0754 - Als Carmen sich die Köpfe holte
vorausgesetzt, der Blutsauger spielte mit.
In dieser Frau richtete sich die Kämpfernatur auf, sie mußte etwas tun, und sie würde es auch tun, das stand fest.
Sie schwamm langsam.
Dagegen hatte der Blutsauger nichts.
Sie aber bekam Zeit, über gewisse Dinge nachzudenken. Innerhalb kürzester Zeit führte sie ihren Plan schon einige Male durch und sah sich dabei als Siegerin.
Der Fremde stand nahe des Pools. Er hatte sich leicht nach vorn gebeugt. Seine Lippen zuckten in einer gewissen Vorfreude. Wahrscheinlich dachte er bereits an das Blut. Ein matter Glanz lag in seinen Augen. Gier, nur Gier.
Carmen hatte den Rand des Pools beinahe erreicht. Noch ein Schwimmstoß, dann war sie da. Sie schielte nach links, so hielt sie den rechten Arm des Blutsaugers unter Kontrolle. Und natürlich dessen Hand mit der Waffe.
Die zeigte nicht mehr unmittelbar auf sie. Er hatte sie gesenkt, die Mündung zielte zu Boden.
Er lächelte dabei.
Der letzte Schwimmstoß.
»Ich wußte doch, daß du kommst!« flüsterte der Untote. Seine Stimme klang jetzt heiser. Noch wurde der nackte Frauenkörper von den Wellen umspielt, doch er war deutlich zu sehen. Dafür interessierte sich der Blutsauger wohl nicht. Er dachte nur daran, daß sich unter der Haut das Blut befand. Ein kostbarer Lebenssaft, nach dem er gierte und der ihn unwahrscheinlich stark machte.
»Komm her!«
Carmen richtete sich auf. Sie war jetzt an dem Punkt angelangt, wo sie sich keine Angst mehr leisten konnte. Sie mußte cool bleiben und genau überlegen.
Die linke Hand legte sie auf den Rand, die rechte folgte langsamer. Der Blutsauger traf keine Anstalten, ihr aus dem Wasser zu helfen. Er wollte sogar zurückgehen.
Alles oder nichts.
Carmen Cavallo schrie heiser auf, als sie ihrem Körper Schwung gab. Er schoß aus dem Wasser hoch, gleichzeitig warf sie ihn nach vorn und streckte den Arm aus.
Stoff klemmte plötzlich zwischen ihren Fingern. Es war genau das eingetreten, was sie hatte erreichen wollen. Sie ließ nicht los, noch in derselben Sekunde riß sie am Mantelsaum des Blutsaugers, um ihn in den Pool zu zerren.
Der Vampir schoß nicht. Er war zu überrascht und hatte zuviel mit sich selbst zu tun.
In wilden Bewegungen versuchte er noch, sich zu fangen, aber der Ruck war zu hart gewesen. Deshalb kippte er nach vorn, und Carmen wartete darauf, daß er in den Pool fallen würde. Sie selbst ließ den Saum des Mantels los, sie brauchte diesen Halt nicht mehr, der Vampir konnte sowieso nicht mehr zurück.
Es klatschte nicht.
Carmen wußte nicht, weshalb dies so war. Sie hatte genug damit zu tun, aus dem Wasser zu schnellen. Die Steine waren hart und etwas aufgerauht, damit keine zu starken Rutschbahnen entstanden.
Sie rollte sich darauf herum, richtete sich dann auf und hatte erwartet, den Vampir im Pool zu sehen.
Das war nicht eingetreten.
Ihre Augen weiteten sich, denn nun bewies ihr der Blutsauger, wie gut er war. Sie konnte es kaum fassen, aber er schwebte noch über dem Wasser, und das hatte seinen Grund.
In einer winzigen Zeitspanne war es ihm gelungen, sich zu verwandeln. Aus dem Menschen, dem Mann, war eine riesige Fledermaus geworden. Der Mantel war kein Mantel mehr, statt dessen hatte er die Funktion von gewaltigen Schwingen übernommen, die den Blutsauger in die Höhe trieben, so daß er wie ein mächtiger Vogel wirkte.
Allerdings ein Vogel mit einem menschlichen Gesicht. Denn das schimmerte wie ein bleiches Stück Gebein zwischen den Schwingen, und auf der Stirn schimmerte noch das blutige D wie ein Zeichen seiner Kraft und Stärke. Er ließ sich nicht mehr fangen, aber er drehte seine Kreise und schaute auf sie herab.
Ein Schrei floß Carmen entgegen.
Dann war es vorbei.
Er stieß hoch in den Nachthimmel, und sein Körper wurde von dessen Bläue verschluckt.
Aus, vorbei…
Sie konnte nicht mehr denken. Sie stand am Rand des Pools, war tropfnaß, und das Wasser rann in Bahnen über ihren nackten Körper. Erst jetzt kam der Schock. Carmen merkte kaum, daß sie weinte, aber ihre Knie wurden weich, und als sie den Kopf drehte, um auf das Wasser des Pools zu schauen, hatte sie den Eindruck, als würde der Schatten des Blutsaugers noch über die Oberfläche hinwegfließen.
Er war verschwunden.
Aber er würde wiederkommen, das stand für sie fest. Denn so leicht gaben Vampire nicht auf.
Dann rannte sie ins Haus…
***
In ihrem Zimmer hatte Carmen als erstes das Fenster geschlossen. Sie wollte keinem Blutsauger eine Chance geben, zu ihr
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