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0752 - Im Griff der Unsichtbaren

0752 - Im Griff der Unsichtbaren

Titel: 0752 - Im Griff der Unsichtbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dario Vandis
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wollte ihn unterbrechen, da ihm die Zeit unter den Nägeln brannte, aber dann erinnerte er sich daran, was dieser Gesang für die Aborigines bedeutete. Stumm verfolgte er, wie Wolly ihm die Informationen auf seine ganz eigene Art und Weise übermittelte.
    Als Wolly den Gesang beendet hatte, blickte er Zamorra an und sagte leise: »Kanaula hat soeben zu mir gesprochen. Ich weiß jetzt von den anderen Opfern. Einer von ihnen ist ein junger Mann. Ich sehe ihn vor mir. Er schläft, aber er ist dabei zu erwachen.«
    »Sie sprechen von Joseph McAllistair?«, fragte Gilbert wie elektrisiert. »Woher kennen Sie ihn?«
    Er hatte bereits mehrmals Anstalten gemacht, sich in das Gespräch einzumischen, aber sein Instinkt schien ihm immer noch rechtzeitig zu sagen, dass es besser war, Zamorra gewähren zu lassen.
    »Ich weiß es über die Traumzeit. Und es hat noch ein zweites Opfer gegeben. Einen Mann namens Wyatt. Er ist tot. Und dann ist da eine Frau… von ihr ging eine besondere Kraft aus…«
    Ging? Zamorra fühlte sich von einer eiskalten Hand gepackt. »Ist sie etwa auch…?«
    Der Ab origine schloss die Augen und schien sich in sein Innerstes zurückzuziehen. »Du kennst diese Frau. Es ist dieselbe, der ich in deinem Haus in Frankreich begegnet bin. Sie ist durch die Blumen gegangen und hat den Traumzeitplatz betreten. Aber sie hat uns nicht gesehen. Es war nicht gut, dass sie den Platz betreten hat. Keiner Frau ist es erlaubt, den heiligen Ort aufzusuchen.« Wolly atmete tief durch. »Warum hast du mir nicht gesagt, dass du nicht allein gekommen bist, Zamorra?«
    Zamorra hätte Wolly am liebsten gepackt und durchgeschüttelt. Wenn der Traumzeitplatz entweiht worden war, dann gewiss nicht durch Nicole, sondern durch die Fremden, die die Regenbogenblumen dort angepflanzt hatten. Aber er wusste, dass Wollys Äußerungen nicht abwertend gemeint waren. Die Aborigines hatten ihre eigenen Vorstellungen vom Zusammenleben zwischen Mann und Frau, und der Gedanke, dass eine Frau einen Traumzeitplatz betreten könnte, bedeutete für sie nichts weniger als ein Sakrileg.
    »Wo ist Nicole? Ist sie immer noch am Traumzeitplatz? Ist sie am Leben?«
    »Ich muss zurück. Wieso hat sie uns nicht gesehen? Die Fremden sind bei ihr. Sie versuchen sie fortzubringen… Du musst mir folgen, Zamorra.«
    »Was für Fremde? Von wem sprichst du?«
    »Jene, die man nicht sehen kann. Sie sind gefährlich. Du musst dich beeilen. Am Traumzeitplatz wirst du die Antworten finden…«
    Während der letzten Worte war Wolly immer leiser geworden. Jetzt löste sich sein Körper vor ihren Augen auf.
    Zurück blieb nichts als Leere, gefüllt mit nichts als stickiger überhitzter Luft, die dem perplexen Inspektor den Atem zu rauben drohte.
    ***
    »Das gibt es doch nicht«, krächzte Gilbert. »Er ist einfach verschwunden!« Er ließ sich auf eine der Decken plumpsen und wischte sich über die Stirn. »Entweder sind Sie der übelste Betrüger, der mir je untergekommen ist, Zamorra, oder ich muss anfangen, die Dinge aus einem neuen Blickwinkel zu sehen…«
    »Meine Meinung kennen Sie ja.« Zamorra hatte Gilbert nur mit halbem Ohr zugehört, da er gerade einen anderen Gedanken verfolgte. Er hatte sicherlich nicht alle Informationen, die sich in Wollys Gesang verborgen hatten, erfasst. Deshalb wäre es am sinnvollsten gewesen, den Gesang mit der Amulett-Zeitschau zu speichern. Aber das Amulett besaß in diesem Augenblick Nicole.
    Durfte er riskieren, es zu sich zu rufen ? Vielleicht benötigte sie es gerade in dieser Sekunde.
    Andererseits konnte sie es dann ebenso schnell wieder zurück rufen. Er beschloss, das Risiko einzugehen. Wenn sein Erinnerungsvermögen ihm einen Streich spielte und er später den Traumzeitplatz nicht auf Anhieb fand, schadete er Nicole womöglich noch mehr.
    Es genügte ein gedanklicher Impuls, und die Silberscheibe erschien in seiner Hand. Gilbert hatte gar nicht mitbekommen, dass das Amulett quasi aus dem Nichts aufgetaucht war. Er wäre über diese Tatsache wohl endgültig vom Glauben abgefallen.
    Zamorra konzentrierte sich. Es bereitete ihm keine Schwierigkeiten, den erst wenige Minuten zurückliegenden Gesang zu speichern. Sofort erkannte er, dass seine Entscheidung richtig gewesen war. Denn Wollys Worte übermittelten ihm mehr als nur eine reine Wegbeschreibung. Er glaubte plötzlich Bilder vor sich zu sehen: den Traumplatz, die Umgebung des Outbacks.
    Als würde er Hunderte Meter über der Erde schweben, erblickte er die winzigen

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