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077 - Das Kollektiv

077 - Das Kollektiv

Titel: 077 - Das Kollektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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Lippen. »Was war mit dem Carbukk?«
    Jem'shiin zuckte die Schultern.
    »Brünftig. Das war mit dem Carbukk. Hätten sie den Jungen mir anvertraut statt ihrem alten Dorf Jäger, wäre er wieder nach Hause gekommen. Aber so?«
    »Wartet mal!« Aiko hob die Hand und lauschte. »Hört ihr das?«
    Gespannte Stille breitete sich aus, die alles erfasste außer dem Prasseln des Lagerfeuers. Matt runzelte die Stirn.
    »Ich höre nichts«, gab er zu.
    Der Cyborg nickte. »Kannst du auch nicht«, sagte er und wies auf den Eingang der Höhle. Matt stutzte, lief hinaus in die Nacht - und ein befreites Lächeln glitt über sein Gesicht: Der Sturm hatte aufgehört.
    Endlich , dachte er nur, hob den Kopf und warf einen dankbaren Blick zum Himmel. Aus der dunklen, samtblauen Unendlichkeit glitzerten ihm Wintersterne entgegen; Myriaden kleiner Lichter. Sirius, Beteigeuze und Prokyon formten ein Dreieck, das scheinbar losgelöst vom Restgefüge über Matt zu schweben schien. Wie ein Zeichen.
    Der ehemalige Commander der US Air Force erinnerte sich mit traurigem Lächeln: Sirius war ein Leitstern.
    »Bring sie heil zurück!«, murmelte er.
    ***
    Dasselbe funkelnde Himmelslicht spiegelte sich in Aruulas Augen, als die Barbarin erwachte. Stöhnend tastete sie nach der schmerzenden Stelle an ihrem Hinterkopf, richtete sich auf und versuchte zu begreifen, wo sie war. Nacht umgab sie; der Sturm hatte aufgehört und es regnete nicht mehr - trotzdem rauschte es ringsum und der Boden schwankte.
    »Was zum…« Aruula brach ab. Vor ihr, kaum zu erkennen in der Dunkelheit, saß jemand. Allem Anschein nach befand sie sich an Bord eines Bootes!
    Ruder wurden eingezogen, und der Mann - wenn es einer war - begann mit Steinen zu hantieren. Ein Klacken erscholl, laut und hart, Funken sprühten, Fasern fingen Feuer. Aruula zuckte zurück.
    »Dushkiin!«, rief sie bestürzt, als sie den Mann erkannte, der die Fackel in eine Halterung stieß, ein Seil ergriff und sich der Barbarin zuwandte.
    »Net! Net!«, sagte er hastig, als er begriff, dass sie sich bedroht fühlte.
    Dann zeigte er auf seine Handgelenke.
    Verwirrt sah die Barbarin zu, wie Dushkiin erst das untere Armpaar fesselte und dann seine obere Linke an der Ruderbank festband. Mit der letzten freien Hand hielt er Aruula ein Seilende hin und bedeutete ihr, das Werk zu vollenden.
    Stirnrunzelnd gehorchte sie. Was, bei Wudan, hatte er vor? Die Antwort stand in Dushkiins Augen, als Aruula alle Knoten festgezogen hatte und aufsah.
    Sprich zu mir , sagte sein durchdringender Blick.
    Die Barbarin schüttelte den Kopf. Zu gefährlich , dachte sie. Dushkiin presste die Lippen zusammen und ruckte verärgert an den Fesseln. Sprich zu mir!
    »Nein!«, sagte Aruula, laut und deutlich.
    »Du weißt nicht, was du da verlangst! Gedanken erlauschen ist…«
    Unvermittelt verstummte sie, als sie sich erinnerte, dass der Mann ihre Sprache nicht verstand. Dushkiin warf den Kopf zurück, riss an seinen Fesseln, und eine Welle aus Frust und Ärger flutete der Barbarin entgegen.
    Dann geschah es.
    Du musst es tun! rief eine Stimme in ihrem Geist - klar und ohne jeden Zweifel die des jungen Fischfängers.
    Aruula merkte, dass es tatsächlich Dushkiin war, der zu ihr sprach, und war schon halb versucht, die unerwartete Verbindung zu halten. Doch als sie das gequälte Gesicht des Mannes sah, schüttelte sie den Kopf, und der Kontakt brach ab.
    »Net!«, brüllte Dushkiin in die Nacht hinaus, wütend auf sich selbst und seinen törichten Entschluss, Semjo'ons Befehl zu verweigern. Hätte er Aruula zurückgebracht, wie man es ihm aufgetragen hatte, läge die Verantwortung jetzt beim Ältesten, nicht bei ihm. Jetzt saß er in der Falle - er hatte sich mit seiner Fesselaktion selbst ausgetrickst.
    »Los! Denk nach!«, befahl sich Aruula, senkte ihre Stirn und legte eine Hand über die Augen, während der Fischer tobend an den Stricken zerrte. Ich habe Kontakt zu ihm bekommen, als er wütend wurde. Habe ich ihn wütend gemacht? Nein, habe ich nicht. Oder doch?
    Ein Stöhnen erklang. Beim Versuch, sich zu befreien, war der Fischer auf den Boden gerutscht. Blass und schwer atmend hing er in verdrehter Haltung an den Fesseln, Schweißperlen auf einem Gesicht, das von Schmerz und Anstrengung gezeichnet war. Aruula wollte nach seinen Stricken greifen, aber Dushkiin hielt sie mit einem Warnruf zurück - in Gedanken ausgesprochen und deutlich zu vernehmen.
    Lass es! Wenn du mich losbindest, töte ich dich! Ich will es nicht - aber

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