0772 - Das Gericht der Toten
gegen die Decke. Dort also!
Zu spät. Ich hörte das Rascheln. Ein Vogel schien durch die Luft zu fliegen. Das stimmte leider nicht. Bevor ich noch etwas unternehmen konnte, hatte mich der Gegenstand erreicht. Er war durchsichtig, aber es war so verflucht groß, und einen Moment später fiel er über meinen Körper und fing mich ein.
Ein Netz!
Ganz einfach und billig. Das Netz war schwer, es behinderte mich.
Ich kam nicht weg, denn es bewegte sich zusätzlich, und ich bekam den Druck von verschiedenen Seiten.
Mich dagegen zu stemmen, dafür war ich einfach zu schwach. Die plötzliche Wucht riss mich um. Ich geriet ins Taumeln, die Beretta nutzte mir nichts mehr, und ich hörte auch, wie die Blonde aufstöhnte und sogar noch fluchen konnte.
Dann fiel ich.
Irgendjemand hatte das Netz zusammengezogen. Das schwere Geflecht riss mich von den Beinen. Ich warf zwar noch die Arme hoch, nur konnte ich mich nirgendwo festklammern. Wenn ich in die Maschen fasste, gaben sie nach, und der harte Stoß in den Rücken sorgte endgültig dafür, dass ich zu Boden fiel.
Ich konnte mich gerade noch abstützen. Dann rollte ich mich auf den Rücken, ohne jedoch ein Ziel zu sehen, nur Schatten umhuschten mich, und die stanken noch erbärmlich nach Moder.
Einer der Schatten bewegte sich ruckartig. Etwas senste von oben nach unten. Ich lag diesem Gegenstand im Weg. Er krachte in meinen Rücken, auch in den Nacken.
Als die Lichter ausgingen, hörte ich noch den lauten Ruf der Blonden, dann war es vorbei.
***
Suko wusste, dass er nicht mehr zurück konnte, und er hatte sich schon mit einem komischen Gefühl im Bauch auf den Skelett-Sessel gesetzt. Dabei war nichts passiert. Das Kissen hatte normal unter dem Gewicht nachgegeben wie bei jedem anderen Sitzplatz. Er hatte sich auch zurückgelehnt und spürte nun den Druck der Knochen in seinem Rücken. Auch das war normal.
Die Augen hielt er offen.
Sir James, Glenda und Bill ließen ihn nicht aus dem Blick. Sie waren gespannt, und der Reporter wirkte wie jemand, der auf dem Sprung stand, um möglichst rasch eingreifen zu können, wenn etwas passierte.
Doch es geschah nichts. Die Ruhe blieb, die Normalität, in die sogar ein Sessel wie dieser hineinpasste.
Sir James übernahm das Wort. »Wie geht es Ihnen, Suko? Wie fühlen Sie sich?«
»Zwar etwas unbequem, aber trotzdem normal. Ich habe den Eindruck, auf einem Stuhl mit Sitzkissen zu hocken. Da ist nichts, was mich in Gefahr bringen könnte.«
»Hat John sich denn geirrt?«
»Nein, Sir, bestimmt nicht. Ich gehe davon aus, dass der Sessel bei jedem Menschen anders reagiert. Sehen Sie, es kommt darauf an, ob er ihn annimmt oder abstößt. Mich will er wohl nicht, und ich frage mich, ob ich mich darüber freuen soll.«
»Da wäre noch eine dritte Möglichkeit. Dieser Skelett-Sessel ist gleichzeitig auch ein Mörder!« Der Superintendent rückte an seiner Brille. Ein Zeichen seiner Verlegenheit. Dann räusperte er sich.
»Steh doch lieber auf!«, flüsterte Glenda. »John ist verschwunden. Reicht das nicht?«
Suko lächelte. »Ich habe mich daran gewöhnt. Ich werde warten, weil ich einfach davon überzeugt bin, dass etwas geschieht. Der Sessel kann mich annehmen oder ablehnen. Ich bin auf beides gespannt und habe mich auch darauf eingestellt.«
Sir James räusperte sich. »Hören sie, Suko. Sollen wir auch den Sessel ausprobieren und darauf warten, was möglicherweise mit uns geschieht? Wäre doch eine Möglichkeit.«
»Ein Versuchskaninchen reicht, Sir!«
»Wie Sie meinen.«
Natürlich wusste Suko, dass der Sessel auch als Mörder fungiert hatte. Es war für ihn ein Spiel mit dem Feuer. Er wollte ja herausfinden, wie es überhaupt möglich war, dass dieser Skelett-Sessel töten konnte.
Allgemein wusste er Bescheid. Da setzte dieser Knochenplatz seine Magie ein, aber wie dies speziell ablief und was dahinter steckte, war Suko unklar.
John Sinclair war verschwunden. Fast schon wegteleportiert worden, wie sie es zusammen vor einiger Zeit erlebt hatten. Diese Kräfte waren hier jedoch nicht existent. Nicht in dem Maße wie damals.
Und wenn, dann lag ein anderer Grund vor.
Magie, die über Zeiten hinweg existent geblieben war und auch noch nachwirkte. Große, dämonische Kräfte von einer kaum beschreibbaren Machtfülle. Wenn sie eingriffen, würde sich Suko dagegen wohl nicht wehren können.
Und sie griffen ein.
Suko spürte genau die Veränderung. Sie kam nicht radikal und sofort, sie war einfach da wie ein magisches
Weitere Kostenlose Bücher