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0763 - Strigen-Grauen

0763 - Strigen-Grauen

Titel: 0763 - Strigen-Grauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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geduscht, doch Helen hatte nicht mehr die Nerven, noch einmal ins Bad zu gehen und sich unter die Strahlen zu stellen. Ihr fiel ein, daß sie nur den Slip anhatte, und sie machte sich auf den Weg zu dem eine Etage höher liegenden Schlafzimmer.
    Sie ging langsam, quälte sich mit schwerfälligen Schritten die Treppe hoch. Dabei vermied sie es tunlichst, in irgendeinen Spiegel zu schauen, sie wollte auf keinen Fall ihr eigenes Gesicht präsentiert bekommen, es war schlimm genug, wenn sie fühlte, was da aus ihrer Wange wuchs.
    Helen erreichte das Zimmer und lehnte sich erschöpft gegen den Türpfosten.
    Ruhe, sie wollte Ruhe, sie mußte sich ausruhen, denn sie fühlte sich wahnsinnig geschwächt.
    Sie betrat das Zimmer. Die noch immer nackten Füße schleiften dabei über den Teppich. Sie öffnete eine Schranktür - und schloß zuckend die Augen.
    Helen hatte den Innenspiegel vergessen.
    »Nein, nein, nein…« Sie schüttelte den Kopf. »Ich… ich will nicht. Ich will mich nicht ansehen…«
    Sie tat es doch.
    Den Grund kannte sie nicht.
    Jedenfalls schaute sie sich an, wollte nicht erschrecken und tat es trotzdem.
    Nicht einmal wegen der aus der Wange wachsenden Feder, es lag an ihrer Haut, deren Teint sich abermals verändert hatte und inzwischen noch grauer geworden war.
    »Ist das denn möglich?« keuchte sie. Helen knetete ihre linke Wange. Sie wollte herausfinden, ob sich die Haut auch verändert hatte. Ob sie rauher geworden war.
    Nein, das war sie nicht.
    Plötzlich konnte Helen lächeln, doch dieses Gefühl kam ihr so fremd vor, weil es nicht ehrlich war.
    Wahllos griff Helen in den Kleiderschrank und holte einige Dinge heraus, die sie sofort anzog. Dabei hatte sie nicht das gute Gefühl wie sonst, wenn sie sich hübsch kleidete.
    Ein dünner Strickpullover in einem bleichen Weiß, eine gelbe Leinenhose, die in Höhe der Waden endete und dementsprechend schmal dort geschnitten war.
    Was soll ich tun? dachte sie. Wie soll ich mich überhaupt verhalten? Gibt es eine Möglichkeit, eine Chance, die sich mir bietet? Oder muß ich jetzt immer so…
    Sie dachte nicht mehr weiter, wollte nicht denken und schlüpfte in die schmalen Mokassins aus weichem Leder. Auf der Fußkappe waren sie mit einem roten Perlenmuster bestickt.
    Helen überlegte, ob sie ihren Vorsatz in die Tat umsetzen und wegfahren sollte?
    Aber wohin?
    Zahlreiche Ziele kamen in Frage. Es gab um London herum wunderbare Fleckchen Erde, auch in Richtung Südküste kannte sie kleine Hotels, aber konnte sie sich dort blicken lassen, so wie sie aussah?
    Sie glaubte nicht daran. Es gab noch die Möglichkeit, die Feder mit einem Pflaster zu verdecken.
    Sie traute sich nicht noch einmal, dieses Fremdgewächs herauszuzupfen. Damit mache ich nur alles noch schlimmer, dachte sie.
    Der Gang ins Bad fiel Helen schwer. Überhaupt hatte sie den Eindruck, als wären all die normalen Dinge, die sie tat, mit einer doppelten Kraftanstrengung belastet. In der Wangenwunde zuckte es.
    Helen hatte das Gefühl, daß sie sich immer mehr nach oben stellte und dabei auch näßte. Helen traute sich allerdings nicht, hinzufassen, drehte dann ihr Gesicht dem Spiegel zu und betrachtete die Wunde, die ihr nun vorkam wie ein häßliches, sie entstellendes Geschwür. Helen verzog die Lippen.
    Sie ekelte sich vor sich selbst. Gleichzeitig ahnte sie tief in ihrem Innern, daß der Biß des unheimlichen Vogels für ihr weiteres Leben entscheidend sein würde.
    Dagegen wehrte sie sich auch nicht mehr. Sie würde nicht mehr die sein, die sie einmal gewesen war. Es spielte auch keine Rolle mehr, ob sie in die Firma ging oder nicht, sie mußte sich jetzt auf andere Dinge konzentrieren.
    Zögernd betrachtete sie die Bißstelle im Spiegel. Die Wunde hatte sich vergrößert. Auch die Farbe um sie herum hatte sich verändert. Sie zeigte ein dunkles Blau, vermischt mit Grüntönen, die an den Rändern auseinanderliefen.
    Helen Kern fühlte noch einmal nach. Zuckend verzog sich ihr Mund, denn sie hatte festgestellt, daß sich die normale Haut nahe der Wunde verhärtet hatte. Unter ihr tat sich etwas, da pulsierte es, es zuckte, als würde dort etwas wachsen…
    Ein kalter Hauch rann über Helens Rücken.
    Wachsen…
    Sie mußte sich dieses Wort durch den Kopf gehen lassen, mußte sich erst noch damit anfreunden, was sie aber nicht schaffte, denn sie stellte sich auf Widerstand ein.
    Was, zum Henker, sollte denn dort wachsen?
    Wieder eine Feder?
    Helen schüttelte sich. Ihre Augen bekamen von

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