0767 - Der Wächter von Palatka

Basis der Maschine und warteten ungeduldig. Plötzlich erklang von irgendwoher das Geräusch hastiger Schritte. Walik zog den Blaster hervor und überzeugte sich, daß er schußbereit war. Das Geräusch wurde lauter. Es hatte einen blechernen, scheppernden Unterton, der Walik irgendwie bekannt vorkam. Aber bevor er noch in seinem Gedächtnis kramen konnte, kam es um die Ecke eines mächtigen Maschinenklotzes gestampft, hochgewachsen, mit eckigen Schultern, die gelbbraune Montur vielfach zerrissen und die synthetische Haut an manchen Stellen so mitgenommen, daß man das Metall darunter zu sehen glaubte.
    „Augustus...!"
    Der Roboter kam zum Stehen. Chara Shamanovos reglose Gestalt glitt ihm von der Schulter und sank zu Boden.
    „Woher kommst du...?" fragte Walik Kauk verblüfft.
    „Es wurde mir ein Auftrag gegeben", antwortete Augustus.
    „Von mir? Ich erinnere mich nicht. Denn den Auftrag, den ich dir gab, hast du schändlich vernachlässigt."
    „Nicht von dir", korrigierte ihn der Ka-zwo.
    „Nicht von mir? Von wem sonst?"
    „Unbekannte Identität."
    Der Junge war auf Chara Shama-novo zugetreten.
    „Was ist mit dem?" fragte er.
    „Bewußtlos", lautete Augustus' Diagnose.
    „Ich habe geschworen, dich zu einem Schrotthaufen zu machen, wenn ich dir wieder begegne", sagte Bluff mit ernster Stimme. „Aber ich nehme an, du hast deinen Fehler wieder gutgemacht."
    Walik Kauk spürte, daß der Ka-zwo sich verändert hatte.
    Er wirkte ziel- und selbstbewußter als jemals zuvor. In dieser Anlage gab es dutzende von Großrechnern. War es möglich, daß Augustus sich an einer dieser Maschinen reorientiert hatte?
    „Hattest du Verbindung mit einem Kontrollorgan?" erkundigte er sich.
    Die Antwort, die er erhielt, warf ihn fast von den Beinen.
    „Es gibt keine Kontrollorgane mehr. Seit der Abschaltung des Hauptrechners NATHAN hat der administrative Rechnerverbund die Arbeit eingestellt."
    Walik war sprachlos. Der Ka-zwo hatte sein eigenes Tabu gebrochen! Seit Wochen funktionierte er trotz seiner durcheinandergeratenen Programmierung nur, weil er sich standhaft weigerte zu glauben, daß es keine Knoten- und Lokalrechner mehr gebe.
    Seit Wochen erhielt ihn der unerschütterliche Glaube an die Existenz von Kontrollorganen aufrecht. Und jetzt auf einmal hatte er die Wirklichkeit erkannt und dabei keinen Schaden genommen.
    Das war mehr, als Walik Kauk sich im Augenblick erklären konnte. Er nahm an, daß sich Augustus über ein anderes Thema bereitwilliger auslassen werde.
    „Wie kamst du zu Chara Shamanovo?" fragte er.
    Augustus berichtete in kargen, dürren Worten den Hergang. Als er darauf zu sprechen kam, daß der Hovercraft verschwunden sei, stöhnte Bluff Pollard schmerzhaft auf.
    „Das Fahrzeug...weg?"
    „Spurlos verschwunden", bestätigte der Ka-zwo und fuhr dann mit seinem Bericht fort.
    Als er geendet hatte, war Walik Kauk ziemlich sicher, daß er noch nie im Leben eine derart konfuse Geschichte gehört hatte.
    An der Oberfläche schien alles zu stimmen, der zeitliche Ablauf war richtig, und die Logik schien gewahrt. Aber es gab so viele unerklärbare Ereignisse, daß Walik nicht wußte, wo er anfangen sollte, sich einen Reim auf das Ganze zu machen.
    „Der Bericht ist für den Menschlichen Verstand nicht annehmbar", erklärte er. „Fehlende Informationen sind zu ergänzen."
    Und Augustus verblüffte ihn ein zweites Mal, in dem er rundheraus feststellte: „Dazu ist deine Berechtigungsquote nicht hoch genug."
    In die Stille, die diesen Worten folgte, drang ein silberhelles Kichern wie von einem Kinderstimmchen. Es kam aus unmittelbarer Nähe und war doch so lautschwach, daß es wahrscheinlich überhört worden wäre, wenn Augustus' letzte Bemerkung nicht jedermann die Sprache verschlagen hätte.
    Da beging Bluff Pollard eine Kurzschlußhandlung. Mit einem wütenden Knurren fuhr er herum und schoß aus der Hüfte.
    Der Schocker summte hell auf, und von irgendwoher kam ein spitzer Schrei. Bluff stand starr und hilflos, als er erkannte, daß nirgendwo ein Ziel in Sicht war. Hinter ihm standen nur die wuchtigen Klötze der Medo-Maschinen.
    Sein Schuß schien ins Leere gegangen zu sein. Und doch mußte dort irgendwo jemand sein. Er hatte das Kichern gehört.
    Und auch sein Schuß hatte getroffen. Woher wäre sonst der Schrei gekommen?
    Eine Sekunde verging...und noch eine. Da tauchte plötzlich hinter einem Maschinensockel eine winzige Gestalt auf, ein Zwerg von kaum einer Handspanne Körpergröße. Er taumelte und