0769 - Das Rätsel der schwarzen Madonna
sicherlich nicht so leicht zugeben.
Sie und diese Kirche verband ein Geheimnis, das Jane herausfinden mußte. Sie hätte das Mädchen gern zu sich geholt, doch sie traute sich nicht, es zu tun. Etwas hielt sie davon ab. Sie mußte dies allein durchstehen.
Zwischen zwei Fenstern befand sich die Einbuchtung in der Kapellenwand.
Jane konnte jetzt sehen, das es eine Nische war. Relativ breit, jedenfalls so breit, daß auch ein Gegenstand hineinpaßte. Er stand auf einem schmalen Sockel, und Jane ging davon aus, daß es sich dabei um eine Figur handelte.
Dann tat sie etwas, das sich der Reporter nicht getraut hatte. Sie griff in die Tasche und holte ihre kleine Lampe hervor. Sie war sehr leicht, das Gehäuse bestand aus Kunststoff, und sie leuchtete direkt in die Nische hinein.
Jane hatte mit einer Figur gerechnet. Daß sie trotzdem überrascht war, lag am Aussehen der Figur und gleichzeitig an dessen unmittelbarer Umgebung.
Es war eine Madonna.
Eingehüllt in einen Umhang, die Kapuze zum Schutz über den Kopf gezogen, so daß nur ihr Gesicht freiblieb. Aber da war kein Gesicht mehr zu sehen. Es war nicht vorhanden, es schien einfach aufgesaugt worden zu sein, denn nur eine dunkle Fläche malte sich dort ab.
Schwarz…
Jane schüttelte den Kopf. Sie konnte es kaum fassen, zugleich dachte sie an den toten Reporter.
Auch dessen Gesicht war nicht mehr als eine dunkle Fläche gewesen. Es lag auf der Hand, daß sie sofort Parallelen zog, und sie merkte, wie sie fror.
Sie hatte Mühe, sich zusammenzureißen und den Arm mit der Lampe zu bewegen. Der Strahl wanderte gegen den Uhrzeigersinn weiter wie ein geheimnisvoller lautloser Helfer, der ihr den richtigen Weg zeigen wollte.
Jane konnte jetzt die unmittelbare Umgebung der gesichtslosen Madonna erkennen. Janes Nasenflügel zitterten leicht, als sie die Luft einsaugte, denn jetzt war die zweite Überraschung perfekt.
Die Statue war von schrecklichen Figuren umkränzt, zumindest in der unteren Hälfte. Was sich da angesammelt hatte, sah auf den ersten Blick aus wie der große Querschnitt aus dem Pandämonium.
Eine steinerne Auswahl schrecklicher Gestalten, die irgendwo alle gleich aussahen. Auf zwergenhaft kleinen Körpern wuchsen häßliche Schädel, bei denen die Proportionen nicht stimmten, denn im Verhältnis zu den Körpern war sie viel zu groß. Sie schillerten grünlich, auf ihren haarlosen Schädeln wuchsen manchmal Kämme wie bei Echsen, und sie schienen dabei selbst eine Mischung aus Mensch und Echse zu sein.
Widerlich sahen sie aus.
Sie hockten zu den Füßen der Madonna. Geduckt, die Schädel nach unten gerichtet, und mit stieren Blicken.
Warum bereitet mir dieses Bild ein derartiges Unbehagen? dachte Jane. Es konnte nicht nur an diesem Relief allein liegen, eigentlich war die Sache ja klar. Da stand die Madonna über den Wesen der Finsternis, es konnte also der Sieg des Guten über das Böse in dieser Nische dargestellt sein. Man sah ähnliche Kunstwerke oft in Kirchen, ob als Malerei oder Bildhauerei. Meist zeigten derartige Figuren den Erzengel Michael, der mit seinem Schwert die Schlange besiegt hatte und dabei war, sie zu zertreten.
Auch die Madonna hatte gesiegt - oder?
Sie schwebte über den Dämonen, aber sie hatte kein Gesicht. Dort malte sich nur der flache schwarze Stein ab. Kein Mund, der lächelte und sich über den Sieg freute. Keine Augen, die hell glänzten, um den Sieg zu dokumentieren, es war einfach nichts da, und deshalb kam Jane das Bild flach und gefährlich vor.
Wer immer es geschaffen hatte, dieser Künstler hatte sich etwas dabei gedacht, und er hatte es nicht grundlos für genau diese Kapelle geschaffen.
Was hatte Contni hier gesehen? Weshalb hatte er die Kapelle so fluchtartig verlassen? War der Teufel hinter ihm her gewesen? Was immer es auch gewesen sein mochte, er hatte es nicht allein gesehen, denn mit ihm zusammen hatte sich noch Elenor Hopkins in der Kapelle aufgehalten.
Sie würde ihr mehr sagen können, falls sie es auch wollte, denn die Detektivin konnte sich vorstellen, daß Elenor auch weiterhin sehr verschwiegen blieb und ihr Geheimnis für sich behalten wollte.
Jane Collins trat näher an die Madonna heran. Sie ging sehr langsam, und sie spürte die Aura der Kälte, die sie einhüllte wie ein Mantel. Hier war etwas Böses geschehen, es konnte möglicherweise an ihren noch immer schwach vorhandenen Hexenkräften liegen, daß sie dies überhaupt merkte.
Ja, das war schon seltsam…
Die Kälte empfand sie
Weitere Kostenlose Bücher