0772 - Die Rache des Toten
Fragezeichen.
Hinter ihr drängten sich auf einmal zwei weitere Polizisten in den Raum. Zamorra hatte sie vorher draußen nicht bemerkt.
»Es tut mir Leid, aber Sie und Ihr Gefährte, Professor Zamorra, müssen uns zur Polizeistation begleiten. Wir haben einen Hinweis darauf erhalten, dass Sie Drogen nach Andorra schmuggeln wollen.«
Nicole blickte Zamorra voller Unglauben an. In ihren braunen Augen zeigten sich goldene Tüpfelchen, das eindeutige Zeichen dafür, dass sie aufgeregt war.
»Das darf doch nicht wahr sein«, hauchte sie verständnislos.
Sie wollte nicht glauben, was sie soeben gehört hatte. Aber als sie ihre Telepathiegabe einsetzte und die Gedanken der vier Polizisten las, erkannte sie, dass die Gesetzeshüter keineswegs scherzten.
Der Hinweis auf Drogenschmuggel ihrerseits existierte tatsächlich.
Die Gedanken der Polizisten lagen vor ihr wie ein aufgeschlagenes Buch. Aber da war noch etwas, das sie nicht genau einordnen konnte.
Eine magische Präsenz…
Sie verfluchte denjenigen, der ihnen das eingebrockt hatte.
Avenge, wenn ich dich erwische, dann breche ich dir das Genick!
***
Der von Nicole Duval so sehnlichst Herbeigewünschte konzentrierte sich seinerseits auf die Festnahme. Die Augen von Luc Avenge leuchteten wieder in jenem eigenartigen Grün - wie immer, wenn er seine Parakräfte nutzte.
Er hatte durch Inspektor Korou telepathisch der Festnahme von Zamorra und Nicole gelauscht, war also auf dem neuesten Stand der Dinge.
Als er bemerkte, dass Nicole die Gedanken der vier Polizisten sondierte, zog er sich unverzüglich zurück.
Zamorras dummes Gesicht hätte er gerne im Original gesehen und nicht nur über Korous Gedankenbild. Auf jeden Fall hatte er sich köstlich amüsiert.
So viel Schadenfreude hätte ich mir selbst nicht zugetraut, wunderte er sich.
Selbstverständlich hatte er die Polizisten beeinflusst. Die Anzeige wegen unerlaubten Drogenbesitzes stammte ebenfalls von ihm. Dazu musste er noch nicht einmal die Polizeistation aufsuchen. Dank seiner Parabegabung der Illusion musste er die Polizisten nur ein wenig bearbeiten.
Nach seiner Beeinflussung hätten die Polizisten geschworen, dass eine junge Frau unbekannten Namens eine Anzeige gegen den Professor aufgegeben hatte.
In Wirklichkeit existierte eine solche Anzeige nicht. Und in schriftlicher Form schon gar nicht.
Avenge war nicht so dumm, dass er verräterische Spuren hinterlassen hätte. Zamorra konnte nichts nachgewiesen werden, also mussten der Inspektor und seine Leute ihn laufen lassen.
Ihn und seine unwichtige Assistentin.
Er unterschätzte sie nicht, doch das Hauptaugenmerk legte er auf den Professor.
Gleich nach der Freilassung würden sich die vier Polizisten nicht mehr daran erinnern können, überhaupt einen französischen Gelehrten auf das Revier gebracht zu haben.
Er nahm ihnen jegliche Erinnerung daran, indem er ihnen aufoktroyierte, zur fraglichen Zeit etwas in den Bergen gesucht zu haben. Der Grund dieser Suche lag in einer schriftlich vorliegenden Anzeige zu einer anderen Straftat begründet. Avenge hatte an alles gedacht.
Er ließ sich viel Zeit mit dieser Aktion. Niemand sollte Rückschlüsse darauf erhalten, wer dahinter stand.
Nur Zamorra und seine Begleiterin würden es wissen.
Nun wandte Avenge sein Augenmerk auf Butler William und auf die Telefonanlage von Château Montagne. Auch da musste ein klein wenig manipuliert werden.
Zum einen durfte der Butler nicht alles ausplaudern, was er wusste. Zum anderen funktionierte die Sichtverbindung der Visofonanlage mit einem Mal nicht mehr Avenge lächelte zufrieden und rieb sich die Hände. »Mein lieber, geschätzter Feind, ich glaube, du kannst heute noch eine kleine Gemeinheit vertragen.«
***
Die Insel Anglesey liegt im Norden von Wales. Sie wird von den Walisern »Mon mam Cymry« genannt, »Mona, Mutter von Wales«.
In einer kleine Hütte auf dieser Insel lebte Gryf ap Llandrysgryf, einer der letzten Silbermond-Druiden. Er hatte den Untergang des Silbermonds überlebt, weil er schon seit Urzeiten auf der Erde weilte.
Sein Alter von über 8.000 Jahren sah man ihm kaum an. Er wirkte wie ein etwa zwanzigjähriger fröhlicher, gut aussehender junger Mann, dessen Blondschopf noch nie einen Kamm gesehen hatte. Von dem Bild, das man sich gemeinhin von einem Druiden machte, war Gryf weit entfernt. Weder trug er einen Bart, noch besaß er einen mantelähnlichen Umhang. Auch befand sich keine Goldsichel in einem gebundenen Gürtel.
Er war
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