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0766 - Das Grauen von Grainau

0766 - Das Grauen von Grainau

Titel: 0766 - Das Grauen von Grainau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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schon Dinge passiert sein, die für mich zu hoch waren.
    Wieso?
    Noch einmal vergegenwärtigte ich mir sein Verhalten. Mir war dabei auch aufgefallen, daß er zu seiner Mutter ein anderes Verhältnis hatte als zu seinem Vater. Das kommt bei Kindern oft vor, aber dieses Verhältnis war doch sehr ungewöhnlich. Die Mutter hatte wesentlich mehr Verständnis für ihn, und als ich mir vergegenwärtigte, wie sie mich angeschaut hatte, da fiel mir ein, daß ihr Blick auch nicht eben freundlich gewesen war. Ebenfalls dicht vor der Feindschaft stehend oder vor dem Haß.
    Ich setzte mich wieder auf, hatte Durst bekommen, ging zur Minibar und entnahm ihr eine Flasche Mineralwasser. Ein Glas kippte ich fast voll, und mit dem Glas in der Hand schlenderte ich durch den Wohnraum auf die spaltbreit geöffnete Terrassentür zu.
    Das Wetter hatte sich verändert. Allmählich bedeckte sich der Himmel. Hoch über der Zugspitze wehten die dunkleren Schleier her wie lange Zungen. Der Wind war kaum noch zu spüren. Die Luft stand und leitete Geräusche sehr gut.
    Auch die beiden Stimmen vom Nachbarbalkon. Zuerst hatte ich nicht richtig hingehört, bis mir das Lachen auffiel. Es klang kehlig und auch hart. Eine Frau hatte es ausgestoßen.
    »Du brauchst dich doch nicht zu fürchten, mein Junge! Du doch nicht!« Eartha Davies hatte gesprochen.
    Ich trat noch näher an die Tür heran. Das Glas stellte ich weg. Plötzlich war der Durst verschwunden. Ich brachte mein Ohr dicht an den Spalt, um lauschen zu können. Die Davies' wußten wahrscheinlich nicht, wer neben ihnen wohnte, sonst hätten sie sich nicht so locker verhalten. Das kam mir natürlich gelegen.
    Der Junge hatte sich mit der Antwort Zeit gelassen. Als er jetzt sprach, klang seine Stimme wütend.
    »Er ist ein Feind, ein verdammter Feind. Ich hasse ihn, und er haßt mich!«
    »Bitte«, sagte die Frau. »Du mußt dich doch jetzt zusammenreißen. Dieser Mann ist kein Killer.«
    »Das habe ich auch nicht gemeint.«
    »Was dann?«
    Ich hörte ihn atmen, so still war es geworden. »Er ist ein anderer Feind als die Mafia. Er ist bestimmt wegen mir gekommen, weil ich eben mehr weiß als die normalen Menschen. Ich habe es gespürt. Er hat etwas an sich, das gefährlich ist.«
    »Gut, Mario. Was willst du denn tun? Oder sag mir, was wir gemeinsam tun sollen?«
    »Ihn ausradieren!«
    Ich erschrak, als ich die Worte aus dem Mund eines fünfzehnjährigen Jungen hörte. Anders konnte ein Gangsterboß auch nicht sprechen als dieser Halbwüchsige. Und der Haß hatte seine Stimme mit einem dumpfen Timbre unterlegt.
    Mir wurde kalt und heiß zugleich. Ich wartete auf die Erwiderung seiner Mutter, die auch kam. Allerdings so leise, daß ich sie nicht verstand. Dafür sprach Mario lauter..
    »Du mußt herausfinden, Mum, weshalb er hier erschienen ist. Das mußt du.«
    »Wenn er kein Killer von der anderen Seite ist, wird er hier Urlaub machen wollen.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Weshalb nicht?«
    »Er weiß etwas!« behauptete Mario.
    »Was sollte er wissen, und von wem hat er dann dieses Wissen bekommen?«
    »Ich habe keine Ahnung. Aber du kennst mein Gespür. Er darf mir nicht in die Quere kommen. Die folgende Nacht ist die wichtigste. Da werde ich euch beweisen können, weshalb ich so dafür gewesen bin, daß wir hier nach Grainau fahren. Da wird sich dann alles ändern, darauf kannst du dich verlassen. Du weißt doch, daß ich die Vorbereitungen schon getroffen habe.«
    »Das hast du erzählt.«
    »Es ist alles so, wie ich mir gedacht habe. Ich habe den Kontakt mit den Tot…«
    »Kein Wort mehr, Mario. Laß uns hineingehen.«
    »Ja, schon gut.«
    Ich hörte die Schritte der beiden, dann das dumpfe Geräusch, als die Tür geschlossen wurde. Sehr langsam zog ich mich wieder in mein Zimmer zurück. Was ich da erfahren hatte, das war ein starkes Stück gewesen und hatte mir gar nicht gefallen. Ich war gezwungen, mir aus gewissen Versatzstücken ein Bild zu machen, und obwohl ich bisher wenig wußte, sah dieses Bild düster aus.
    Ich leerte mein Glas und war nicht mehr in der Lage, mich auf das Bett zu legen und nachzudenken.
    Statt dessen nahm ich eine Dusche, um mir den kalten Schweiß vom Körper zu waschen.
    Beim Abtrocknen drehten sich meine Gedanken wieder um den Fall. Die Familie wußte natürlich Bescheid, daß sie sich hier im Hotel nicht in absoluter Sicherheit befand. Sie rechneten alle mit den Killern der Mafia, die auf ihren Spuren klebten. Gleichzeitig hatte Mario Davies noch etwas

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