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0776 - Die Krieger-Prinzessin

0776 - Die Krieger-Prinzessin

Titel: 0776 - Die Krieger-Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Clement
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einem Verschlag, der aus Ästen und Lumpen zusammengefügt war. Zamorra bezweifelte, das diese Konstruktion Schutz vor dem Monsunregen bieten konnte.
    Aber er glaubte gleichzeitig auch nicht, dass die Frau sich über solche lebenspraktischen Dinge Gedanken machen konnte.
    Denn sie war offensichtlich schwer geistesgestört.
    Zamorra hatte in den vergangenen Jahrzehnten schon öfter Menschen erlebt, die völlig der geistigen Normalität entrückt waren. Manche von ihnen durch dämonischen Einfluss, andere krankheitsbedingt. Den bisher letzten Krankenbesuch in einer Nervenklinik verdankte Zamorra ausgerechnet Asha Devi. Der Dämonenjäger und seine Gefährtin hatten im Auftrag von Ashas Vater beweisen müssen, dass die Inspektorin keine geisteskranke Massenmörderin war. [4] Das war ihnen zwar gelungen, doch Zamorra war sich selbst überhaupt nicht darüber im Klaren, ob Asha Devi als psychisch normal angesehen werden konnte. Ihre unkontrollierten Gewaltausbrüche und ihre extreme Ich-Bezogenheit deuteten jedenfalls auf das Gegenteil hin…
    Doch darüber konnte sich Zamorra zu anderer Zeit Gedanken machen. Nun konzentrierte er sich zunächst auf die wahnsinnige Frau, die ein Lied in unbekannter Sprache sang.
    Sie war fast bis zum Skelett abgemagert. Ihr Gesicht glich einem Totenschädel, der straff mit brauner Haut überzogen war. Sie riss beim Singen den Mund so weit auf, dass man die schwarzen Stummel ihrer wenigen Zähne sehen konnte.
    Es war für Zamorra unmöglich, ihr Alter einzuschätzen. Sie konnte 30, aber ebenso gut auch 60 Jahre alt sein. Allerdings erinnerte sich der Dämonenjäger daran, dass die Menschen in früheren Jahrtausenden selten ein hohes Alter erreichten. Wer 50 Jahre alt geworden war, galt damals bereits als ein Greis.
    Das Haar der Frau war unter einem Tuch verborgen. Auf die Stirn hatte sie sich drei weiße Streifen gemalt. Wenn diese Zeichen eine bestimmte Bedeutung hatten, dann kannte Zamorra sie jedenfalls nicht.
    Die Geisteskranke kauerte auf dem nackten Boden. Ihr magerer Körper war in einen Lumpen gehüllt, aus dem nur die dürren Arme und die bloßen Füße hervorschauten.
    Der Dämonenjäger trat auf sie zu. Die Frau schaute auf, unterbrach aber ihre Tätigkeit nicht. Erst jetzt sah der Dämonenjäger, dass sie einen Mörser vor sich hatte. Sie trällerte weiter ihr verrücktes Lied, während sie den Stößel in den Mörser rammte.
    Zamorra trat noch weiter heran. Er war stutzig geworden. Die Szenerie war schon seltsam genug. Aber nun erblickte er etwas, das ihn misstrauisch werden ließ. Und das aus gutem Grund.
    Der Dämonenjäger hatte sich gedacht, dass die Frau Getreide oder Hülsenfrüchte mit dem Mörser zerkleinern würde. Doch sie warf winzige Tonfiguren aus einem Strohkorb in die Mörserschüssel, wo sie von dem Stößel zermalmt wurden.
    Zamorra hatte scharfe Augen. Daher wurde ihm sofort klar, wen einige dieser Tonfiguren darstellten!
    Pater Aurelian. Gryf. Nicole Duval. Fooly. Rob Tendyke.
    Es waren kleine Kunstwerke, winzige Plastiken von unglaublicher Ähnlichkeit zu den Dargestellten. In dem Korb lagen noch weitere Tonfiguren, aber die konnte Zamorra von seiner Position aus nicht erkennen. Er fand ohnehin, dass er genug gesehen hatte.
    »Was soll das?«, rief er wütend auf Französisch. »Warum tun Sie das?«
    Sein Zorn hatte ihn für den Moment vergessen lassen, dass er sich 5.000 Jahre in der Vergangenheit und außerdem in Indien befand.
    Nun geschah etwas Seltsames. Die wahnsinnige Inderin hielt inne. Sie hörte damit auf, die Tonfigürchen zu zermalmen. Auch ihr Gesang war verstummt. Mit einem irren, glitzernden Blick schaute sie Zamorra von unten her an.
    Den Mund hielt sie halb geöffnet. Ein wenig Speichel tropfte von ihrer Unterlippe.
    »Sei auf der Hut!«, sagte sie warnend.
    Der Dämonenjäger konnte es kaum glauben, dass er diese Worte vernommen hatte. Vor allem war er erstaunt darüber, dass er verstehen konnte, was die Geisteskranke gesagt hatte. Da musste eine Verständigungsmagie im Spiel sein. Anders konnte Zamorra sich das nicht erklären. Zwar verständigte sich der Dämonenjäger normalerweise in allen gängigen Sprachen der Welt. Aber hier befand er sich Tausende von Jahren in der Vergangenheit.
    Zamorra fragte sich selbst nochmals, ob er es nicht mit einer Dämonin zu tun hatte. Sein Amulett hatte sich in letzter Zeit manchmal als unzuverlässig erwiesen. Aber den Grund dafür kannte der Dämonenjäger nun. Ob ihm wieder der andere Zamorra aus

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