0763 - Sarkanas Rache
Etwas Bedrohliches ging vom Vatikan aus, etwas, das selbst einem mächtigen, uralten Schwarzblütigen wie Sarkana Unbehagen bereitete. Der Petersdom war von hier aus zwar nicht zu sehen, weil zahlreiche Häuser dazwischen die Sicht versperrten, aber er war da. Sarkana spürte seine Präsenz.
Er schob diesen Gedanken zur Seite. Es gab Wichtigeres zu tun.
Am Rande seiner Wahrnehmung spürte er die Existenz von Don Jaime deZamorra. Offenbar hatte der andere Zamorra, der manchmal Meister des Übersinnlichen genannt wurde, es noch immer nicht geschafft, den Spanier zur Strecke zu bringen.
Dabei hatte Sarkana ihm bei Weitem genug Zeit gelassen. Nicht mehr lange, und die Sonne würde aufgehen. Don Jaime würde sich dann zurückziehen müssen, und wenn er klug war - woran Sarkana nicht zweifelte - würde er Vorkehrungen treffen, dass sein Körper in Sicherheit war.
Der Vampirdämon seufzte innerlich. Er hatte mehr von dem Vampirjäger und dessen Freunden erwartet. Doch wahrscheinlich war es sowieso besser, sich persönlich darum zu kümmern.
Sarkana erhob sich von der Bank, auf der er saß, zog seinen Anzug zurecht und schickte sich an aufzubrechen, um mit dem spanischen Vampir abzurechnen.
Da bewegte sich hinter ihm etwas im Uferpark.
***
Zamorra löste sich aus der Halbtrance.
»Ich fasse es einfach nicht«, stieß er hervor. »Es ist doch nicht möglich, dass dieser Halunke uns so an der Nase herumführt.«
Zweimal in den letzten Stunden hatten sie ihn beinahe erwischt. Aber jedes Mal war er wieder verschwunden, gerade noch im allerletzten Moment. War das nur Glück?
Zamorra deaktivierte das Amulett und hakte es wieder an der silbernen Halskette ein. Er fühlte sich müde.
Die Zeitschau war kräftezehrend. Zu weit in die Vergangenheit durfte man nicht zurückgehen. Je weiter, desto mehr innere Kraft erforderte dieser Prozess. Zamorra ahnte, dass die tödliche Grenze bei etwa 24 Stunden lag. Er hatte bisher immer vorher abgebrochen, weil er fühlte, wie nahe er dem Tod kam.
Wenn es nur um eine Zeitdifferenz von wenigen Minuten ging, wie hier, war der Kraftaufwand minimal. Allerdings stieg er auch hier an - mit der Dauer des Vorgangs. So lange wie diesmal hatte der Parapsychologe die Zeitschau noch nie zuvor betrieben.
Und sie hatten Don Jaime immer noch nicht erwischt!
Wie zum Hohn meldete sich wieder Collagis Handy. Ted nahm es aus der Tasche und reichte es direkt an Zamorra weiter. Der nahm das Gespräch entgegen.
»Sehen Sie es ein, mein Bruder«, sagte die heisere Stimme Don Jaimes. »Sie können mich nicht erwischen. Lassen Sie uns reden. Es ist wichtig für uns beide.«
»Warum nennst du mich ständig Bruder, Blutsauger?«
»Können Sie es sich nicht denken, Professor Zamorra?«, fragte der andere zurück. »Denken Sie an meinen Namen. Don Jaime deZamorra!«
Der Dämonenjäger zuckte zusammen.
»Was soll der Blödsinn?«, stieß er hervor. »Lass den Quatsch, Vampir. So bekommst du mich nicht.«
»Und doch ist es wahr. Ich weiß etwas über Sarkana, das diesem das Genick brechen wird, wenn es in den Vampirclans ruchbar wird. Dieses Wissen muss ich weitergeben, damit ich selbst vor Sarkana sicher bin. Es muss offenkundig werden, dass nicht nur ich es weiß - nur dann wird er mich nicht töten. Dafür verlange ich Ihren Schutz, Zamorra!«
»Nonsens«, sagte der. »Selbst ich weiß, dass kein Vampir einen anderen töten darf.«
»Sie wissen viel, aber nicht alles, mein Bruder.«
»Soll das heißen, dass Sarkana einen anderen Vampir getötet hat?«
Der Anrufer schaltete ab.
»Das heißt ja«, sagte Zamorra nachdenklich. »Und dieses Wissen wollte er mir gegen ein Schutzversprechen verkaufen. Nett von ihm, dass er sich verplappert hat. Jetzt wissen wir, was er weiß, und brauchen keine Gegenleistung zu erbringen. Mehr noch - wir warten ab, und Sarkana wird ihn töten.«
»Nicht unbedingt«, sagte Ted. »Nicht, wenn er Sarkana klar macht, dass er sein Wissen weitergegeben hat. Vielleicht hat er jetzt schon erreicht, was er wollte.«
»Eines verstehe ich dabei nicht«, grübelte Nicole. »Warum wendet sich dieser Jaime an Zamorra? Warum posaunt er sein Wissen nicht bei anderen Vampiren heraus?«
»Weil ihm keiner glauben würde«, ahnte Zamorra. »Immerhin ist Sarkana das Oberhaupt aller Vampirsippen. Er ist dabei, seine frühere Machtposition wieder zu festigen. Es wird genug Vasallen geben, die auf seiner Seite stehen und für ihn sprechen. Da hat Jaime keine Chance.«
»Aber warum wendet er
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