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0764 - Zeit der Grausamen

0764 - Zeit der Grausamen

Titel: 0764 - Zeit der Grausamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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er von einer wütenden Menge erschlagen worden ist. Vielleicht hat man ihn auch versteckt. Möglicherweise hat er sich zuvor selbst abgesetzt. Das haben ja viele von uns getan, die Dreck am Stecken hatten. Ich hänge im Moment etwas in der Luft, aber ich habe mich schon wieder etabliert. Wir versuchen, etwas aufzubauen, was dem russischen Volk dient. Unsere Beziehungen können auch sehr nützlich sein.« Er lächelte plötzlich. »Ich habe die Chance bekommen, bei uns in Rußland so etwas aufzubauen wie ihr hier in London. Man hat mir von oberster Stelle Rückendeckung gegeben, die Arbeit macht mir auch Spaß. Ich hoffe auch, daß immer genügend Geld da ist, nur eben dieser letzte Auftrag, die Entsorgung, hat mir gewisse Probleme bereitet, das muß ich ehrlich eingestehen.«
    »Das kann ich mir denken«, sagte ich. »Aber zu dritt wird es wohl klappen.«
    »Ich will es hoffen.«
    Mein Lachen steckte ihn an, doch es klang nicht echt. Wir hatten hier einige Zeit gesessen, und es war nicht gut, noch weitere Minuten zu vergeuden.
    »Dann kommen wir mal zur Sache«, sagte ich und stand auf. »Wie hast du dir das weitere Vorgehen vorgestellt?«
    »Oben bin ich fertig. Ich habe alle Räume durchsucht. In zwei Etagen, und das war nicht wenig. Einen Erfolg habe ich nicht gehabt, und ich entdeckte auch keine Hinweise. Die Zimmer sehen verlassen aus, das Mobiliar steht noch dort, verstaubt, und irgendwelche Stromer haben das Haus noch nicht ausfindig gemacht, denn auch auf sie fand ich keinerlei Hinweise. Ein äußerlich leeres Haus.«
    »Ja, bis auf die Leiche.«
    Wladimir hob die Schultern. »Das genau ist das Problem, aber damit müssen wir leben.«
    »Wenn sich welche hier, aufhalten, dann nur in den versteckt liegenden Räumen«, sagte Suko.
    Der Ansicht war ich auch, nickte nur und schaute zu, wie Wladimir die Karte wieder zusammenfaltete und sie in seiner Innentasche verstaute. Er machte auf uns einen nachdenklichen Eindruck und wirkte wie jemand, dem noch eine Last auf der Seele lag.
    »Spuck es aus!« sagte ich.
    »Du weißt…?«
    »Nein, ich ahne.«
    Er lächelte dünn. »Die ganze Sache ist die, John. Während unseres Gesprächs habe ich die ganze Zeit über noch nachgedacht. Mir ging da eine bestimmte Person nicht aus dem Kopf. Es ist der schon erwähnte Einsatzleiter. Ich kenne ihn von früher, er ist ein Schwein gewesen, einer, der über Leichen geht, der alles macht, wenn es zu seinem Vorteil gereicht. Ein Karrierist der übelsten Sorte, und ich kann mir vorstellen, daß er sofort untergetaucht ist. Der Mann hatte sehr gute Beziehungen aufgebaut, viele waren ihm etwas schuldig, und ich rechne damit, daß ich ihn noch einmal wiedersehe.«
    Ich hatte begriffen. »Du meinst also, daß du ihn noch einmal wiedertriffst.«
    »Ja, John, und zwar hier!«
    »In der Klinik?«
    Er nickte heftig. »Er hat doch bei dem großen Plan mitgemischt. Er weiß über die Strigen Bescheid. Er wird sich mit ihnen verbünden und sie auch beschützen.«
    Suko hatte eine Frage. »Wie heißt denn dieser nette Mensch, von dem du uns so viel erzählst?«
    »Gregorin.«
    »Mehr nicht?«
    »Einfach nur Gregorin. Er hatte auch einen Spitznamen. Der Henker aus Armenien. In seiner Jugend soll er Feinde mit einem Beil erschlagen haben, daher der Name.«
    Suko hob die Augenbrauen. »Ein netter Zeitgenosse.«
    »Das kannst du sagen. Ich habe ihn so richtig ins Herz geschlossen.«
    »Okay, dann sehen wir uns mal an, was hinter dem dicken Strich liegt.«
    Der Russe atmete tief durch. »Verdammt, bin ich vielleicht froh, nicht mehr allein hier zu stehen…«
    ***
    Helen hatte die Tür geöffnet. Muffige, verbrauchte Luft strömte ihr entgegen, aber auch etwas anderes, das mit dem Begriff Luft nichts zu tun hatte.
    Es waren Erinnerungen.
    Sie dachte an früher, an ihren ersten Auftritt, an den Mann mit dem schwarzen Bart und den Kohleaugen, und sie dachte auch wieder an den Stuhl, auf dem sie angeschnallt worden war, aber das alles schreckte sie nicht mehr.
    Heute sah es anders aus, viel anders. Sie hatte endlich die Kraft gefunden, nach der sie sich schon so lange gesehnt hatte. Sie war diejenige, die nun zuschlagen konnte, denn sie stand jetzt auf der anderen Seite und brauchte keine Rücksicht mehr zu nehmen.
    Sie würde nie mehr Rücksicht nehmen.
    Sehr sicher bewegte sie sich durch den düsteren Gang. Das rechte Eulenauge gestattete ihr, auch in der Dunkelheit zu sehen, und darüber war sie sehr froh.
    Hier unten war auf jeglichen Komfort

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