0762 - Aufstand der Cyborgs
vertrug.
Möglicherweise hatte der Tibeter trotz seiner Leibesfülle gerade ausgereicht, um den Appetit der Bestie zu wecken.
Erst durch diese Überlegungen durchdrang ich die Mauer, die der Schock gleich einer Nebelwand um mich herum errichtet hatte und wurde mir der Ungeheuerlichkeit bewußt, daß Dalaimoc Rorvic tot war, zerrissen von den riesigen Zähnen eines Säbeltigers.
Der Schmerz über diesen Verlust bewirkte, daß mein Magen sich zu einem steinharten Klumpen zusammenballte.
Mein Blick verschleierte sich. Plötzlich fürchtete ich mich nicht mehr. Aber ich brachte es auch nicht fertig, das Tier wegen seiner Tat zu hassen. Schließlich war es nur seinem Instinkt gefolgt.
Als der Smilodon auf lautlosen Sohlen näher schlich, schloß ich die Augen. Es hatte keinen Sinn, gegen die Kraft und Wildheit dieses Tieres anzukämpfen. Entweder tötete es mich, dann wollte ich schnell sterben, oder es ließ mich am Leben. Irgendwie tröstete mich der Gedanke an Dobraks Behauptung, daß wir alle nur Illusionen einer übergeordneten Illusion waren.
Eine feuchte Schnauze stieß sanft gegen meinen rechten Handrücken. Sanft war der Stoß aber nur für den Säbelzahntiger.
Mich warf er um, und ich landete krachend auf dem Gesäß.
Im nächsten Augenblick hörte ich das charakteristische Zischen, mit dem die hermetisch abschließenden Fluoroplastdichtungen eines Schottes sich trennten. Das Zischen kam aber nicht von hinter mir, sondern von vor mir.
Ich öffnete die Augen und sah, daß das Schott der Naßzelle sich geöffnet hatte. Sekunden später stapfte die unbekleidete Gestalt Dalaimoc Rorvics durch die Öffnung. Seine Nacktheit gab ein Geheimnis preis, das mir allerdings schon lange bekannt war: Der scheinbar total verfettete Körper enthielt kein überflüssiges Gramm Fett, wohl aber jede Menge hart trainierter Muskeln.
„Verflixt und zugenäht!" schimpfte der Tibeter. „Hast du meine Bordkombi aufgefressen, Walter?"
Mein Gott, Walter! konnte ich noch denken, dann fiel ich in Ohnmacht.
Ich erwachte davon, daß mir etwas Gräßliches um die Ohren flog. Nach einer Weile erkannte ich, daß es ein nasses Handtuch war, das mir um die Ohren geschlagen wurde. Meine Abneigung vor dem nassen Element ließ mich impulsiv reagieren. Ich zog die Knie an den Leib, dann stieß ich die Beine mit aller Kraft von mir.
Ich hatte das Gefühl, als hätte ich einen Elefanten getreten.
Dann hörte ich ein Zischen und Poltern - und plötzlich war ich von dem nassen Handtuch erlöst. Als ich mich aufrichtete, sah ich, wie Rorvic sich gerade mit schmerzverzerrtem Gesicht aus der Horizontalen in eine sitzende Stellung brachte.
„Was war das?" stammelte der Ti-beter.
„Leichenschändung, vermutlich", antwortete ich. „Denn Sie leben ja nicht mehr. Niemand lebt, wenn er von einem Smilodon gefressen wurde."
Rorvic preßte seine Hände gegen seinen Magen, stieß auf und erklärte: „Wie kommen Sie auf diesen Unsinn, Captain Hainu? Walter ist völlig harmlos. Er vergreift sich höchstens an Bordkombinationen oder Raumstiefeln. Aber diese Unart werde ich ihm noch abgewöhnen. Hatten Sie wirklich gedacht, der Kleine hätte mich gefressen?"
„Der - Kleine?" erkundigte ich mich zaghaft. „Mir kam er groß wie ein terranischer Löwe vor."
Das fette Scheusal lachte und riß den Mund dabei so weit auf, daß ich glaubte, an seinen beiden Rachenmandeln vorbei bis in den Magen und noch weiter sehen zu können. Als er den Mund wieder zugeklappt hatte, meinteer: „Mein Smilodon wächst weiter, Tatcher. Er wird so groß werden wie ein Kaffernbüffel. Sage nicht, Smilodons wären selten größer als terranische Löwen geworden! Das weiß ich selber.
Mein Bursche ist etwas Besonderes. Du wirst es schon noch merken. Und nun erkläre mir endlich, was du in meiner Intimsphäre zu suchen hast, du marsianisches Hippocampus!"
Ich schluckte, denn ich hatte meinen Auftrag tatsächlich vergessen gehabt.
„Es ist das Übliche, Sir", antwortete ich. „Perry Rhodan erwartet uns zu einer Konferenz im Forulum."
Rorvic wölbte die Brauenwülste.
„Im Forulum? Eigenartig. Aber mir soll es recht sein. Nach dem Schreck über die gefressene Bordkombi kann ich einen kräftigen Schluck vertragen."
4.
Obwohl ich ihm meine Bedenken vortrug, ließ sich Dalaimoc Rorvic nicht davon abbringen, seinen Säbelzahntiger mitzunehmen. Das Tier schien allerdings wirklich harmlos zu sein. Es ließ sich gelassen von den Kindern, die wir unterwegs trafen,
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