0769 - Das Rätsel der schwarzen Madonna
es nur eine fahle Leere. Keine Pupillen mehr, und ihr war es vorgekommen, als hätte man sie herausgebrannt.
Was hatte Hal erlebt?
Sie überlegte, die Gedanken drehten sich, und sie kam immer wieder auf einen Punkt zurück. Sein verbranntes Gesicht mußte in einem unmittelbaren Zusammenhang zu den Ereignissen stehen, die in der Kapelle vorgefallen waren. Jane wußte auch, daß er nicht allein dort gewesen war. Elenor hatte die kleine Kirche betreten. Trug sie etwa die Schuld daran? Natürlich beschäftigte Jane der Gedanke, auch wenn sie sich nicht vorstellen konnte, daß dies zutraf.
Elenor war zu schwach, zu jung, sie konnte für den Tod nicht verantwortlich sein.
Das war die eine Seite.
Auf der anderen aber wurde sie als so etwas wie ein Wunderkind gehandelt, das Kranke heilen konnte. Wenn das zutraf, mußten in ihr außergewöhnliche Kräfte stecken, die sich möglicherweise auch in eine bestimmte andere Richtung lenken ließen, so daß es dann zu derartigen Schreckenstaten kam.
Jane Collins hatte ihre Meinung längst revidiert. Hier ging es um mehr als um das Phänomen einer Wunderheilung, hinter dieser schlimmen Tat konnten möglicherweise schwarzmagische Phänomene stecken. Aber wie verhielten sich diese zu einer Kapelle, die ja der direkte Feind des Bösen war?
Für Jane stand fest, daß sie die kleine Kirche näher unter die Lupe nehmen mußte. Auch wenn sie nicht die Lösung fand, sie würde eventuell einen Hinweis entdecken. In dieser Situation konnte ihr jede noch so vage Idee nur helfen.
Sie stand auf.
Einen letzten Blick warf sie auf die tote Gestalt. Janes Lippen zuckten, sie wischte sich über die Augen, dann preßte sie den Mund hart zusammen.
Sie schwor keine Rache an der Leiche des Reporters, aber sie nahm sich vor, seinen Tod aufzuklären. Sie dachte auch daran, daß es zu einem Fall für John Sinclair geworden war. So rasch wie möglich wollte sie ihm Bescheid geben.
Jane ging den Weg wieder zurück. Es regnete nicht mehr so stark, und auch der Wind war etwas abgeflaut, als hätten beide dem Tod ihre Referenz erwiesen.
Der Hang kam ihr viel länger und steiler vor als beim Hinweg. Sie sah an seinem Ende den alten Zaun, und jetzt wußte sie, weshalb er dort oben errichtet worden war. Er war ein Schutz, allerdings ein sehr brüchiger. Dann fiel ihr auf, wie breit der Hang doch war und daß Hal ausgerechnet auf den Baum zugeschlittert war und dies mit so hoher Geschwindigkeit, daß er sich seinen Schädel am Stamm zertrümmert hatte. Das konnte sie noch als normal ansehen, das schwarze Gesicht nicht.
Wenn sie näher darüber nachdachte, dann hatte sie auch den Eindruck, als wäre Hal bei seinem Weg in den Tod geleitet worden.
Wer regierte hier?
Ein Dämon? Der Teufel? Oder gab es noch andere Kräfte im Hintergrund, die sie nicht kannte?
Sie spürte, wie es ihr kalt über den Rücken lief, was diesmal nicht an der Witterung lag. Mühsam überwand Jane den Hang. Sie hätte den Toten gern mitgenommen, aber dazu reichten ihre Kräfte nicht aus. Zudem dachte sie auch an Elenor, die, wenn sie nicht auch verschwunden war, noch in der Kirche sein mußte. Und diesem Mädchen wollte Jane einige Fragen stellen, wobei sie sich vornahm, sich sehr behutsam an das eigentliche Thema heranzutasten.
Sie erreichte den alten Zaun und quetschte sich durch die Lücke. Der Regen fiel ihr kalt wie Schnee ins Gesicht. Sie wischte ihn weg, drehte den Kopf nach rechts und sah jetzt die Rückseite der Kapelle vor sich, wobei die Sprühregenwolken an ihr vorbeitrieben wie lange Atemwolken aus dem Maul eines Monsters.
Jane hatte eigentlich weitergehen wollen, doch sie blieb stehen und blickte mit gerunzelter Stirn auf das alte Bauwerk. Auf ihrem Kopf breitete sich die Kälte aus. Jeder Tropfen drang bis auf die Haut durch und fühlte sich an wie ein feiner Nadelstich.
Was hatte die Kapelle an sich?
Jane wußte es nicht. Die Kapelle sah völlig normal aus. Sogar ein schmaler Turm war vorhanden, auf dem die Wetterfahne in ständiger Bewegung war.
Sie räusperte sich, ging langsam weiter, ohne den Blick von dem düsteren Gemäuer zu nehmen. Bei diesem Wetter wirkte nichts freundlich, es konnte nicht allein an der Kapelle liegen.
Vielleicht doch, denn sie hatte plötzlich den Eindruck, daß dieses Bauwerk etwas ausstrahlte, das ihr negativ aufstieß. Sie stoppte ihre Schritte. Daß sie inmitten einer Pfütze stand, störte sie nicht, wichtig war allein die kleine Kirche.
Jane dachte daran, daß sie einmal eine
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