0764 - Schrei, wenn dich der Teufel holt
Für einen Moment glaubten Zamorra und Nicole, sie würden irgendwo an einer Häuserwand zerschmettert.
Doch dann trug die Göttin des Todes und der Leichenstätten sie durch einen U-Bahn-Schacht in die unterirdische Katakomben-Welt der britischen Metropole.
Kali öffnete mit ihren göttlichen Kräften Eisentüren, die scheinbar seit Jahrzehnten nicht bewegt worden waren.
»Hier endet eure Reise einstweilen«, sagte die Todesgöttin. Sie machte eine Bewegung mit einer ihrer vielen Hände. Daraufhin ging das Licht an. Die Beleuchtungsquelle bestand aus einer nackten Glühbirne, die von einem summenden Stromgenerator gespeist wurde.
Blinzelnd schauten die beiden Dämonenjäger sich um. Sie standen in einem niedrigen Raum, dessen Einrichtung aus einigen Etagenbetten, einem Tisch und ein paar Schemeln bestand. Ein altertümlicher Ventilator quirlte nach Öl stinkende Luft in den Raum mit den Betonwänden. Über einem der Betten hing ein Propagandaplakat. Es zeigte Adolf Hitler, der von einem englischen Soldaten mit dem Bajonett in den Hintern gepiekst wurde.
Kali hatte ihre riesenhafte Gestalt verkleinert, um in dem Bunker Platz finden zu können.
»Wie ihr seht, stammt dieser Raum aus der Zeit des letzten großen Krieges, mit dem ihr Menschen mich erfreut habt«, griente die Todesgöttin, während das Blut ununterbrochen aus ihren Augen lief.
Zamorra zog die Augenbrauen zusammen.
»Gut vorstellbar, dass dir so ein Gemetzel gefällt, o Kali. Hast du uns deshalb hierher gebracht? Um in deinen Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg zu schwelgen?«
»Natürlich nicht. Dieser Bunker ist euer Ausgangspunkt. Von hier aus könnt ihr starten, um Asha Devi vor ihren Peinigern zu retten.«
»Ich komme immer noch nicht darüber hinweg, dass du deine menschenfreundliche Ader entdeckt hast«, sagte Nicole trocken.
Kali warf ihr einen hasserfüllten Blick zu. Aus Sicht der Todesgöttin war sie soeben schwer beleidigt worden.
»Wie kannst du es wagen, du kleine Kröte? Ich bin keine Menschenfreundin! Ich muss dafür sorgen, dass ihr Asha Devi zu Hilfe kommt. Obwohl ich eine Göttin bin, kann ich mich nicht frei entscheiden. Es ist nicht vorgesehen, dass Asha Devi hier und jetzt zu einer Dämonin wird!«
Für einen Moment herrschte Grabesstille in dem vergessenen Luftschutzbunker. Kali machte einen unzufriedenen Eindruck. So, als hätte sie sich unbeabsichtigt verplappert. Was ja vielleicht auch wirklich so war.
»Ist es dann vorgesehen, dass Asha Devi zu einem späteren Zeitpunkt eine Dämonin werden soll?«, hakte Zamorra nach.
»Sie… sie… ach, was rede ich da! du kannst einem aber wirklich ein Loch in den Bauch fragen, Zamorra!«, fauchte die Todesgöttin. »Du solltest meine Worte nicht zu sehr auslegen. Asha braucht jetzt Unterstützung von dir und Nicole Duval. Das ist alles, was du im Moment wissen musst.«
Das sah Zamorra anders. Aber er zog es vor, den Mund zu halten. Kali würde ohnehin nur das erzählen, was sie mitteilen wollte. Wenn der Dämonenjäger mehr Informationen benötigte, musste er andere Quellen anzapfen. Aber dafür brauchte er Zeit. Zeit, die er momentan nicht hatte…
Nicole hob witternd den Kopf.
»Jedenfalls gibt es hier unten mehr als genug Dämonen!«
Zamorra registrierte, dass sein Amulett sich leicht erwärmte, um schwarzmagische Aktivität anzuzeigen. Allerdings waren die höllischen Umtriebe so stark, dass erfahrene Dämonenjäger wie Nicole und er selbst auch ohne das Kleinod die Gefahr gespürt hätten.
Kali lachte, wobei das Blut aus ihrem sinnlichen Mund spritzte.
»Du hast es erfasst, Nicole Duval! Dieser Luftschutzraum ist Teil eines riesigen Labyrinths, in dem sich die dunklen Bewohner Londons verbergen! Von hier aus gelangt ihr direkt zu dem Ort, an dem ihr Asha Devi Wiedersehen werdet! Ich aber kehre zurück auf den Berg Meru, die Wohnstatt der Götter Indiens. Ich kann mir sicher sein, dass die arme Asha nun bald zuverlässige Hilfe bekommen wird!«
Mit diesen Worten dematerialisierte sich die furchtbare Gestalt der Todesgöttin.
Nicole stieß langsam die Luft aus.
»Schleimige Komplimente aus dem Mund von Kali, der Furchtbaren! Daran werde ich mich wohl so schnell nicht gewöhnen, Chef.«
»Ich auch nicht, Nici. Ich habe das unangenehme Gefühl, dass wir beide momentan nichts anderes sind als Figuren auf einem Schachbrett.«
Nicole hob zweifelnd die Schultern.
»Ja, so scheint es. Der momentane Fall wird uns anscheinend aufgezwungen. Erst lässt Ramesh Devi uns
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