry stand auf. Das heißt, er kam nicht einmal richtig hoch, weil ihn der Schwächeanfall wieder umriss. Schwer atmend blieb er liegen. Erst jetzt wurde ihm bewusst, was er durchgemacht hatte, und er dachte auch nicht mehr an die Fledermäuse, sondern blickte nach rechts, wo der Blutsauger durch sein geweihtes Silbergeschoss erlöst worden war.
Wenig später fiel ihm wieder die Gefahr ein, die an der Rückseite des Schlosses hing. Lärm mochten die schlafenden Fledermäuse nicht. Er befürchtete, dass sie erwachen würden.
Zum Glück waren sie nach dem unnatürlichen Mahl so träge, dass sie nicht daran dachten.
Stahl quälte sich auf die Beine. Sein rechter Fußknöchel tat ihm weh. Er spürte auch noch die Folgen des Unfalls. Als er tief durchatmen wollte, schmerzten seine Rippen.
»Mist!«, keuchte er. Mit einigen torkelnden Schritten näherte er sich wieder der Hauswand, den Blick zu Boden gerichtet, wobei ihm etwas auffiel.
Schatten huschten über ihn hinweg. Sie waren gedankenschnell erschienen, waren wieder verschwunden, tauchten an anderer Stelle wieder auf.
In Harry stieg ein schlimmer Verdacht hoch. Er nahm sich die Zeit, stehen zu bleiben und zum Himmel zu schauen. Da stand der Mond wie ein einsames Auge und glotzte auf den blauen Planeten nieder.
Doch zwischen ihm und der Erde bewegte sich etwas wie flatternde Lumpen.
Leider waren es keine, sondern die noch nicht satten Fledermäuse auf dem Rückzug. Und sie hatten sich den Kommissar als Opfer ausgesucht!
***
Er hielt das Kreuz und lachte!
Ja, dieser Vampir lachte mich aus, erfreute sich an meinem Entsetzen, das mich wie einen Orkan überflutete, nachdem ich die Leere und den Schwindel überwunden hatte.
Wieso, zum Teufel? Wieso war es möglich, dass ein Blutsauger mein geweihtes Kreuz halten konnte?
Die
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