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077 - Das Kollektiv

077 - Das Kollektiv

Titel: 077 - Das Kollektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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in der Hand.
    Wachsam betraten die Männer den kalten, zugigen Eingang - er war hoch wie ein Tor und schien tief ins Innere der Felsen zu führen. Platz genug also, um auch die Yakks unterzustellen. Matthew nickte grimmig, lief ins Freie zurück und winkte Aiko und Miss Hardy heran. Von fern grollte ein langgezogener Donnerschlag übers Meer, und während Matt den Gefährten half, Tiere und Ausrüstung in Sicherheit zu bringen, machte sich Mr. Black daran, Feuerholz in die Höhle zu schaffen, solange es noch halbwegs trocken war.
    Als das letzte schnaufende Yakk den Eingang passierte, zog sich die Wolkendecke zu; fauchender Seewind rüttelte an den Bäumen ringsum und strömender Regen prasselte vom Himmel.
    Ein Unwetter brach los, das zusehends heftiger wurde. Matt zog die Schultern hoch, bedachte den schwarzen Himmel mit einem letzten Blick und wandte sich ab.
    »Na schön«, seufzte er, während er über Blacks gesammelte Äste stieg und dabei haltsuchend nach dem Speer griff, den der Running Man an die Höhlenwand gelehnt hatte. »Machen wir Pause, bis der Regen nachlässt! Wenigstens können wir uns im Trockenen langweilen - ist doch auch was…«
    Noch während Matt vor sich hin brummte, wurden die Yakks unruhig, warfen die Köpfe hoch und begannen mit stampfenden Hufen rückwärts dem Ausgang zuzustreben. Als sein letztes Wort verhallt war, wusste Matt auch, warum: In den Tiefen der Höhle hatte sich etwas bewegt!
    Dumpfes, böses Knurren wurde laut, und über einem Felsvorsprung glommen zwei Lichter auf - unmittelbar über dem bei der Ausrüstung knienden Aiko. Matt sah, wie Honeybutt die Hände vor den Mund schlug und hörte Black neben sich scharf einatmen. Hart schloss sich seine Faust um den Speer…
    ***
    Stunden zuvor Beim ersten Schein der Morgendämmerung erwachte Aruula aus unruhigem Schlaf, rollte sich herum und kroch zum Hütteneingang.
    Ihre Schultern schmerzten und ihr Körper war von einer Gänsehaut überzogen.
    Das Lager aus dünnen, zusammengenähten Fellstücken hatte mehr gestunken als gewärmt. Müde blinzelnd schob sie den Kopf ins Freie und sah sich um.
    Die Hütte, die man ihr zugewiesen hatte, befand sich am vorderen Dorfrand, unweit des Strandes. Rechter Hand waren Holzgestelle zu sehen, über denen die Fangnetze der Fischer zum Trocknen hingen. Hinter ihnen ragten die dunklen, waldbedeckten Spitzen des Inseldammes aus dem Morgendunst.
    Aruula erschauerte, als sie an die Todesrochen dachte, die gestern Abend jenseits der Brandung Position bezogen hatten. Ob sie inzwischen verschwunden waren? Die Barbarin hoffte es, auch wenn es ihr wenig wahrscheinlich schien - es musste einen guten Grund dafür geben, dass ihre unheimlichen Entführer sie mit solchem Nachdruck in diesem Dorf festhielten.
    Geräusche wurden laut in den Hütten ringsum. Aruula setzte sich vor den Eingang, zog die Beine an und schlang ihre Arme um die Knie. Ihr schönes Gesicht nahm den Ausdruck höchster Konzentration an, als sie die Augen schloss und den Kopf sinken ließ, um zu lauschen .
    Das hatte sie gestern schon versucht, nachdem dieser Junge - Wiko'o - sie wie eine Trophäe ins Dorf zurückgeführt hatte und der ganze Stamm herbeigelaufen kam, um die Fremde zu bestaunen.
    Vorsichtig hatte Aruula ihren telepathischen Lauschsinn aktiviert, um die Gedanken der Mutanten einzufangen.
    Doch der Versuch war gescheitert - die einzige »Verständigung«, die Aruula erzielte, war ein unangenehmer, ärgerlicher Ton gewesen, der aus der Brandung jenseits der Inseldämme zu kommen schien. Dies und ein tiefes, intensives Gefühl kollektiver Trauer.
    Daraufhin hatte sie ihre Bemühungen eingestellt und sich in die Hütte zurückgezogen, die ihr Semjo'on - der Dorfälteste, wie sie vermutete - als Unterkunft anwies.
    Wiko'o war sehr um die schöne Barbarin bemüht gewesen und hatte sich erst aus der Hütte scheuchen lassen, als draußen klagende Totenlieder aufklangen und jemand seinen Namen rief. Sie übergaben einen toten Rriba'low der See, der wohl bei einem Bootsunfall ums Leben gekommen war. Aruula hatte seine Leiche kurz gesehen.
    Nun, am Morgen danach, wagte Aruula einen weiteren Vorstoß in die Gedankenwelt ringsum. Doch auch diesmal ohne Erfolg. Zwar blieb das drohende Geräusch der Todesrochen aus, aber es war auch sonst nichts zu hören. Wenigstens nicht im Geiste. Dafür wurden die Ohren der Barbarin umso mehr strapaziert. Der Wind hatte aufgefrischt; Brandung donnerte schäumend gegen die Strandfelsen und trieb

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