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0757 - Das Reich der Großen Schlange

0757 - Das Reich der Großen Schlange

Titel: 0757 - Das Reich der Großen Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Clement
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Energie, die seinen verkohlten Körper durchströmte. Baldew fühlte sich stark. Er konnte es kaum erwarten, diese Energie an anderen Menschen anzuwenden.
    Nein, nicht an anderen Menschen, korrigierte sich das schwarzmagisch existierende Monster sofort. Denn du bist kein schwacher Mensch mehr, Arkadi Baldew! Du bist jetzt etwas viel Besseres. Und du wirst ewig leben!
    Genau das war es, was der Offizier immer gewollt hatte.
    ***
    Eisenbahnstation Renumska, Region Krasnojarsk, Sibirien, 30. Juni 1908, morgens
    Igor Roloff war völlig aus dem Häuschen.
    Die schrecklichen Explosionen hallten immer noch in seinen Ohren wider. Und wenn sie auch nicht in unmittelbarer Nähe der kleinen Bahnstation stattgefunden hatten, so war doch ihre Wirkung unübersehbar.
    Der ganze Horizont stand in Flammen!
    Das Feuer selbst wurde von Roloff nur als rötliches Glimmen wahrgenommen. Aber da waren die riesigen schwarzen Rauchwolken, die fast die Morgensonne verdunkelten.
    Es schien, als würde die ganze Welt brennen!
    Roloff rannte mindestens zwanzig Mal zwischen dem Telegrafenraum und dem Bahnsteig hin und her. Er hoffte auf ein Telegramm, das ihn über die Ursache des Großfeuers aufklären würde.
    Durch so etwas wird schließlich der Schienenverkehr gefährdet!, sagte sich der junge blonde Eisenbahner.
    Aber der Telegraf blieb stumm.
    Nervös fingerte Roloff mit seinem Schlüsselbund. Schließlich sperrte er den dienstlichen Waffenschrank auf und holte das Nagant M 91-Gewehr heraus. Mit dieser Standardwaffe der russischen Armee jener Zeit waren auch die entlegenen Stationen der Transsibirischen Eisenbahn ausgerüstet. Sibirien war schließlich immer noch ein wildes Land…
    Der Stationsvorsteher-Assistent stiefelte mit dem Gewehr in den Fäusten zurück auf den hölzernen Bahnsteig.
    Plötzlich ließ ihn ein Geräusch in unmittelbarer Nähe zusammenzucken!
    Roloff fuhr herum. Ihm brach der kalte Schweiß aus, und zitternd zielte er mit dem Nagant auf den unbekannten Gegner hinter ihm.
    Doch er hatte sich getäuscht. Da war kein Feind.
    Lediglich die Tür des Plumpsklos hatte gequietscht. Roloffs Herr und Meister, der Stationsvorsteher Wladimir Masdin, kam aus dem-Toilettenverschlag. Der ältere Mann richtete sich in aller Seelenruhe seine Hosenträger und knöpfte seinen Uniformrock wieder zu.
    Masdin lachte, als er die Waffe in den Händen seines jungen Mitarbeiters sah. »Willst du auf die Bärenjagd, Söhnchen? Oder ist schon wieder Krieg ausgebrochen?«
    Roloff deutete mit der Gewehrmündung auf die himmelhohen Rauchwolken am Horizont.
    »Ja, Krieg! Das wäre eine Möglichkeit, Herr Stationsvorsteher! Möglicherweise greifen die Japaner wieder an…«
    Roloff wollte noch mehr sagen, aber Masdin unterbrach ihn unwirsch. Das gemütliche Knebelbart-Gesicht des Alten verzog sich, als ob er in eine Zitrone gebissen hätte.
    »Was weißt du vom Krieg, Söhnchen? Was weißt du von den Japanern? Ich war dabei, als diese gelben Halunken uns 1904 bei Liaujang in den Hintern traten und die Reste der glorreichen Russischen Armee nach Mukden zurücktrieben.« Er klopfte auf sein linkes Bein, das er im Knie nicht mehr beugen konnte. »Der japanische Granatsplitter in meinem Knie wird mich für den Rest meines Lebens an den Krieg erinnern.«
    Roloff seufzte innerlich. Er hätte es besser wissen müssen. Warum nur hatte er die Japaner erwähnt? Nun musste er sich vermutlich für den Rest des gerade angebrochenen Tages die Kriegsgeschichten seines Vorgesetzten anhören. Er kannte sie alle in- und auswendig, denn die beiden Männer waren allein in der einsamen Bahnstation, die nur wenige Male am Tag durch einen Zugaufenthalt beehrt wurde.
    Aber der junge Russe hatte die Japaner nicht zum Spaß erwähnt. Irgendjemand musste doch für dieses riesige Feuer in der Tunguska-Region verantwortlich sein! Der gesamte Horizont, hinter dem das tungusische Bergland lag, schien zu brennen.
    Natürlich gab es auch natürliche Ursachen für Waldbrände.
    Aber wohl kaum für diese Serie von ohrenbetäubenden Explosionen!
    Als hätte er die Gedanken seines Untergebenen gelesen, ging Masdin auf das Thema ein. »Was hat da eigentlich vorhin so geknallt, als ich auf dem Klo war? Es war jedenfalls lauter als meine eigenen Fürze!«
    Der Stationsvorsteher lachte meckernd.
    Roloff ließ sein Gewehr sinken. Er wollte nicht schon wieder die Japaner erwähnen. Aber seiner Ansicht nach konnte niemand anders für die Zerstörungen östlich der Bahnlinie verantwortlich

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