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0766 - Das Grauen von Grainau

0766 - Das Grauen von Grainau

Titel: 0766 - Das Grauen von Grainau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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beschäftigte. Es war nicht einmal so dahingesagt, denn das Zittern bezog sich auf mein Inneres. Ich hatte auf dem Balkon einfach zu viel mitbekommen und befand mich noch in der Wartepose. Irgendwann mußte etwas geschehen, davon ging ich aus, und dann würde es wie ein Sturmwind über uns kommen, der dabei war, alles zur Seite zu fegen.
    Hin und wieder nippte ich an meinem Wein. Je mehr Zeit verstrich, um so angespannter wurde ich.
    Zudem mußte ich mich zwingen, normal auf dem Platz sitzen zu bleiben. Viel lieber hätte ich mich zu den Davies' umgeschaut.
    Das Licht der Lampen reichte bis auf den See hinaus, wo es sich als lange, leicht golden schimmernde Streifen niederlegte. Auch unter uns, direkt am Ufer, waren die Lampen eingeschaltet worden. Ihr Licht strahlte ebenfalls gegen das Wasser, so daß der See an bestimmten Stellen einen märchenhaften Touch bekommen hatte. Ich hätte mich nicht gewundert, wenn aus der Tiefe hervor plötzlich eine junge Prinzessin mit langen, blonden Haaren gestiegen wäre, um sich einen Prinz zu holen.
    »Also, mir hat es sehr gut geschmeckt!« Audreys Stimme unterbrach meine märchenhaften Vorstellungen. »Ein Dessert könnte ich jetzt nicht mehr schaffen. Sie etwa, John?«
    »Nein, auch nicht.« Ich hatte den Teller geleert und schob ihn zurück. Dann trank ich einen Schluck Wein, während Sally fragte, was wir mit dem angebrochenen Abend jetzt anfangen sollten.
    Ich konnte ihr keine Antwort geben.
    »Warum sind Sie so schweigsam?« Sie fragte es lachend. »John, Sie haben eine Aufgabe übernommen. Sie müssen zwei einsame Frauen unterhalten, die richtig vergnügungssüchtig sind.« Sally Vincaro funkelte mich an. »Die Nacht ist lang und lau. Da kommt man schon auf andere Gedanken, denke ich.«
    »Klar, ich auch.«
    Sie beugte sich zu mir und gestattete mir einen tiefen Blick in ihren Ausschnitt. »Darf man fragen, auf welche?«
    »Vielleicht später.«
    Sie war enttäuscht. »Warum denn?«
    Den Grund nannte ich ihr nicht, denn ich hatte gesehen, wie zwei Tische weiter die Stühle nach hinten geschoben wurden und sich die Familie Davies erhob.
    Sie wollten also gehen.
    Ich konnte es nicht verhindern, doch ich wollte ihnen auf den Fersen bleiben, so unauffällig wie möglich.
    Ich mußte nur die richtige Ausrede finden, um mich von den beiden Frauen zu verabschieden.
    Der Junge schaute zu mir.
    Böse, haßerfüllt. Seine Augen funkelten im Licht der Lampe wie die eines kleinen Teufels.
    Ich sagte nichts.
    Dann legte Eartha eine Hand auf die Schulter des Jungen und drehte ihn weg. Gemeinsam gingen sie mit langsamen Schritten, und sich immer wieder umblickend, über die Terrasse und auf die offenstehende Ausgangstür zu.
    Auch ich stand auf.
    Die Girls waren enttäuscht. »Sie wollen schon gehen?« fragte Audrey enttäuscht.
    »Ich bin gleich zurück.«
    Sie lächelte. »Verziehen…«
    Obwohl es mich drängte, hielt ich meine Schritte zurück. Das war auch gut so, denn als ich den Bereich der Rezeption erreichte, stand dort Sidney Davies und sprach mit einer der Angestellten. Er bedankte sich, als ich in seiner Höhe war drehte sich um und lächelte mich an. »So sieht man sich wieder.«
    »In der Tat.«
    »Wie war das Essen?«
    »Gut.«
    »Uns hat es auch geschmeckt«, erklärte er und schlenderte auf den Lift zu. »Meine Familie ist bereits nach oben gefahren.« Er lachte. »Komisch, aber beide sind müde.«
    »Bei dem Abend.«
    »Das habe ich ihnen auch gesagt.« Wir mußten noch auf den Lift warten. »Aber was wollen Sie machen? Man ist nicht immer an jedem Tag gut drauf.«
    »Das stimmt.«
    Der Lift kam, und Mr. Davies öffnete die Tür. Er hatte sich eine weiße Jacke übergestreift. »Müssen Sie auch hoch in die dritte Etage?«
    »Ja.«
    »Dann sind wir ja Nachbarn.«
    »Das kann sein.«
    Wir betraten den Aufzug. Davies lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand, und ich hatte den Eindruck, daß er mich mißtrauisch beobachtete und trotz seiner lockeren Art eine angespannte Haltung angenommen hatte. Kein Wunder, wenn man damit rechnen mußte, daß einem Killer auf den Fersen waren.
    Im dritten Stock stiegen wir aus.
    Gemeinsam und nebeneinander schlenderten wir über den leeren Gang. Auch für die Zimmermädchen gab es nichts mehr zu tun. Um diese Zeit waren die Räume gerichtet und für die Nacht vorbereitet worden.
    »Wissen Sie schon, Mr. Sinclair, wie lange Sie noch bleiben werden?«
    »Vielleicht eine Woche.«
    »Das lohnt sich wirklich. Sie können hier wunderbare

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